EU-Kommissar Günther Oettinger plädiert auf Hamburger IT Strategietagen für einheitliche Regeln beim Datenschutz

Hamburg. Europa braucht nach Einschätzung von EU-Kommissar Günther Oettinger einheitliche Regeln beim Datenschutz und einen schnelleren Ausbau der Breitbandnetze, um bei der Digitalisierung nicht den Anschluss an die USA zu verlieren. „Wir müssen einen digitalen Binnenmarkt, eine digitale Union, schaffen“, sagte Oettinger am Donnerstag auf den Hamburger IT Strategietagen, zu denen sich noch bis einschließlich heute rund 700 Computerexperten großer Konzerne in der Hansestadt treffen.

„Europa ist heute nicht überzeugend aufgestellt, bei der Digitalisierung ist Amerika weit vorn“, kritisierte Oettinger, der seit Ende vergangenen Jahres in der EU-Kommission für die digitale Wirtschaft verantwortlich ist. Um international wettbewerbsfähig zu bleiben und für Investoren attraktiv zu sein, sei unter anderem eine europäische Datenschutzverordnung und damit eine Überwindung der fragmentierten Regelungen in den Mitgliedsstaaten erforderlich. Es könne nicht sein, dass ein Unternehmen, dass in der EU investiere, sich mit 28 unterschiedlichen Verordnungen befassen müsse. In der Praxis führe dies dazu, dass sich Firmen tendenziell dort ansiedelten, wo die Standards am niedrigsten seien.

Für die Harmonisierung wäre Oettinger auch bereit, die besonders hohen Datenschutzstandards in Deutschland abzumildern. „Mir sind etwas maßvollere, einheitliche Datenschutzregeln lieber als die reine Lehre, die in der Praxis nicht beachtet wird.“

Deutlichen Nachholbedarf sieht der EU-Kommissar auch bei dem Ausbau des schnellen Internets in Europa. In Deutschland führe ein „Kompetenzchaos ohne Ende“ dazu, dass die Ausstattung mit Breitbandverbindungen nicht im nötigen Maße vorankomme. Diese schnellen Leitungen seien aber notwendig, um von neuen Entwicklungen etwa im Gesundheitsbereich oder einer vernetzten Verkehrsinfrastruktur profitieren zu können.

Verbessern möchte Oettinger auch die digitale Kompetenz in der Bevölkerung. Um für mehr Fachkräfte im IT-Bereich zu sorgen, will der EU-Kommissar mit den Forschungsministern der Mitgliedsstaaten eine Vereinbarung über die Ausbildung zusätzlicher Informatiker treffen.

Vielen Computerexperten in den großen deutschen Konzernen geht die Entwicklung auf europäischer Ebene allerdings noch nicht schnell genug. So wurde Oettinger in Hamburg eine Erklärung überreicht, in der sich die IT-Verantwortlichen unter anderem für eine rasche Anpassung der Gesetzgebung und Rechtsprechung in Deutschland und in der EU an die Gegebenheiten der digitalen Welt aussprechen.

Der Hamburger Senat hatte Mitte Januar eine „Strategie Digitale Stadt“ beschlossen, die darauf abzielt, unterschiedliche Projekte von der digitalen Verwaltung über intelligente Verkehrssysteme bis hin zu einer Open Online University auf den Weg zu bringen. Im Rahmen der Online University sollen künftig Hochschullehrer ihre Lehr- und Lerninhalte kostenlos ins Internet stellen. Auf diese Weise sollen alle Bürger von neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen profitieren können, wie der Chef der Senatskanzlei, Christoph Krupp, auf den Strategietagen erläuterte. Der IT-Verantwortliche des Universitätsklinikums Eppendorf, Henning Schneider, gab darüber hinaus in seinem Vortrag einen Überblick darüber, wie die Einführung einer elektronischen Patientenakte die Arbeit am UKE verändert.

Die Hamburger IT Strategietage finden in diesem Jahr bereits zum 13. Mal statt. Die Experten aus Konzernen wie der Deutschen Bank, Lufthansa oder Munich Re setzen sich diesmal im Hotel Grand Elysée mit der Analyse großer Datenmengen („Big Data“), aber auch mit Cloud-Lösungen für große Unternehmen auseinander. Darüber hinaus geht es um Sicherheitsaspekte beim Einsatz von Smartphones und Tablets sowie um Anwendungsmöglichkeiten für Datenbrillen.