Die Wirtschaftskrise hat deutliche Spuren hinterlassen: Viele Bürger verdienen zu wenig, um Geld für die Rente zurückzulegen.

Hamburg/Berlin. Die Deutschen sind in Geldangelegenheiten derzeit tief verunsichert. Als Folge der Finanzkrise wenden sie sich immer stärker von der privaten Altersvorsorge ab. Jeder Fünfte kündigte oder reduzierte seine Altersvorsorgeverträge, geht aus einer Studie der Postbank hervor. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Zuwachs von drei Prozentpunkten. Noch panischer reagierten die Berufstätigen ab 50 Jahren. 23 Prozent (Vorjahr: 17 Prozent) von ihnen reduzierten ihre Altersvorsorge. Seit 2003 untersucht die Postbank mit dem Institut für Demoskopie Allensbach die private Altersvorsorge in Deutschland.

Die Verunsicherung bekommt vor allem die Versicherungswirtschaft zu spüren. Vor allem Lebens- oder Rentenversicherungen wurden gekündigt. Auch die staatlich geförderte Riester-Rente hat stark an Vertrauen verloren. Von den jungen Berufstätigen halten nur noch 26 Prozent die Riester-Rente für eine ideale Form der Altersabsicherung. Vor zwei Jahren war es noch fast die Hälfte. "Die Deutschen sind mehr denn je verunsichert, ob und wie sie privat vorsorgen sollen", sagte Postbank-Vorstand Michael Meyer bei der Vorstellung der Studie in Berlin. "Man kann von einer regelrechten Schockstarre sprechen."

Insgesamt geben die Berufstätigen in Deutschland auch monatlich weniger für ihre Altersvorsorge aus als noch im vergangenen Jahr. Bei den unter 50-Jährigen beträgt das Minus im Schnitt rund zwölf Prozent. Die Reduzierung der privaten Altersvorsorge geht einher mit Befürchtungen, die eigentlich ein stärkeres Engagement nahelegen. Wegen der hohen Staatsverschuldung fürchtet schon mehr als jeder dritte Berufstätige (38 Prozent), dass der Staat ihm die gesetzliche Rente im Alter kürzen wird müssen. Jeder Vierte sieht durch stark steigende Preise im Zuge der Staatsverschuldung, dass die eigenen Ersparnisse immer mehr an Wert verlieren. Dennoch spielt das Thema Inflation bei der Altersvorsorgplanung für die meisten keine Rolle.

Verbraucherschützer bestätigen die Lethargie der Deutschen bei der Geldanlage. "Unsere Beratungstermine zur Geldanlage werden zurzeit sehr wenig nachgefragt", sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Die Verunsicherung ist so groß, dass sich die Verbraucher am liebsten gar nicht mit dem Thema Altersvorsorge beschäftigen", sagt Anabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Das sei natürlich fatal. Eine weitere Ursache sieht Castelló in zu geringen Einkommen. "Rund die Hälfte beansprucht regelmäßig den Überziehungskredit und hat keinen Spielraum für private Vorsorge."

Bevor in langfristige Verträge investiert wird, sollte eine Liquiditätsreserve von zwei bis drei Nettogehältern auf einem gut verzinsten Tagesgeldkonto angelegt werden, rät Oelmann. Vorher müssten noch grundlegende Risiken wie Berufsunfähigkeit abgesichert werden. Erst dann kann mit der Altersvorsorge begonnen werden.

Castelló rät zu einem Riester-Banksparplan, der sich durch niedrige Kosten und ein geringes Risiko auszeichnet. Die staatliche Förderung verbessert trotz niedriger Zinsen die Rendite. Sind größere Summen von 20 000 bis 30 000 Euro angespart, können Sparer in risikoreichere Anlagen wie Investmentfonds investieren oder das sicher angesparte Geld als Eigenkapital für eine Immobilie verwenden. Denn die eigenen vier Wände werden von zwei Drittel der Befragten als ideale Form der Alterssicherung angesehen.

Manfred Poweleit vom Branchendienst map-Report warnt aber vor dem Immobilienerwerb in ländlichen Regionen. "Angesichts der Bevölkerungsentwicklung ist das für mich alles andere als eine sichere Geldanlage." Viele Häuser seien schon jetzt nicht veräußerbar.