Mit Wechsel-Boni und günstigen Girokonten gehen viele Banken auf Kundenfang. Ein Vergleich der Angebote am Standort Hamburg.

Hamburg. Die Filialen sind auf den neuen Auftritt bereits umgerüstet. Neben dem Schriftzug Commerzbank erinnert nur noch ein Dreieck an die übernommene Dresdner Bank. Zwar wird hinter den Kulissen noch bis Mitte nächsten Jahres an der Zusammenführung der EDV-Programme gearbeitet, doch die Bank will wieder in die Offensive gehen. Dazu startet sie heute eine neue Girokonto-Kampagne. Im vierten Quartal sollen 100 000 neue Kunden gewonnen werden, doppelt so viele wie im dritten Quartal, sagt Commerzbank-Sprecher Gunnar Meyer.

Mit diesem Angebot wird der Wettbewerb um Girokonto-Kunden weiter angeheizt. "Das Girokonto ist vor allem für Filialbanken das entscheidende Ankerprodukt und absolut wichtig für die Kundenbindung", sagt Christoph Stegmeier, Senior Manager bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman. Neben einem kostenlosen Girokonto (ab 1200 Euro Geldeingang) und einem Startguthaben von 50 Euro lockt die Commerzbank mit zwei Prozent Zinsen auf das Tagesgeld bis Ende März 2011.

Die meisten Banken zahlen - wenn überhaupt - deutlich weniger als ein Prozent. In Zeiten niedriger Zinsen dürfte dies bei vielen Bürgern die Bereitschaft erhöhen, die Bank zu wechseln. Die Aktion sorgt entsprechend in der Branche für Verärgerung. "Es ist schon sehr dreist, wenn eine staatlich gestützte Bank mit aggressiven Konditionen am Markt unterwegs ist", sagt Reiner Brüggestrat, Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank.

Institute investieren bis zu 100 Euro

Denn ein Gehaltskonto braucht jeder nur einmal. "Solche Aktionen funktionieren nur über Kundenabwerbung", sagt Brüggestrat. Unzufriedene Kunden könnten beispielsweise von der Deutschen Bank kommen, die den Preis für ihr Aktiv-Konto 2011 um elf Prozent anhebt. 4,99 Euro Grundpreis monatlich kostet dann das einfachste Kontomodell, das mit Kreditkarte, Dispokredit und beleghaften Überweisungen im Jahr auf knapp 130 Euro steigen kann.

Die Auswahl an Alternativen ist groß, denn auch andere Banken gehen jetzt verstärkt auf Kundenfang. Bis zu 100 Euro lassen sich die Institute die Gewinnung eines neuen Kunden kosten. "Das rechnet sich schnell, wenn der Kunde auch andere Produkte nutzt", sagt Stegmeier.

So hat die Postbank ihr Konto Extra plus, das auch eine kostenlose Kreditkarte und ein Wertpapierdepot enthält, mit einigen Zusatzleistungen aufgewertet. Neu hinzu kamen eine kostenfreie Bargeldversorgung an Geldautomaten in den Euroländern und ein Rabatt von fünf Prozent bei Buchungen von Reisen. Neukunden müssen dagegen für diese Leistungen einen monatlichen Geldeingang von 4000 Euro vorweisen oder 3,90 Euro zahlen. Das sind 1000 Euro mehr als bisher. "Bestehende Konten werden aber weiter ab 3000 Euro Geldeingang kostenlos geführt und profitieren dennoch von den Erweiterungen", sagt Postbank-Sprecher Ralf Palm.

Mit 75 Euro für die Eröffnung eines kostenloses Girokontos lockt auch die ING-DiBa. Sie hat zwar fünf Millionen Kunden für ihr Tagesgeldkonto, doch erst gut zehn Prozent von ihnen haben bei der Bank ein Girokonto. Die Direktbank setzt darauf, dass viele künftig neben dem Tagesgeldkonto auch noch andere Produkte nutzen. "Wer uns schon kennt, ist eher bereit umzusteigen", sagt Thomas Bieler von der ING-DiBa.

Die Direktbanken, die ohne Filialen auskommen, sind mit ihren 16 Millionen Kunden zu einer ernsten Konkurrenz für die Filialbanken geworden. Das zeigt das Wachstum der Comdirect, die ein kostenloses Girokonto ohne Mindestgeldeingang anbietet. Knapp 90 000 Kunden konnten dafür in diesem Jahr gewonnen werden. Wer es abschließt, bekommt 50 Euro, wer unzufrieden mit dem Konto ist, sogar 100 Euro. Wie oft die Bank 100 Euro zahlen musste, will sie nicht verraten. "Die Zahl der unzufriedenen Kunden ist so klein, dass sie nicht nennenswert ist", sagt eine Sprecherin von Comdirect.

Angesichts dieser Konkurrenz setzen viele Filialinstitute wie die HypoVereinsbank, SEB Bank oder Norisbank inzwischen auf ein kostenloses Girokonto. Allerdings ist meist ein regelmäßiger Geldeingang Voraussetzung für das kostenlose Angebot. "Solche Konten gehören vor allem bei überregionalen Banken zum Minimalangebot und sind die Eintrittskarte, um neue Kunden zu gewinnen", sagt Stegmeier.

Bei der Sparda Bank Hamburg gibt es das kostenlose Konto bereits seit 1923. Ohne viel Werbung konnte die Bank in diesem Jahr 14 000 neue Kunden gewinnen. Da die Bank auch eine kostenlose Kreditkarte mit anbietet, gehört sie mit zu den günstigsten Banken (siehe Tabelle unten). Trotz kostenloser Kontonutzug fallen aber Kosten an, etwa für eine Kreditkarte, die Auszüge per Post oder die Überziehung des Kontos.

Die Hamburger Sparkasse zeigt, dass man auch ohne Gratiskonto eine marktbeherrschende Stellung einnehmen kann. Sie bietet zum kostenpflichtigen Konto verschiedene Zusatzleistungen von Rabatten bei der Reisebuchung bis zur Handyversicherung. "Dieses Joker-Programm wird sehr gut angenommen", sagt Haspa-Sprecher Andre Grunert. "Im Jahresverlauf haben sich rund 20 000 Kunden für dieses Mehrwertkonto entschieden."

Wer keine Beratung wünscht, ist bei Direktbanken oft gut aufgehoben

Für Verbraucher wird es trotz des starken Wettbewerbs nicht einfacher, eine gute Bankverbindung zu finden. "Der Verbraucher darf sich von Lockangeboten nicht blenden lassen", sagt Achim Tiffe vom Institut für Finanzdienstleistungen. Zunächst müsse der Kunde entscheiden, ob er eine Beratung in der Filiale benötigt oder nicht. "Wer darauf verzichten kann, ist bei einer Direktbank mit breitem Angebot gut aufgehoben", sagt Tiffe. Da diese Institute ohne Filialen auskommen, können sie günstige Konditionen bieten. Das ist ein Vorteil, wenn häufig der Dispositionskredit beansprucht wird. "Wer einen Berater in der Filiale braucht, muss auch mit höheren Kosten rechnen", sagt Tiffe. Schwierig sei es, die Qualität der Beratung zu beurteilen. Tiffe: "Das Problem ist, dass es nicht so viele gute Konzepte wie Banken gibt."