Erste Banken reagieren auf die Kritik an ihrer Zinspolitik. Abendblatt.de zeigt die Dispogebühren der Hamburger Filialbanken im Überblick.

Hamburg. Nach massiver Kritik wegen zu hoher Zinsen für die Überziehung des Girokontos knicken die ersten Banken ein. "Einige Institute haben ihre Konditionen gesenkt", bestätigt Max Herbst, Inhaber der FMH Finanzberatung in Frankfurt dem Abendblatt. Das Unternehmen analysiert Bankkonditionen und berät Verbraucher.

Spektakulär fielen die Zinssenkungen bei der Targobank und der Santander Bank aus. Die spanische Santander Bank verlangte bis zu 16,98 Prozent für den Dispo. Jetzt senkte das Geldhaus den Zinssatz um vier Prozentpunkte auf maximal 12,98 Prozent.

"Wir haben die Kritik zum Anlass genommen, unsere Konditionen zu überprüfen", sagt ein Sprecher der Targobank. "Im Ergebnis haben wir die Dispozinsen bei zwei von fünf Kontomodellen gesenkt." Der höchste Zinssatz wurde von 16,99 auf 14,70 Prozent ermäßigt. Bei der Sparda-Bank Hamburg fiel der Zinssatz von 11,85 auf 10,05 Prozent. "Für November haben weitere Institute Zinssenkungen angekündigt", sagt Herbst. Bei der Hamburger Sparkasse (Haspa) beträgt der Dispozins 12,10 Prozent.

"Die Zinssenkungen erfolgen noch nicht im großen Stil, aber die Kritik von Politik und Verbraucherschützern zeigt erste Wirkung", sagt Herbst. Zuletzt hatte die Stiftung Warentest die Dispozinsen bundesweit untersucht und dabei die Konditionen von knapp 1000 Instituten analysiert. Im Schnitt verlangen sie 12,52 Prozent, obwohl der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) bei einem Prozent liegt. 21 Institute kassieren sogar Zinsen von mehr als 14 Prozent. Auch Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hatte die Zinsen als zu hoch bezeichnet.

Für die Banken ist das ein einträgliches Geschäft, denn jeder sechste Bankkunde kann seine laufenden Rechnungen nur bezahlen, indem er den Dispokredit seines Girokontos nutzt. Ist dieser Rahmen ausgeschöpft und wird das Konto dennoch überzogen, verlangen die Banken für die sogenannte geduldete Überziehung noch höhere Zinsen. Bei der Haspa sind es 16,10 Prozent.

"Dispositionskredite sind nur als Überbrückung für kurze Zeit gedacht", sagt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg. "Wer eine längerfristige Finanzierung benötigt, sollte andere Konsumentenkredite nutzen." Die Kreditwirtschaft begründet die hohen Zinsen mit einem erhöhten Ausfallrisiko und der unbesicherten Vergabe.

In den vergangenen Jahren ist der Abstand zwischen den Kosten für die Geldbeschaffung der Banken und den Zinsen, die von den Kunden verlangt werden, stetig gestiegen. Maßstab für die Geldbeschaffungskosten der Kreditinstitute ist der Drei-Monats-Euribor, ein Zinssatz, zudem sich die Banken untereinander Geld leihen. "Der Abstand zwischen Dispozinsen und Euribor beträgt mehr als zehn Prozentpunkte", sagt Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (NRW). Noch im Jahr 2000 waren es nur rund sieben Prozentpunkte.

Die Verbraucherschützer aus NRW haben jetzt zwei Banken verklagt, darunter die Targobank. "Die Bank behält sich noch immer vor, die Zinsen nach billigem Ermessen festzulegen", sagt der Verbraucherschützer Markus Feck. Bei den Klagen stützen sich die Verbraucherschützer auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: XI ZR 78/08), nach dem ein einseitiges Preisbestimmungsrecht der Banken bei der Festsetzung der Dispozinsen unzulässig ist. "Genau das ist in den von den Banken verwendeten Klauseln aber der Fall", sagt Feck.

Seit Sommer müssen die Banken einen Referenzzins für den Dispo ausweisen. An diesem Maßstab soll die Entwicklung der Dispozinsen nachvollzogen werden können. Die meisten Institute haben sich für den Drei-Monats-Euribor entschieden. "Das Problem ist der Zeitpunkt der Einführung", sagt Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen. "Wenn eine solche Regelung im Zinstief beginnt, wird der große Abstand zwischen Referenzzins und Dispozins für die Ewigkeit manifestiert." Die Zinsen müssten danach jetzt steigen, da der Drei-Monats-Euribor in den letzten Monaten kräftig anstieg und jetzt bei 0,96 Prozent liegt. Konsequent ihren Referenzzins anzuwenden trauen sich die Banken nicht. Bis auf die Postbank. Sie hat ihre Zinsen erhöht.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband will deshalb eine gesetzliche Deckelung der Dispozinsen erreichen, nach der Formel "Drei-Monats-Euribor plus fünf Prozentpunkte". Damit dürfte die Kontoüberziehung nicht mehr als sechs Prozent kosten. Solche Konditionen bieten nur die Deutsche Skatbank und das Bankhaus August Lenz. Die meisten Banken sind davon jedoch aktuell meilenwert entfernt.