Berlin. Wer in Spielhallen, in Restaurants oder in einem Friseursalon arbeitet, arbeitet besonders oft zu einem Niedriglohn – auch dann, wenn er einen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitjob hat. Das geht aus einer neuen Auswertung der Bundesagentur für Arbeit hervor, die dieser Zeitung vorliegt.
Konkret erhalten Beschäftigte in Casinos und Wettbüros einen mittleren Lohn von rund 1700 Euro brutto pro Monat. Damit verdienen fast 72 Prozent von ihnen unterhalb der Niedriglohnschwelle von derzeit 2100 Euro im Monat. Die Gehälter von Arbeitnehmern in der Gastronomie liegen nach Angaben der Arbeitsagentur zu gut 70 Prozent unter dieser Schwelle. Bei Mitarbeitern von Friseursalons und Wäschereien sind es zwei Drittel der Beschäftigten, die weniger verdienen. Insgesamt arbeiten in den genannten Wirtschaftsbereichen 515.000 Menschen. Rund 350.000 von ihnen verdienen weniger als 2100 Euro.
Auch in der Leiharbeitsbranche, in der von 722.000 Beschäftigten rund 470.000 unterhalb der Niedriglohnschwelle arbeiten, ist der Anteil mit zwei Drittel Niedriglohn-Beschäftigten hoch. Im Bereich des Gebäudeservices (300.000 Beschäftigte) ist es immer noch etwa die Hälfte. Frauen sind besonders stark von Niedriglöhnen betroffen. So arbeiten 77 Prozent der Frauen in der Gastronomie zu einem Niedriglohn, bei Männern waren es 65 Prozent. Im Bereich der Leiharbeit ist das Verhältnis der Geschlechter dagegen mit jeweils zwei Dritteln ausgeglichen.
„Viel zu viele Beschäftigte werden mit Niedriglöhnen abgespeist“, kritisiert die Linken-Arbeitsmarktpolitikerin Sabine Zimmermann, die die Auswertung der Bundesagentur angefordert hatte. „Die neue Bundesregierung ist in der Pflicht, die Rahmenbedingungen für gute Arbeit zu schaffen und gegen
Niedriglöhne vorzugehen.“ Der Mindestlohn müsse auf zwölf Euro erhöht und Leiharbeit abgeschafft werden. Tarifverträge müssten leichter für allgemeinverbindlich erklärt werden können.
Maßstab für die Auswertung ist die Niedriglohnschwelle, die nach dem mittleren Einkommen aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten berechnet wird. Wer weniger als zwei Drittel davon verdient, ist Niedriglöhner.
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