Nach der Eroberung des Smartphones-Markt will der Internetkonzern auch Apples iPad angreifen. Helfen soll das Betriebssystem Honeycomb.

Hamburg. Google gönnt dem Konkurrenten Apple keine Atempause: Nachdem der Internetriese mit seinem Betriebssystem Android bereits den Smartphone-Markt erobert hat, bläst der Konzern jetzt zum Angriff auf das iPad. Unter dem Codenamen Honeycomb (Honigwabe) stellte Google jetzt die neueste Version seiner Software vor, die speziell auf die wachsende Zahl von Tablet-Computern zugeschnitten ist.

Die bisherige Android-Version (Codename Lebkuchen) lief auf den flachen, tastaturlosen Rechnern zwar auch, doch wurde sie ursprünglich für Internethandys entwickelt. Das neue System nutzt nun den Platz auf den größeren Bildschirmen von Tablets besser. Größere Symbole sollen dafür sorgen, dass sich die Geräte über ihre berührungsempfindlichen Touchscreens besser bedienen lassen.

Musikdateien, Fotos, Videos und Internetseiten lassen sich zudem zu virtuellen Stapeln auftürmen, in denen man mit dem Finger herumwühlen kann. Ein integrierter Buchladen und E-Book-Reader soll es außerdem erlauben, sich "Millionen von Büchern" aufs Tablet zu laden. Allerdings wird voraussichtlich nur ein Bruchteil davon auf Deutsch verfügbar sein.

Wer ein Android-Smartphone oder einen Tablet-PC mit dem Google-System besitzt, kann über den Android-Marketplace zusätzliche Miniprogramme - sogenannte Apps - herunterladen. Diese sind häufig kostenlos, teilweise kosten sie Geld. Diesen Softwareladen hat Google nun ausgebaut. Künftig können Nutzer etwa von jedem Computer über das Internet die Anwendungen erwerben. Sie werden dann direkt auf das Handy oder den Tablet-Rechner geschickt. Bislang funktionierte die Installation bei Tablets nur unzureichend.

Zudem wird es künftig möglich sein, auch aus den Miniprogrammen selber heraus zusätzliche Apps herunterzuladen. Das hatten sich viele Softwareentwickler gewünscht, um mit den Anwendungen besser Geld verdienen zu können. Denkbar ist etwa, dass Nutzer von Navigationsprogrammen auf diese Weise zusätzliche Karten erwerben. Bei Apple gibt es diese Funktion bereits seit Längerem unter dem Namen In-App-Käufe.

Viel Arbeit haben die Entwickler auch in die Verbesserung der Grafikfähigkeiten von Android gesteckt. Eine Technik namens Renderscript sorgt dafür, dass sich die vielen animierten Elemente auf der Benutzeroberfläche ruckelfrei darstellen lassen. Daneben ist diese Technik auch für Spieleentwickler interessant, lassen sich mit ihr doch Games mit aufwendigen 3-D-Effekten programmieren. Auch in diesem Segment hat Apple mit dem eigenen Betriebssystem iOS bislang die Nase vorn.

Analysten lobten das neue Google-System als profund, aber nicht spektakulär. "Es verkürzt den Abstand zu Apple um ein gutes Stück", sagte Colin Gillis, Analyst bei der Beratungsfirma BGC. "Aber es hat nichts, was mich über Nacht dafür anstehen lassen würde."

Bislang ist Apple mit seinem iPad unangefochtener Marktführer bei Tablet-Computern, seit April verkaufte der Konzern fast 15 Millionen Geräte. Allerdings übertrumpfte Google mit seinem Verkaufserfolg auf dem Gebiet der Smartphones zuletzt die gesamte Konkurrenz: Dem Marktforscher Canalys zufolge errang Android im Schlussquartal 2010 den ersten Platz unter den Handybetriebssystemen.

Ob Google das Gleiche im Tablet-Segment gelingen wird, hängt vom Erfolg bei den Geräteherstellern, Mobilfunkbetreibern und App-Programmierern ab. Der Internetriese selbst entwickelt keine eigenen Tablet-PC. Als erstes Gerät mit dem neuen Betriebssystem wird voraussichtlich das Motorola Xoom auf den Markt kommen. Die Einführung des Tablets ist in den USA noch in diesem Monat vorgesehen, wann es in Deutschland verfügbar sein wird, steht aber noch nicht fest. Weitere Geräte sind für März angekündigt.

Im laufenden Jahr werde Google Apple allerdings noch nicht vom Tablet-Thron stoßen, schätzt Analyst Richard Shim von der Marktforschungsgesellschaft Display Search. Den größten Anteil des erwarteten Absatzes von 55,7 Millionen Geräten werde weiter Apple auf sich vereinen. Experten gehen davon aus, dass der Konzern mit dem Apfellogo in Kürze den Nachfolger des iPads präsentieren wird. Das Gerät wird vermutlich über Kameras zur Videotelefonie sowie über ein Display mit einer höheren Auflösung verfügen.