Hamburg. Dass Eichhörnchen von Nüssen nicht genug bekommen können, ist bekannt. Da passt es natürlich, wenn ein Nusshandel mit dem possierlichen Tier im Logo wirbt. Haselnüsse, Walnüsse, Cashews, Mandeln, Macadamias, Pekannüsse, Pinienkerne – in diesem Fall summiert sich das Angebot auf eine Zahl mit sehr, sehr vielen Nullen. Selbst für den gefräßigsten Nager wird die Auswahl zur harten Nuss. „Kernenergie“ hat Denis Burghardt sein Geschäftsmodell genannt und seine Nüsse bisher ausschließlich online verkauft.
Das Geschäft läuft so erfolgreich, dass der Hamburger am Mittwoch seinen bundesweit ersten Laden in Ottensen eröffnete. Das Neue: Es gibt eine eigene Rösterei. „Wir verarbeiten unsere Nüsse täglich frisch nach traditionellen Verfahren“, sagt der Nussfan, der sich auch einen persönlichen Traum erfüllt.
Nüsse als Lifestyle-Produkt
In dem Ladengeschäft, wo bis vor einigen Monaten Designerbrillen mit kastigen Gestellen ausgelegt waren, duftet es jetzt nussig. Ähnlich wie schon Wein, Tee, Kaffee, Öl oder Gewürze werden inzwischen auch Nüsse zum Lifestyle-Produkt veredelt. In großen Gefäßen lagern unterschiedliche Mischungen in einer raumfüllenden Theke, aus der sich die Kunden ihre Auswahl abwiegen lassen können. Salzig, pikant gewürzt, mit Früchten, Kräutern, gebrannt oder natur – 40 verschiedene Varianten sind jeweils im Angebot, je nach Jahreszeit und Nachfrage wechselnd.
„In der Regel werden Nüsse in Deutschland trocken geröstet“, erklärt Firmengründer Burghardt. „Wir verwenden bestes Erdnussöl.“ Das schmeckt nicht nur besser, sondern erhält auch die Nährstoffe. Durch große Scheiben blickt man vom Verkaufsraum auf Spezialgerätschaften wie Hochleistungsfritteusen und Kandiergerät. „Wir wollen qualitativ gute Lebensmittel anbieten, die es im Supermarkt so nicht gibt“, erklärt der 42-Jährige.
Große Nachfrage
2010 hatte Denis Burghardt, gelernter Kaufmann mit Stationen bei Autoherstellern und zuletzt beim TÜV Süd im Management, die Idee für sein Unternehmen rund um die Nuss. Inspiriert von Reisen ins Ausland, wo er den Unterschied zwischen frisch gerösteten Nüssen und der abgepackten Ware im Einzelhandel kennengelernt hatte, gründete er Kernenergie im Wohnzimmer ein paar Schritte von seinem neuen Nuss-Shop entfernt.
Die Nachfrage war groß. 2014 sammelte er bei einer Crowdfunding-Kampagne 400.000 Euro von Kleinunternehmern ein, um das Wachstum seines Nusshandels voranzutreiben. Ein Jahr später nahm Burghardts Firma eine eigene Produktionsstätte in seinem Heimatort Großwallstadt in der Nähe von Aschaffenburg in Betrieb, wo die Nüsse seither in Premiumqualität geröstet und von Hand gemischt und verpackt werden.
Kernenergie ist stetig gewachsen
In den vergangenen Jahren ist Kernenergie stetig gewachsen. Bis zu vier Tonnen Nüsse verarbeitet das Unternehmen in den wichtigen Monaten im Herbst und Winter am Tag. Die Rohwaren kommen aus ausgewählten Anbaugebieten in Spanien, Italien, aber auch Australien. 40 Mitarbeiter sind bei Kernenergie beschäftigt. Firmenchef Burghardt hat inzwischen mehrere Finanzierungsrunden gedreht. Unter den Investoren sind Hamburger Kaufleute und auch ein ehemaliger Ministerpräsident des Kleinstaaats Liechtenstein.
Im vergangenen Jahr ist die Zentrale aus Hamburg an den Produktionsort gezogen. „Ein wichtiger Schritt“, sagt Burghardt. Er ist weiterhin Mehrheitseigner, und viel unterwegs zwischen dem Betrieb im Unterfränkischen und der Wohnung in Ottensen, wo er mit seiner Frau lebt. Drei Millionen Euro Umsatz erwirtschaftete Kernenergie 2017. „In diesem Jahr rechnen wir mit knapp vier Millionen Euro“, sagt Burghardt und peilt auch für 2019 eine Steigerung der Erlöse um eine weitere Million an.
Firmen ordern Nüsse für lange Meetings
Die Bedeutung von Nüssen in der Ernährung wächst. Sie enthalten nur wenig Wasser, aber reichlich Fett, Eiweiß, Kohlenhydrate und Ballaststoffe. Besonders wertvoll sind die ungesättigten Fettsäuren. Nachteil: Nüsse haben viele Kalorien. Jeder Deutsche knabbert laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung im Schnitt 4,7 Kilo Nüsse im Jahr. Erdnüsse, Haselnüsse, Pistazien und Walnüsse zählen zu den beliebtesten Sorten. Der Umsatz in dem Segment wird für 2018 auf knapp eine Milliarde Euro geschätzt – Tendenz seit Jahren steigend.
Die wichtigsten Kunden von Kernenergie sind internationale Hotelketten wie Kempinski, Marriott oder Steigenberger. Auch große Unternehmen wie Adidas oder die Commerzbank bestellen die schnellen Energiebringer für lange Meetings oder als Werbegeschenk für Kunden. „Wir haben zudem viele Privatkunden, die über unseren Onlineshop ordern“, sagt Kernenergie-Geschäftsführer Burghardt. Der Barmix, eine salzige Mischung, kostet in der 200-Gramm-Dose 7,62 Euro, Erdnüsse Sweet & Saftig in der Menge gibt es ab 4,49 Euro. Für besonders große Nuss-fans bietet Kernenergie ein Nuss-Abo.
Im Kernenergie-Laden an der Ottenser Hauptstraße stehen in den Regalen auch Schokoladencremes aus eigener Herstellung. Gründer Burghardt will die Markenpalette rund um die Nuss weiter ausbauen. Neu im Sortiment sind Schokoladen, natürlich mit Nuss. Kernschmelze hat er sie genannt. Und auch das Ladenkonzept soll expandieren. „Wenn es läuft, wollen wir weitere Geschäfte in Hamburg eröffnen.“ Gedanklich ist er noch einen Schritt weiter und träumt von Kernenergie-Nuss-Shops im gesamten deutschsprachigen Raum.
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