Landgericht in Hamburg kippt Regelung bei Ratenzahlung. Verbraucherschützer erwarten Rückzahlungen der Versicherer.

Hamburg. Im Kampf gegen die Ratenzahlungszuschläge bei Versicherungsbeiträgen haben Verbraucherschützer einen Etappensieg errungen. Das Hamburger Landgericht verurteilte die Hamburger Versicherer Neue Leben, Signal Iduna und Ergo, die frühere Hamburg-Mannheimer, dazu, künftig den effektiven Jahreszins bei Ratenzahlungen von Beiträgen zur Renten- und Lebensversicherung konkret auszuweisen. Die bisherigen Klauseln seien wegen Intransparenz unwirksam.

"Das ist ein großer Erfolg, denn die Verbraucher erhalten nicht nur mehr Klarheit über die tatsächlichen Kosten, sondern können auch zu viel gezahlte Beiträge zurückfordern", sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg, die geklagt hatte. Für die Verbraucher geht es meist um einige Hundert Euro, den Versicherern drohen insgesamt sogar Rückforderungen in zweistelliger Milliardenhöhe. Deshalb dürften sie in Berufung gehen. Die Urteile (312 O 344/10, 312 O 389/10, 312 O 390/10) sind noch nicht rechtskräftig.

Bereits vor zwei Wochen hatte das Landgericht Stuttgart der Stuttgarter Lebensversicherung die Verwendung der Ratenzahlungsklausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot untersagt. Weitere Verfahren gegen die R + V und die Zurich Deutscher Herold stehen noch aus. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Worum geht es im Streit zwischen Assekuranz und Verbraucherschützern?

Versicherungsbeiträge werden zu Beginn eines Versicherungsjahres fällig. Für eine monatliche, quartalsweise oder halbjährliche Zahlung müssen die Verbraucher meist einen Zuschlag entrichten. Experten schätzen, dass 90 Prozent der Kunden von Ratenzahlungen Gebrauch machen. "Bei einer Reihe von Gerichten, aber auch in der Wissenschaft setzt sich die Erkenntnis durch, dass es für den Verbraucher keinen Unterschied machen kann, ob er eine Versicherungs-Jahresprämie oder den Kaufpreis für einen Kühlschrank nicht sofort in voller Höhe bezahlt, sondern in Raten", sagt Rechtsanwalt Joachim Blum, der die Urteile in Hamburg erstritten hat. In beiden Fällen müsse der Verbraucher über die erhebliche Mehrbelastung der Ratenzahlung durch die Angabe eines effektiven Jahreszinses informiert werden. "Nur so kann der Kunde wirklich erkennen, wie teuer eine Ratenzahlung wirklich ist", sagt Expertin Castelló.

Warum reicht es nicht, den Aufschlag bei Ratenzahlung zu nennen?

Manche Versicherer verlangen fünf Prozent Aufschlag bei monatlicher Zahlungsweise. Das entspricht aber einem Effektivzins von 11,35 Prozent. "Nur mit dieser Angabe kann der Verbraucher entscheiden, ob es günstiger ist, die Prämie mithilfe des Dispositionskredites auf einen Schlag zu zahlen", sagt Blum.

Welche Konsequenzen hat es, wenn Klauseln für ungültig erklärt werden?

Die Kunden haben Anspruch auf Neuberechnung des Darlehenszinses auf der Basis des dann geltenden gesetzlichen Zinssatzes von vier Prozent. Beispiel: Wer 200 Euro monatlich in eine Rentenversicherung einzahlt und dafür einen Zuschlag von fünf Prozent entrichten muss, der hat pro Jahr 72,84 Euro zu viel bezahlt, errechnete der Versicherungsmathematiker Peter Schramm. Dieser Betrag kann zurückgefordert werden. "Wegen des komplizierten Verjährungsrechts sind Rückforderungen für maximal drei Jahre und elf Monate möglich", sagt Bluhm.

Lohnt es, wegen weniger Hundert Euro mit der Versicherung zu streiten?

"Zwar können Versicherte die Rückzahlung noch nicht erzwingen, weil die verurteilten Versicherer noch die nächsthöhere Instanz anrufen. Aber mit den Briefen an die Versicherungen steigt der Druck", sagt Blum. Die Verbraucherzentrale hat für Rückforderungen einen Musterbrief auf ihrer Internetseite ( www.vzhh.de ) veröffentlicht.

Welche Versicherungen sind betroffen?

Die Klagen der Verbraucherschützer richten sich zunächst nur gegen die Lebens- und Rentenversicherungen, weil dort hohe Beiträge gezahlt werden. Aber betroffen sind alle Versicherungssparten mit Ausnahme der privaten Krankenversicherung.

Wie reagieren die Versicherer?

Die Stuttgarter und die Neue Leben werden in Berufung gehen. "Ob ein Versicherungsvertrag wie ein Kreditvertrag zu bewerten ist, ist unter Juristen umstritten", sagt eine Sprecherin des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft. Es gebe auch Urteile zugunsten der Versicherer. Es gibt aber bereits Versicherer, die sich auf die neue Entwicklung eingestellt haben. Allianz und Debeka erheben bei der Lebens- und Rentenversicherung keine Zuschläge bei monatlicher Zahlung. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in dieser Sache wurde durch die HUK Coburg in letzter Minute verhindert. Sie erkannte damit ein Urteil des Landgerichts Bamberg an, in dem ebenfalls die Klauseln über Ratenzuschläge für unzulässig erklärt wurden. Offenbar fürchtete die Versicherung, vor dem BGH zu unterliegen.