Berlin. Die Flughafen stehen seit einem Jahr fast ohne Passagiere da. Jetzt schnürt der Bund ein Hilfspaket. Droht Regional-Airports das Aus?

Für die Luftfahrtbranche hätte es kaum noch schlimmer kommen können. Seit bald einem Jahr steht der internationale Flugverkehr weitgehend still. Doch nun drohen die im Kampf gegen die Ausbreitung von Mutationen des Coronavirus abermals verschärften Reisebestimmungen den angeschlagenen Flughäfen das Genick zu brechen. Anders als bei den Airlines hat der Staat für sie noch kein Geld lockergemacht. Doch jetzt kommt Bewegung in die Sache.

Nach Informationen unserer Redaktion will die Bundesregierung kommenden Mittwoch bei einem Spitzengespräch einen Durchbruch bei der seit Monaten festgefahrenen Flughafenrettung erreichen. Beteiligt seien Vertreter des Finanz-, Wirtschafts- und Verkehrsministeriums sowie der Fraktionen, hieß es am Freitag in Regierungskreisen.

„Die Flughäfen verlieren jeden Tag mehr als zehn Millionen Euro“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbands ADV, Ralph Beisel, unserer Redaktion. Die Lage sei dramatisch und für viele Standorte existenzbedrohlich. Jeder vierte der 180.000 Arbeitsplätze sei bedroht. Es gebe „keinerlei Anzeichen für eine Erholung“. Auch für die kommenden Wochen breche die Nachfrage ein, weil die Airlines gezwungen seien, Angebote einzustellen.

Entwicklung übertrifft „die schlimmsten Befürchtungen“

In Deutschland steigen derzeit so wenig Menschen in ein Flugzeug wie zuletzt im Jahr 1986. Im Januar ist die Zahl von 509.308 in der ersten Woche auf unter 318.873 in der letzten Woche des Monats gesunken. Grund sind die erneut verschärften Reiseauflagen zur Eindämmung der Pandemie. Insgesamt brach das Passagieraufkommen gegenüber dem Vorjahr um mehr als 90 Prozent ein.

Der Verband ADV erwartet für das vergangene Jahr einen Verlust von 1,7 Milliarden Euro, in diesem Jahr könnten es rund 1,2 Milliarden Euro werden. „Ohne staatliche Unterstützung werden die ersten Standorte das Winterhalbjahr nicht überstehen“, warnte der Hauptgeschäftsführer. Die Entwicklung übertreffe „die schlimmsten Befürchtungen“. Eine Trendwende sei erst in Sicht, wenn die restriktiven Reise- und Quarantäneregelungen durch praktikable Teststrategien ersetzt würden.

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Die Flughäfen fordern, dass Staatshilfen als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt werden. „Nur so können irreparable Strukturbrüche bei den durch die Pandemie bereits hoch verschuldeten Flughäfen aufgehalten werden“, sagte Beisel. Fluggesellschaften wie die Lufthansa haben vom Staat lediglich Kredite erhalten, die sie zu steigenden Zinssätzen zurückzahlen müssen.

Streit um Zukunft der Regionalflughäfen

Die Verkehrs- und Finanzminister der Bundesländer sind sich bereits einig darüber, für die Hälfte des Rettungspakets aufzukommen. Dieses hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) der Branche bei einem Luftverkehrsgipfel im November zugesagt.

Bei dem Spitzengespräch dürfte es nun im Kern um die Frage gehen, ob Flughäfen gestützt werden sollen, die schon vor der Corona-Krise Verluste anhäuften. Die Rede ist dabei vor allem von den Regionalflughäfen, die auch in normalen Jahren teilweise weniger als eine Million Passagiere zählen. Hier gibt es offenbar unterschiedliche Ansätze.

Grüne gegen weitere Unterstützung

Dabei dürfte auch die strikte Meinung der Grünen eine Rolle spielen, die in etlichen Landesregierungen vertreten sind. Oliver Krischer, Vizechef der Grünen-Bundestagsfraktion, findet dazu klare Worte: „Die Regionalflughäfen, die vor Corona rote Zahlen geschrieben haben, werden es auch danach tun. Hier sollte kein weiteres Steuergeld fließen“, sagte er unserer Redaktion.

Die meisten der über 20 Regionalflughäfen seien seit Jahren nicht ausgelastet und bräuchten zum Überleben öffentliche Gelder. „Das ist wirtschaftlich überhaupt nicht sinnvoll“, sagt Krischer: „Ich halte nichts davon, solche Strukturen weiter zu finanzieren.“

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Verkehrsminister Scheuer hatte sich bislang dagegen ausgesprochen. Er sei ein „Infrastruktur-Erhaltungsminister“, hatte er betont. Der Luftfahrtkoordinator des Bundes, Thomas Jarzombek (CDU), verwies hingegen auf einen womöglich langfristig geringeren Luftverkehr. Da müsse man schauen, was das für jeden einzelnen Regionalflughafen bedeute.