3,3 Milliarden Euro sollen sie bei der Großbank angelegt haben

München/Genf. Mehr deutsche Kunden als bislang angenommen haben ihr Geld von der ins Zwielicht geratenen Schweizer Niederlassung der britischen Großbank HSBC verwalten lassen. In den „SwissLeaks“-Dokumenten finden sich 2106 Namen mit Bezug zu Deutschland, fast doppelt so viele wie bisher bekannt, so die „Süddeutsche Zeitung“.

Ein Drittel der deutschen Kontoinhaber habe anonymisierte Nummernkonten genutzt, mehr als 200 Kunden Tarnfirmen, berichtete die „SZ“ unter Berufung auf Ergebnisse des Rechercheverbunds mit NDR und WDR. Insgesamt hätten sie etwa 3,3 Milliarden Euro angelegt. Das durchschnittliche Vermögen lag damit bei mehr als 1,5 Millionen Euro pro Kunde. Dem Bericht zufolge wussten die deutschen Steuerbehörden bisher lediglich von 1136 Namen. Für die etwa 1000 weiteren Kunden könnten die Enthüllungen nun wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung Ermittlungen nach sich ziehen.

Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) forderte in dem Bericht, gegen die Bank auch in Deutschland wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu ermitteln. Die Geschäftspraktiken müssten untersucht und gegebenenfalls „mit aller Härte“ bestraft werden. Gegen die Schweizer HSBC laufen bisher Ermittlungen in den USA, in Frankreich, in Argentinien, Spanien und Belgien.

Die „SwissLeaks“-Dokumente stammen von dem früheren HSBC-Mitarbeiter Hervé Falciani. Er hatte sie in der Schweizer Niederlassung entwendet und 2009 an die französischen Steuerbehörden übergeben. Laut Bundesfinanzministerium wurden die Daten 2010 an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt und unverzüglich an die zuständigen Länderfinanzbehörden weitergeleitet. Die für die Enthüllungen namens „SwissLeaks“ verwendeten Materialien zeigten jedoch nur die „Spitze des Eisbergs“, sagte Falciani der Zeitung „Le Parisien“. Die Journalisten hätten nicht Zugang zu allen Unterlagen gehabt. Darin seien auch „mehrere Millionen Transaktionen“ zwischen Banken aufgeführt, die zeigen könnten, was „unter dem Eisberg“ sein könnte.

Recherchen des internationalen Journalistenzusammenschlusses ICIJ zufolge soll die HSBC in der Schweiz Wohlhabenden weltweit bei Steuerhinterziehung oder Geldwäsche geholfen haben – darunter Schauspielern, Sportlern und Musikern, aber auch Industriellen, Waffenhändlern und Diktatoren. Wie Schweizer Medien berichteten, reisten Manager des Kreditinstituts zwischen 2004 und 2005 zu mehr als 1600 diskreten Treffen mit Kunden in aller Welt. Dabei seien Kunden auch beraten worden, mit welchen Geschäftsmodellen sie Steuern vermeiden könnten. HSBC, die größte Bank Europas, räumte die Vorwürfe de facto ein. Die Konten von Steuersündern seien geschlossen worden, die Bank konzentriere sich nun auf vertrauenswürdige Kundschaft. Dieser Schritt habe dazu geführt, dass 70 Prozent aller Konten aufgelöst wurden.