Reserved hat Zentrale in der Hansestadt bezogen und will jedes Jahr bis zu zehn Filialen in Deutschland eröffnen.

Hamburg. Ein Boden im dritten Stock in Hamburgs historischer Speicherstadt. Auf Sofas liegen Kissen, deren Bezug ehemaligen Kaffeesäcken gleicht. Daneben stehen Schaufensterpuppen, bestückt mit modischer Bekleidung für Männer, Frauen und Kinder. Die neue Hamburger Deutschland-Zentrale des polnischen Modehändlers „Reserved“ mutet wie ein junges Start-up an, doch hinter dem Unternehmen steht ein Konzern mit Milliardenumsatz. „Wir sind bereits in 13 Ländern aktiv“, sagt Deutschland-Chef Martin Kanngiesser. Zehn Jahre lang arbeitete er bei der Hamburger ECE, dem größten deutschen Betreiber von Shoppingcentern. Dann warb ihn der Danziger Modekonzern LPP ab. Das Unternehmern betreibt mit 18.000 Mitarbeitern in Europa 1500 Filialen für Bekleidung. Die Marke „Reserved“ ist das wichtigste der fünf Modelabels von LPP.

Mit Kanngiesser an der Spitze will die Marke künftig auch den deutschen Markt erobern. Vier Filialen gibt es bereits, unter anderem in Nordrhein-Westfalen. „Wir haben uns vorgenommen, jedes Jahr sieben bis zehn neue Geschäfte zu eröffnen“, sagt der Chef. Am liebsten würde er auch eine Filiale in bester Lage in Hamburg einrichten, doch bislang fand er keine passenden Flächen in der Innenstadt. „Unsere Geschäfte sind in der Regel rund 2000 bis 3000 Quadratmeter groß“, so Kanngiesser. Seine Mode beschreibt Kanngiesser als Mix zwischen der Modekette Zara und dem schwedischen Filialisten H&M. „Wir bieten Mode wie Zara an – zu Preisen wie bei H&M.“ Sweatshirts kosten zum Beispiel im Onlineshop ab 14,99 Euro aufwärts.

Eigentlich bräuchte es keine neuen Bekleidungsketten mehr in Hamburg und Deutschland. Der Markt ist gesättigt. „Reserved“ wird deshalb der zahlreichen Konkurrenz Kundschaft abjagen wollen. „Es geht beim Einkauf um ein Erlebnis, und das wollen wir den Kunden ermöglichen.“ Überall will Kanngiesser in den deutschen Läden Blickfänge bieten, durch das Design des Ladens und der Architektur. „Mit vielen gemütlichen Elementen, unterschiedlichen Bereichen und verschiedenen Möbeln, Teppichen oder Lampen setzen wir Akzente.“ Das Unternehmen hat eine „rollende Kollektion“, das heißt jede Woche kommt etwas neues in die Läden. In allen Häusern wird es Abteilungen für Damen, Kinder und Herren gebe. „Reserved“ ist das mit Abstand erfolgreichste Label des Konzerns und einer der weltweit am schnellsten wachsenden Modefilialisten. Seit 2005 hat sich die Zahl der Geschäfte fast verdreifacht. Der Umsatz stieg 2014 um 27 Prozent auf 1,243 Milliarden Euro. Die Aktie erlebte einen Höhenflug, wird an der polnischen Börse mit fast 2400 Euro bewertet. Beim Börsengang 2001 kostete sie noch 13 Euro.

Die beiden Unternehmensgründer, Marek Piechocki und Jerzy Lubianiec lernten sich Mitte der 1980er-Jahre bei ihrem Bauingenieur-Studium in Braunschweig kennen. Zurück in Polen, gründeten beide eine Gesellschaft für Bekleidungsimporte aus Fernost und der Türkei. Sie kauften in dem Land günstige Bekleidung und verkauften sie in Polen an Modebegeisterte. Die Metro Gruppe wurde auf sie aufmerksam und nahm ihre Bekleidung ins Sortiment auf. 1995 benannten die beiden Gründer ihre Marke in LPP um: Lubianiec, Piechoki und Partner. 1999 gründeten sie ihre erste Marke Reserved.

Auch heute halten die beiden Eigentümer noch mehr als die Hälfte an dem Unternehmen. „Reserved“ ist nicht nur Marktführer in Polen, sondern auch für die Hälfte des gesamten Umsatzes der Textilgruppe verantwortlich. „Die Expansion nach Deutschland ist aus unserer Sicht sehr naheliegend. Es ist unser Nachbarland, und es ist der größte Markt in Europa“, sagt Piechocki. „Wenn wir es in Deutschland schaffen, können wir es überall schaffen.“

Mit dem Engagement von Models wie Bianca Jagger und ihrer Tochter Georgia May Jagger versucht das Unternehmen seine Berühmtheit zu steigern und den Markteintritt in neue Länder zu erleichtern. Allein in diesem Jahr wollen die beiden Gründer rund 50 Millionen Euro in die Expansion in Deutschland stecken.

Die Hamburger Zentrale ist hingegen im ersten Schritt noch klein geraten. Während in den Läden bis Jahresende 700 Mitarbeiter beschäftigt werden sollen, sind es in der Hamburger Zentrale bislang nur fünf. „Wir werden noch einige Beschäftigte einstellen“, sagt Kanngiesser. Gesucht werden unter anderem ein Unternehmensjurist und ein Übersetzer.