Arbeitgeber und Betriebsräte starten gemeinsame Aktion gegen Pegida. Hamburg brauche Zuwanderung

Hamburg. Während sich die Anhänger der islamkritischen Bewegung Pegida in zahlreichen deutschen Städten wie Berlin, Frankfurt und Braunschweig auf ihre abendliche Demonstration vorbereiten, findet im Hamburger Hafen an diesem Montagmorgen etwas völlig anderes statt: Mit hochgeschlagenen Mantelkragen hasten Männer durch den Schneeregen in den Seemannsclub Duckdalben neben den Containerterminals in Waltershof. Im Raum der Stille, wo sich die Seeleute verschiedenster Nationen Altäre nach ihrem jeweiligen Glauben eingerichtet haben, treffen sie sich. Männer in Anzügen mit Krawatte, andere in den leuchtenden Overalls der Hafenarbeiter an den Terminals.

Als sich alle versammelt haben und die Kameras eingeschaltet sind, ergreift Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, das Wort: „Die Hafenbetriebe und ihre Mitarbeiter haben angesichts dessen, was sich in Dresden und anderswo an fremdenfeindlichen Aktionen in Deutschland abspielt, gemeinsam die Idee für dieses Treffen gehabt“, sagt er. „Dass die USA eine Reisewarnung für Deutschland herausgegeben hat, dass wir immer öfter von Handelspartnern in aller Welt angesprochen werden, was bei uns in Deutschland los sei, das alles macht es erforderlich, ein Zeichen für Offenheit und Toleranz zu setzen. Ohne Zuwanderung aus anderen Ländern wäre Hamburg nicht die starke Handelsstadt geworden, die es heute ist“, sagte Bonz. Das gelte nicht nur für den Hafen. Pegida steht wiederum für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“.

Angefangen bei den Holländern, die im ausgehenden Mittelalter die Vier- und Marschlande für die Landwirtschaft nutzbar gemacht hätten, bis hin zu den Bürgerkriegsflüchtlingen aus Ex-Jugoslawien, die heute vor allem im Dienstleistungsgewerbe tätig sind, habe Hamburg immer von der Zuwanderung profitiert. „Und die Hansestadt wird auch in Zukunft darauf angewiesen sein“, so Bonz. „Stellen sie sich Hamburg ohne das Portugiesen-Viertel, ohne seine norwegische Gemeinde, oder ohne die starke chinesische Gemeinschaft vor, um wie vieles ärmer die Stadt dann wäre.“ Deshalb habe man sich im Duckdalben der Seemannsmission getroffen. „Ein Ort, an dem Offenheit und religiöse Toleranz gelebt wird.“

Ähnlich äußert sich Detlef Baade, Betriebsrat bei Eurogate: „Wir wenden uns gegen Pegida, weil bei uns im Hafen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus keinen Platz haben. Wir sind hier eine große multikulturelle Familie“, so Baade. Knapp 45 Prozent der Beschäftigten bei Eurogate hätten einen Migrationshintergrund, darunter Türken, Portugiesen, Italiener, Marokkaner und Polen. Beim Konkurrenten HHLA am Containerterminal Altenwerder (CTA) haben derzeit 18 Prozent der Mitarbeiter ausländische Wurzeln. „Wir haben sogar bei Einstellungen eine eigene Quote für Menschen mit Migrationshintergrund eingeführt, um ihnen die gesellschaftliche Teilhabe und die Integration zu erleichtern“, sagt der Betriebsratschef am CTA, Thomas Mendrzik.

Es ist die erste gemeinsame Aktion dieser Art von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in Hamburg. Zuletzt hatte Bundespräsident Joachim Gauck die Hamburger Kaufmannschaft bei den Feiern zum 350-jährigen Bestehen der Handelskammer aufgefordert, weiter ihre Weltoffenheit zu pflegen: „Ihre Hansestadt und unser Land haben erheblich profitiert von der Weltzugewandtheit Ihrer Vorfahren. Jede Generation ist aufs Neue offen gewesen für das andere, für das Fremde. So konnte Hamburg zum Knotenpunkt deutscher Beziehungen nach Übersee werden.“

Einer der Orte, wo diese Weltzugewandtheit sichtbar wird, ist der Seemannsclub Duckdalben. Seit 25 Jahren finden hier die vielen Seeleute, die täglich im Hafen ankommen, die Möglichkeit ihre Freizeit zu verbringen. Hier können sie bei Spielen entspannen, mit ihren Familien in der Ferne telefonieren, oder ihnen telegrafisch Geld anweisen. Zahlreiche ehrenamtliche Mitarbeiter helfen in vertraulichen Gesprächen, bei Problemen mit der Reederei oder dem Kapitän, bei Familienkonflikten oder bei plötzlichen Krankheitsfällen. Der Duckdalben wird von der deutschen Seemannsmission betrieben. Er wird durch die Nordkirche, die Hamburg Port Authority, durch private Spenden, und vor allem durch die Zuwendung von namhaften Hamburger Reedereien unterstützt.