Möbelhandel

Hamburg: Möbel Kabs drängt in die Innenstadt

| Lesedauer: 8 Minuten
Wolfgang Horch
Robert Kabs steht in der Filiale von Kabs PolsterWelt in Wandsbek

Robert Kabs steht in der Filiale von Kabs PolsterWelt in Wandsbek

Foto: Andreas Laible / Andreas Laible / FUNKE Foto Services

Das Familienunternehmen will expandieren, eröffnet eine Filiale in Essen und investiert Millionen in digitale Technik.

Hamburg.  Um 9 Uhr morgens ist die Filiale von Kabs PolsterWelt in Wandsbek noch geschlossen. Eine Mitarbeiterin öffnet eine Seitentür, bittet den Besucher zum Gespräch mit Firmenchef Robert A. Kabs. „Dann schauen wir mal, wo Robert steckt“, sagt die junge Frau und führt durch die 5000 Quadratmeter große Ausstellungsfläche. In einer Sitzgruppenecke mit Speicherstadt-Ambiente wird sie fündig. Robert? Du? Für den 46 Jahre alten Unternehmer mit 300 Angestellten ist das seit sechs, sieben Jahren die normale Anrede, wie er sagt: „Wir duzen uns alle. Das hier ist ein Familienunternehmen.“ Und zwar eines, das auch im 50. Jahr des Bestehens wachsen will.

Bald eröffnet die nächste Filiale

Nach der Eröffnung mehreren Filialen in Hamburg verließ die Familie im Jahr 2000 erstmals die Hansestadt. In Lübeck entstand der erste Markt außerhalb der Stadtgrenzen. Mittlerweile gibt es insgesamt zwölf Filialen. Auf einer Landkarte würden Standort-Pins unter anderem in Schwerin und Kiel sowie in Dortmund und Osnabrück gesetzt werden. „Nummer 13 wird voraussichtlich im August eröffnen“, sagt Kabs. In Essen soll ein 8000 Quadratmeter großes Geschäft eröffnen. Auch darüber hinaus gebe es Expansionspläne. Man befinde sich für weitere Standorte in sehr konkreten und fortgeschrittenen Planungen und Verhandlungen, sagt Kabs. Aber als hanseatischer Kaufmann äußert er sich dazu erst, wenn die Unterschrift unter den Verträgen trocken ist. Auch Übernahmen seien denkbar. Generell stehe die bundesweite Expansion im Fokus – allerdings wird auch die Heimatregion ins Visier genommen.

Spezialist für Polstermöbel

In und um Hamburg ist der Spezialist für Polstermöbel, Sofas und Boxspringbetten schon stark vertreten. Es gibt Märkte in Wandsbek, Harburg, Halstenbek und Norderstedt. Doch damit muss nicht Schluss sein. „Wir können uns auch einen fünften oder sechsten Standort in der Metropolregion vorstellen. Aktiv suchen wir in der City nach eine Standort“, sagt Kabs. Das Geschäft in der Innenstadt soll – im Gegensatz zu den bisher eher am Rande der Stadt liegenden Filialen – Laufkundschaft anziehen. Zwischen 4000 und 5000 Quadratmeter Fläche müssten schon zur Verfügung stehen. Ideal dafür sind ehemalige Baumärkte oder frühere Möbelhäuser. So große Flächen in der Innenstadt zu finden, ist aber schwierig. Einen schnellen Vollzug erwartet er daher nicht.

Gedankenspiele um einen Showroom

„Wir würden gern schneller wachsen als wir es aufgrund der Immobiliensituation können“, sagt Kabs. Zumal die Mieten für die Gebäude an den Einkaufsstraßen hoch sind – auch wenn sie zuletzt sogar sanken. Möglicherweise werde zu der Filiale in der City daher der Zutritt über eine Tür im Erdgeschoss führen und die Verkaufsfläche im ersten und zweiten Stock liegen. Oder es wird ein ganz anderes Konzept verfolgt. Der Firmenchef hegt Gedankenspiele über einen Showroom in der Innenstadt, in dem nur eine spezielle Produktlinie gezeigt wird. Generell macht sich der gelernte Bankkaufmann in Zeiten des wachsenden Onlinehandels Sorgen um die Zukunft der Geschäfte vor Ort, für den Möbelhandel ist er aber optimistisch: „Die Notwendigkeit des Probesitzens und -liegens ist extrem wichtig, deswegen bin ich zuversichtlich für den stationären Handel in unserer Branche.“

Kabs ist für den digitalen Vertriebsweg durchaus offen. Im Jahr 2007 gründete er die Suchmaschine moebel.de. Heute sind auf dem Einrichtungsportal, das mittlerweile zum Medienkonzern ProSiebenSat.1 gehört, rund drei Millionen Artikel erhältlich, fünf Millionen Besucher nutzen die Seite pro Monat. Den Onlineshop von Möbel Kabs gibt es seit rund eineinhalb Jahrzehnten – und er ist für das Familienunternehmen besonders wichtig. „80 Prozent der Kunden informieren sich vorher dort“, sagt Kabs. Entsprechend wird das Angebot zum Beispiel durch eine Verbesserung der Software derzeit ausgebaut. Im Netz gekauft würden vor allem Sofas im Preiseinstiegsbereich und Wohnaccessoires. Von den rund 50 Millionen Euro Jahresumsatz komme ein einstelliger Prozentbereich aus dem Onlineshop – Tendenz steigend, mit stärkeren Wachstumsraten als das Filialgeschäft.

