Die deutsche Atomdiskussion hat die Nachfrage nach ökologischen Geldanlagen gesteigert. Doch die Auswahl der Produkte ist schwierig.

Hamburg. Manche Kunden entscheiden sich zu ganz radikalen Schritten. 600 000 Euro hatte ein Anleger in Aktien des Deutschen Aktienindex (DAX) und damit auch in Atomkraftwerksbetreiber wie RWE und E.on investiert. Jetzt suchte er Rat bei der GLS Bank, Deutschlands größter Umweltbank, um sein Depot ökologisch verträglicher auszurichten. "Der Kunde war dafür auch bereit, auf Rendite zu verzichten", sagt Christof Lützel, Sprecher der GLS Bank. Doch das ist oft gar nicht nötig. Laut Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung haben nachhaltige Fonds seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007 genauso gut abgeschnitten wie herkömmliche Anlagen.

Seit in Deutschland wieder die Diskussion um die Nutzung der Kernenergie entbrannt ist, verzeichnet die GLS Bank ein Drittel mehr Anfragen zu Konten und Anlageprodukten als sonst. "Im März haben wir 2000 neue Kunden gewonnen", sagt Lützel. Auch die Ethik Bank spürt seit zwei Wochen eine gestiegene Nachfrage. Auf dem Antragsformular können die Kunden erklären, warum sie zu diesem Institut wechseln.

Nach den Ereignissen in Japan war eine Kundin der Deutschen Bank so geschockt, "dass mein Geld auch mit für so etwas verantwortlich sein kann", schreibt sie. "Da wusste ich: jetzt handeln." Nach Angaben der Initiative Nuclearbanks, hinter der Umweltorganisationen wie Greenpeace stehen, hat die Deutsche Bank als weltweit achtgrößter Finanzierer der Atomwirtschaft auch den japanischen Kernkraftwerksbetreiber Tepco unterstützt. Die Bank wollte sich dazu nicht äußern. "Ein Drittel aller Kunden, die ihren Wechsel zu uns begründen, verweisen auf die Atomkatastrophe in Japan", sagt Sylke Schröder von der Ethik Bank.

Die Ereignisse in Japan haben der Branche einen neuen Impuls gegeben. "So wie die Menschen im Bioladen einkaufen, bei Urlaub und Anschaffungen auf Umweltgesichtspunkte achten, wollen sie auch ihre Finanzangelegenheiten nach ökologischen, ethischen und sozialen Gesichtspunkten regeln", sagt Ulrich Hoyer, Partner bei der Unternehmensberatung ZEB. Jeder zweite Anleger ist mittlerweile an ökologischen Investments interessiert, jeder vierte an ethischen Anlagen, ergab eine Umfrage der DZ Bank. Die Anleger können unter 350 nachhaltigen Investmentfonds auswählen. Zum Vergleich: Es gibt 6000 konventionelle Fonds.

Eine klare Definition, in welche Unternehmen ein Ökofonds investieren darf, gibt es leider nicht. Anleger dürfen sich nicht allein auf den Namen verlassen. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass sich auch Ölkonzerne in diesen Fonds befinden. Wer bestimmte Branchen ausschließen möchte, muss nach Ausschlusskriterien fragen.

Häufig orientieren sich die Fonds an dem "Best-in-Class-Prinzip". Dabei werden Firmen selektiert, die in ihrer Branche bei Umwelttechnologien eine Vorreiterrolle einnehmen, ohne dass sie ausschließlich umweltfreundlich agieren müssen. "Siemens macht inzwischen 20 Prozent seines Umsatzes mit grünen Technologien", sagt Christian Zimmermann, Manager des Fonds Global Ecology der Fondsgesellschaft Pioneer Investments. Der Fonds erfüllt viele ethische Kriterien, indem er nicht in Rüstungsfirmen investiert oder Unternehmen, die mit Alkohol oder Glücksspiel zu tun haben.

Ausschlusskriterien in Bezug auf Kernenergie oder Gentechnik gibt es bei diesem Fonds nicht. Sonst wäre die Aufnahme von zum Beispiel Siemens nicht erlaubt. Der DAX-Konzern plant zumindest bisher mit einem russischen Partner ein Gemeinschaftsunternehmen zur Kerntechnik.

Diese Probleme spürt auch Vermögensverwalter Andreas Kalm von Pruschke & Kalm. "Die Kunden sind für das Thema sehr aufgeschlossen, aber es ist nicht immer einfach, eine Trennlinie für oder gegen ein Investment zu ziehen." Als Beispiel führt er die E.on AG an, die zwar Atommeiler betreibt, aber auch in die erneuerbaren Energien investiert. Leichter sei es, Rüstungsfirmen auszuschließen "und wir spekulieren nicht mit Nahrungsmitteln". Viele Anleger wollen auch direkt Umweltprojekte in ihrer Umgebung unterstützen. "Gefragt sind Solaranlagen zur Stromerzeugung", sagt Jürgen Schneider von SRQ FinanzPartner.

Manche Fonds betreiben keine aufwendigen Untersuchungen, sondern bilden Indizes ab, die sich an ökologischen und nachhaltigen Kriterien orientieren. So bildet der Öko-DAX zehn Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien wie Solarworld oder Nordex ab. Beim Index Euro Stoxx Sustainabiliy 40 wurden gerade die Kriterien für die Auswahl der Firmen verschärft. Autobauer wie VW oder BMW mussten ebenso weichen wie die Versorger E.on und RWE. Nachrücker sind die Pharmakonzerne Glaxo Smith Kline und Sanofi-Aventis sowie der Handyhersteller Nokia. "Aber auch damit werden manche Anleger nicht glücklich sein, weil bei den Pharmakonzernen wohl Tierversuche nicht ausgeschlossen werden können", sagt Schneider.

Ausführliche Informationen zu den Öko-Fonds bietet die Internetseite www.nachhaltiges-investment.org . Hier können Anleger Fonds nach Kriterien auswählen und auch nach der Rendite beurteilen. Eine gute Adresse ist nach Einschätzung der Stiftung Warentest die Fondsgesellschaft Swisscanto. "Wir bieten diese Fonds seit Jahren an", sagt ein Sprecher der Haspa. Besonders viele Kriterien erfüllen laut Stiftung Warentest die Fonds Espa WWF Stock und Green Effekts. Hilfestellung bei der Auswahl geben auch die Umweltbanken. Da sie strenge Kriterien haben, bieten sie nicht jeden Fonds an, der mit der Bezeichnung Öko wirbt.