BERLIN. Dort, wo sonst unzählige Sorten Nudeln und Toilettenpapier gestapelt liegen, herrscht Leere in den Regalen. Es ist ein Bild, dass sich in vielen Supermärkten in ganz Deutschland gleicht. Kunden schieben ihre Einkaufswagen durch halb leere Regalreihen, haltbare Lebensmittel sind oft vergriffen.
Doch damit soll nun Schluss sein, fordert Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Die CDU-Politikerin rief am Dienstag in Berlin die Verbraucher dazu auf, sogenannte Hamsterkäufe zu unterlassen: „Hamsterkäufe sind nicht nur unnötig, sie schaden auch“, sagte Klöckner. Bei aller Vorsorge seien „Maß und Mitte“ gefragt. „Es gibt keinen Grund, Lebensmittel zu horten“, sagte Klöckner und betonte mehrfach: „Die Lebensmittelversorgung ist gesichert.“
Corona-Krise: Einzelhändler können Verkauf beschränken
Auch von Seiten des Handels heißt es, dass die Versorgung der Supermärkte funktioniert – trotz einiger Extrembeispiele von Hamsterkäufen. So berichtete Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), von Kunden, die mit Kleinlastwagen zum Supermarkt gefahren seien, um Lebensmittel zu horten.
Solche Aktionen seien nicht nur schädlich, sie könnten auch am Geschäftsinhaber scheitern, warnte der Handelsverbands-Chef: „Einzelhändler haben das Recht, die Ausgabe von Waren auf handelsübliche Mengen zu beschränken.“ Vor allem Klopapier und Nudeln wurden zuletzt gehamstert.
Corona-Krise: Einkäufe über die Woche verteilen
Anstatt zu Panikkäufen riet Genth den Kunden, sich ein Beispiel an den Italienern zu nehmen, wo es trotz der verschärfteren Situation deutlich ruhiger vor und in den Supermärkten zugehe. „Wenn Hamsterkäufe unterbleiben, wird es für alle einfacher“, sagte Genth.
Zudem bat er darum, den Einkauf gleichmäßiger über die Woche zu verteilen, um große Anstürme am Wochenende zu vermeiden. Sollte sich die Situation verschärfen, habe man auch die Möglichkeit, sonntags zu öffnen.
Keine Steigerung bei den Preisen erwartet
Gerüchte zu verringerten Öffnungszeiten von Supermärkten wiesen Genth und Klöckner zurück. „Die Supermärkte bleiben offen. Alles andere sind Falschmeldungen“, sagte Klöckner und fügte an: „Es gibt Menschen, die sich einen Spaß damit machen, andere mit Falschnachrichten in Sorge und Panik zu versetzen. Das ist nicht witzig, das ist unanständig.“
Verbraucher müssten sich auch keine Sorgen machen, dass Lebensmittel teurer werden würden, sagte Klöckner. Das sieht auch Christian von Boetticher, stellvertretender Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), so: „Die Preise werden über Jahresverträge festgelegt. Kurzfristig werden sie sich aufgrund des Coronavirus also nicht bewegen.“ Dabei war zuletzt der Gurkenpreis auf ein Rekordhoch gestiegen.
Saisonarbeitskräfte werden gebraucht
Die Lieferketten funktionieren, die Versorgung ist gewährleistet, die Preise sind stabil – das waren Julia Klöckners Aussagen an die Verbraucher. Doch auch die Ministerin ist im Krisenmodus – denn trotz aller Zusicherungen trifft das Coronavirus die Landwirtschaft hart.
Die Spargelernte steht kurz bevor, doch ausländische Saisonarbeiter können aufgrund der geschlossenen Grenzen nur schwerlich bis gar nicht einreisen. „Zwischen April und Ende Oktober haben wir den größten Bedarf an Saisonarbeitern“, sagte Bauernverband-Präsident Joachim Rukwied.
Klöckner will Saisonarbeiter einfliegen lassen
286.000 Saisonarbeitskräfte seien allein in der Landwirtschaft tätig, helfen bei der Ernte, aber auch in den Ställen, wo die Tiere gefüttert und gemolken werden müssen. Viele von ihnen kommen für gewöhnlich aus Osteuropa.
Wie kommen diese Saisonarbeiter nun ins Land? Laut Klöckner werde geprüft, ob man sie einfliegen könne. Unter anderem habe sie dazu ein Telefonat mit Lufthansa-Chef Carsten Spohr geführt.
Klöckner: Landwirtschaft soll kritische Infrastruktur werden
Daneben setzt die Landwirtschaftsministerin auf „kreative Lösungen“. Sie könne sich beispielsweise regional organisierte Jobbörsen vorstellen, sagte die CDU-Politikerin. So könnten Mitarbeiter von Branchen, die derzeit aufgrund der Pandemie nicht produzieren können, in der Landwirtschaft aushelfen.
Zunächst sei aber wichtig, dass die Landwirtschafts- und Ernährungsbranche als kritische Infrastruktur von den Ländern anerkannt wird. So können Mitarbeiter die Möglichkeit erhalten, trotz geschlossener Kitas und Schulen ihre Kinder in eine Notbetreuung zu geben.
Forderungskatalog aus der Ernährungswirtschaft
Aber nicht nur die Saisonarbeiter sind ein Problem. An den geschlossenen Grenzen gibt es etwa oftmals keine Sonderspuren für Lkws. Das müsse sich schnell ändern, forderte Klöckner.
Aus der Ernährungsindustrie kommt gleich ein ganzer Forderungskatalog für die Krise. Die maximale Arbeitszeit von derzeit zehn Stunden pro Tag müsse angehoben, Mehrarbeit bei Angestellten auf 450-Euro-Basis zugelassen und die Ruhezeitregelungen im Fernverkehr angepasst werden, forderte von Boetticher. Außerdem brauche es einen Coronavirus-Schnelltest, sodass nicht direkt ganze Betriebe unter Quarantäne geraten.
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