Bitterer Abgang: Die Bayern verschenken das marode Institut, die Kärntner Hypo Group Alpe Adria, gegen einen symbolischen Euro.

Wien/München. Zum Schluss wurde das Verhandlungsmarathon dramatisch. Fatale Erinnerungen an die vorjährige Rettung der deutschen Skandalbank Hypo Real Estate in letzter Sekunde wurden wach. Erst kurz vor Öffnung der Bankschalter am Montag früh konnten Österreichs Finanzminister Josef Pröll und sein bayerischer CSU-Amtskollege Georg Fahrenschon nach einem sich zäh über vier Tage hinziehenden Poker die Rettung der Kärntner Hypo Group Alpe Adria verkünden. Die BayernLB-Tochter wird von der Alpenrepublik komplett verstaatlicht. Die Bayern verschenken das marode Institut gegen einen symbolischen Euro, bluten zum Abschied aber kräftig.

Die Kärntner Bank hat sich verspekuliert, an der Adriaküste stellte das Institut viel Geld für gigantische Tourismusprojekte zur Verfügung. Zudem flossen Kredite an zahlreiche Firmen in Kroatien und Slowenien - im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise wurden die einstigen Hoffnungsträger im Osten zu Problemfällen. Aus lukrativen Anlagen wurden Abschreibungen. Und die Münchner Mutter bekam nun deutlich zu spüren, dass sie einen Fehlkauf getätigt hatte.

Die BayernLB muss ihren Zweidrittelanteil an der Hypo Group, der noch mit 2,3 Milliarden Euro in den Büchern steht, komplett abschreiben, räumt Fahrenschon ein. Zudem verzichtet die zweitgrößte deutsche Landesbank auf Forderungen an die Kärntner von 825 Millionen Euro. In der Summe kostet die Trennung somit nochmals gut 3,1 Milliarden Euro. Insgesamt hat die BayernLB wegen der 2007 unter umstrittenen Umständen gekauften Bank rund 3,7 Milliarden Euro verloren, rechnet Bayerns Finanzministerium vor. Weitere gut drei Milliarden Euro an Liquidität belässt sie zudem in der Hypo Group, um deren Wiederbelebung zu stützen.

"Der Sanierungsbeitrag der BayernLB war notwendig", verteidigt Fahrenschon den eigenen Aderlass. Den hatte er eigentlich verhindern wollen. Es sei aber darum gegangen, eine für Österreich und Südosteuropa systemrelevante Bank zu stabilisieren. Mit der Verstaatlichung sei eine "enorme Bedrohung für den Wirtschaftsstandort abgewendet", betonte Pröll. Ohne das Rettungspaket hätte die Schließung der Hypo Group gedroht.

Die Republik Österreich steuert nun knapp eine halbe Milliarde Euro bei. 230 Millionen Euro zahlen das Bundesland Kärnten und eine dortige Versicherung, die ihr Drittel der Bankanteile auch an die Alpenrepublik verschenken. Österreichs Großbanken geben einen Kredit über eine halbe Milliarde Euro. Die Hauptlast schultert aber die BayernLB.

Welche Schockwellen von einer gerade noch verhinderten Pleite der Bank hätten ausgehen können, zeigt die Beteiligung vom Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, an der nun vollzogenen Rettung. Die Hypo Group ist Marktführer in Bosnien-Herzegowina und eine Macht auch in anderen Balkanstaaten, wo sie Milliarden in den Sand gesetzt hat. Ihr Kollaps hätte neben einer Bankenkrise in Österreich auch Staatskrisen in Südosteuropa auslösen können, sagen Experten. Die BayernLB kann die teure Scheidung nach eigenen Angaben verkraften, ohne selbst neue Staatshilfen zu beanspruchen. Mit der Hypo Group fallen Risikoposten im Umfang von 30 Milliarden Euro weg, die in München nun nicht mehr mit Eigenkapital unterlegt werden müssen. Die Kernkapitalquote der BayernLB sinkt durch die Notoperation nur leicht von rund zehn auf gut neun Prozent. Vor Jahresfrist hatte der Freistaat seine Landesbank mit einer Finanzspritze von zehn Milliarden Euro vor ihrem Ende bewahrt.

Wirtschaftlich ist jetzt zwar ein Ende mit Schrecken erreicht. Politisch und juristisch tobt das Milliardendebakel aber weiter. Die Justiz ermittelt wegen Untreue in dreistelliger Millionenhöhe gegen Ex-Landesbankchef Werner Schmidt im Zuge des Erwerbs der Kärntner Bank. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer lässt von Anwälten prüfen, ob er die frühere CSU-Riege für das Fiasko in Regress nehmen kann. Das zielt auf Parteigrößen wie Günther Beckstein, Erwin Huber, Kurt Faltlhauser und Georg Schmid, die als Verwaltungsräte dem Kauf der Hypo Group zugestimmt haben. Das sei eine "katastrophale Fehlentscheidung" gewesen, rügt Bayerns FDP-Wirtschaftsminister Martin Zeil. Bayerns Oppositionsparteien fordern nun den Kopf der CSU-Verantwortlichen. Beckstein weist derweil eine Pflichtverletzung weit von sich. Und Schmid spricht von Vorverurteilungen.