Sofas in Millionen Varianten

Der alleinige Gesellschafter steckt mehrere Millionen Euro in die Digitalisierung. Noch wird jeder Auftrag auf Papier erfasst und per Fax an den Lieferanten gesendet. In Zukunft soll alles mobil erfolgen. Kunden können mit dem Verkäufer die Bestellung auf einem Tablet konfigurieren. In der Wandsbeker Filiale sind etwa 300 unterschiedliche Sofaprogramme vorhanden, von denen viele in Kooperation mit den Händlern entwickelt werden. Für diese können digital millionenfache Variationen durchgespielt werden: Farben, Materialien, Verstellmöglichkeiten von Rücken- oder Seitenlehnen, mit oder ohne Bettkasten. Hat sich der Käufer entschieden, unterschreibt er die Bestellung online. Die Fortschritte bei der Herstellung des Produktes soll er laufend verfolgen können – bis zur Lieferung. Das Zeitfenster dafür soll auf künftig zwei Stunden eingegrenzt werden. „Ab diesem Sommer haben unsere Fahrer keine Papiere mehr, sondern nur noch Tablets“, hofft Kabs.

Rückgabe wird selten genutzt

Durchschnittlich geben die Deutschen rund 2000 Euro für eine Sitzgruppe aus, wählen zu 75 Prozent Grautöne und nutzen sie acht Jahre lang. Das Hamburger Unternehmen mit Sitz in der Altstadt verspricht zudem eine 100-Tage-Wohlfühlgarantie. Gefällt Kunden das Produkt doch nicht, können sie die Ware innerhalb dieser Frist zurückgeben. Das sei einmalig in der Möbelindustrie, komme aber nur „sehr, sehr selten“ vor.

In etwa zwei Jahren will das Unternehmen, das in 49 von 50 Jahren ein positives Betriebsergebnis erzielte, ein weiteres Digitalangebot machen. Kunden sollen durch die Möbelausstellung laufen können, ihr Handy zücken, einen Klick machen und zum Beispiel eine große Vase kaufen. Per Lieferdienst wird das Stück binnen 24 Stunden nach Hause geliefert. Trotz aller Digitalisierung sei der persönliche Kontakt aber wichtig, sagt Kabs: „Geschäfte werden zwischen Menschen gemacht“ – egal, ob per Du oder Sie. Im Kundenkontakt gibt es bei Möbel Kabs gibt es aber eine klare Regel. Die Kunden werden im Gegensatz zur skandinavischen Konkurrenz gesiezt.

Möbel Kabs seit 50 Jahren in Hamburg

In Hamburg-Borgfelde beginnt im Jahre 1969 die Firmengeschichte. Uwe Kabs gründet mit Werner Krüger ein kleines Möbelfachgeschäft. Dort nehmen sie gebrauchte Möbel in Zahlung.

Anfang der 90er-Jahre müssen die Brüder Jens Uwe und Robert Kabs für ihren Vater Uwe einspringen, als dieser krankheitsbedingt ausfällt. Für den damals 18 Jahre alten Robert Kabs „ein herausfordernder Sprung ins kalte Wasser“, wie er sich erinnert. Seit dem Jahr 2000 ist das Unternehmen auch außerhalb Hamburgs aktiv.

2006 wird Möbel Kabs umbenannt in Kabs PolsterWelt, um die Spezialisierung auf Polstermöbel stärker herauszustellen. Im vergangenen Jahr expandiert das Unternehmen, das mehr als eine Million Kunden zählte, erstmals über den Norden hinaus. In Dortmund wird die erste Filiale in Westdeutschland eröffnet. Zudem scheidet der heute 54 Jahre alte Jens Uwe Kabs als Geschäftsführer und Gesellschafter aus dem Unternehmen aus. Robert Kabs führt die Geschicke seither allein. Das von Uwe Kabs entwickelte Geschäftsmodell greift noch heute: Altmöbel werden in Zahlung genommen, bei Lieferung der neuen eingelagert und an soziale Einrichtungen abgegeben, ins Ausland verschifft – oder entsorgt

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Wirtschaft