Washington. Das letzte Mal, als Tim Baumann (Name geändert) seine Großeltern aus der Nähe von Mainz live und in Farbe erlebte, war der Junge, dessen Eltern in Arlington vor den Toren Washingtons bei einer Firma für Militärgüter arbeiten, ein einjähriges Baby.
21 Monate lang reduzierte sich der Kontakt seit dem Frühjahr 2020, als Ex-Präsident Donald Trump unter anderem Bürger aus Ländern der Europäischen Union wegen Corona die Einreise in die USA de facto verwehren ließ, auf Päckchen, Telefon- und Facetime-Anrufe. Mit dem United-Airlines-Flug 988 war die Zwangspause für die Baumanns und Tausende andere Europäer am Montagmittag vorbei.
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USA: Reisebuchungen schnellen in die Höhe
Opa und Oma, beide in ihren 70ern, schlossen ihren inzwischen drei Jahre alten Enkel nach der planmäßigen Landung um 13.53 Uhr am Hauptstadtflughafen Dulles überglücklich in die Arme.
Die Maschine aus Frankfurt war die erste von insgesamt 13 aus dem europäischen Raum, die Passagiere aus der EU gestern laut Flugplan nach Washington bringen sollte. Auch in Paris und London war der Andrang groß. Deutschlands größte Fluggesellschaft, die Lufthansa, setzte mit dem Flug LH 418 gegen 16 Uhr Ortszeit nahezu voll besetzt auf.
Für den „Kranich“ ist die vom zuletzt glücklosen Präsidenten Joe Biden bereits vor Wochen angekündigte Aufhebung der massiven Einreisebeschränkungen, von der nur Diplomaten, einige Wirtschaftsführer und Menschen mit Spezialgenehmigungen ausgenommen waren, Millionen wert. Die Buchungen gen USA schnellten im Handumdrehen um 40 Prozent nach oben – obwohl strenge Einreiseregeln herrschen.
Lufthansa bietet 200 Flüge pro Woche in die Staaten an
Im Jahr 2019 beförderten die Airlines des Lufthansa-Konzerns rund 12,3 Millionen Passagiere in das Verkehrsgebiet der USA. Erlöse bei einer 85-prozentigen Auslastung der Flotte: über sieben Milliarden Euro, ein Drittel des gesamten Verkehrsumsatzes. Durch Corona brach praktisch die Hälfte des Langstreckengeschäfts weg.
Jetzt wird aufgeholt. Mit 200 Flügen in der Woche zu 17 verschiedenen US-Zielen, so Carsten Spohr, will man an die gute Vergangenheit anknüpfen. Der Vorstandschef der Lufthansa AG spricht von einem „großen Schritt aus der Krise“.
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Erleichterung in der Wirtschaft
Der scheidende Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sekundiert. Die Wiederaufnahme der Flugreisen in die USA seien gut für die „transatlantischen Beziehungen, die Wirtschaft und die Menschen“.
Auch der Maschinenbauverband VDMA, bei dem Dutzende Mitgliedsfirmen über Monate ihre Ingenieure und Monteure nicht in die USA schicken konnten, zeigte sich erleichtert. „Damit kehrt der Geschäftsreiseverkehr zwischen Europa und den USA zum Normalmodus zurück und lässt die Pandemie hinter sich“, sagte Ulrich Ackermann, Abteilungsleiter Außenwirtschaft. Allein gestern starteten zwölf Lufthansa-Flüge aus Frankfurt in die USA.
Flughäfen setzen auf höheres Passagieraufkommen
Für Deutschlands größtes Drehkreuz sind die Tage im Jammertal vorbei. Vor der Corona-Krise flogen rund 3,9 Millionen Passagiere via Frankfurt in die USA, über zehn Prozent des gesamten Fluggastaufkommens. 2020 wollten (oder durften) nur noch rund 800.000 Menschen vom Main Richtung Amerika abheben – minus 80 Prozent.
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Auf alle deutschen Verkehrsflughäfen bezogen sah die Bilanz so aus: vor Corona über zehn Millionen Passagiere, 2020 nur noch zwei Millionen – und Letztere fast durch die Bank im ersten Quartal, das von der Pandemie nicht komplett betroffen war.
Tourismus ist auch für die USA wichtig
Unüberhörbar ist auch das Aufatmen diesseits des Atlantiks. Die U.S. Travel Association wies kürzlich darauf hin, dass rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze vom internationalen Reiseverkehr in die USA abhängig seien, der vor der Pandemie pro Jahr rund 240 Milliarden Dollar ins Land gespült habe.
Seit dem Frühjahr 2020 herrschte in vielen Tourismusgebieten von Florida über Kalifornien bis Hawaii Flaute. Hotels und Restaurants machten dicht, Zigtausende wurden entlassen. New York, globales Ganzjahresreiseziel, musste ausgehend von 2019 mit über 66 Millionen Touristen einen Absturz auf unter 35 Millionen in diesem Jahr verkraften. Dabei sind laut des Tourismusverbands NYC Company die nun wieder anziehenden Buchungen für die traditionellen Vorweihnachtsshoppingbesuche in Manhattan bereits eingepreist.
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