Hamburger Unternehmen Foodloose wächst rasant und liefert seine Bioriegel an Sportler, Konzerne und 700 Läden.

Hamburg. Dass Ideen aus dem Silicon Valley zu einer Unternehmensgründung in Hamburg führen ist selten. Bei Katharina Staudacher war es so. 2009 machte sie ein Weiterbildungsstudium an der University of California in Berkeley. Und in der Heimat der Technologiekonzerne wie dem iPhone-Bauer Apple kam sie auf Trockenfrüchte und Nüsse, die sie in Form von Riegeln verkaufen wollte. „Heute sind wir auf dem Weg zu einer Million Euro Umsatz im Jahr“, sagt die Geschäftsführerin von Foodloose – doch der Reihe nach.

Um sich im Projektmanagement fortzubilden, ging die Betriebswirtin nach San Francisco. Für die Vorlesungen mischte sie sich in einem Biosupermarkt immer Mangos, Papayas, Kokos und Cashews, die dort einzeln erhältlich waren. „Meinen Mix haben mir die Kommilitonen immer weggegessen“, sagt sie. „Da dachte ich: Man braucht das in portionierter Form – aber ohne Zusatzstoffe.“ Mit den Studienkollegen aus aller Welt entwickelte sie Rezepturen. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit hospitierte sie bei einem Müsliriegelhersteller. Staudacher, die damals noch ihren Mädchennamen Loose trug, entwickelte einen Marketingplan für die Firma. Im Gegenzug zeigte ihr die Firmenchefin alles zum Thema Gründung. „Ich wollte sehen, ob eine eigene Firma etwas für mich ist. Es ist schon etwas anderes, wenn man aus einem großen Konzern kommt.“ Vor ihrem USA-Aufenthalt arbeitete sie bei Tchibo, danach auch – kurzfristig. Nach drei Monaten wollte sie ihre eigene Firma gründen.

Mitte 2010 war es so weit, Loose gründete ihr Unternehmen Foodloose. Über Großhändler bestellte sie ihre Waren. „Ich bin auf einer Waldorfschule gewesen und immer mit Bio aufgewachsen. Deshalb kam nur Bioqualität für mich infrage“, sagt sie. Auch die Biozertifizierung beantragte sie trotz viel Bürokratie umgehend. Im November wurde Quakenbrück zum Lebensmittelpunkt. Drei Wochen lang stand sie mit Mutter Sabine und Vater Wolf-Dietrich von 7 bis 23 Uhr in einem Lebensmittelinstitut. Das Trio warf Zutaten in Schüsseln, erhitzte den Agavendicksaft, der als natürliches Süßungsmittel ausschließlich benutzt wird, rührte Zutaten zusammen, rollte die Riegel aus und schnitt sie in Form. „Wir haben ohne Pause produziert. Am Ende hatten wir 4000 Riegel.“ Ein Lohnverpacker steckte sie in Folie und Karton. Unzählige andere waren für den Verkauf unbrauchbar, weil sie zerbrachen. Wenn beim Erhitzen des Agavendicksafts nicht die richtige Temperatur getroffen wird, haften die Zutaten nicht. Schließlich sind die Biosnacks frei von Zusatzstoffen, vegan, laktose- und glutenfrei.

Mit vier Sorten ging sie an den Start. „Jeder Riegel erinnert an eine Zeit oder eine Reise“, sagt Staudacher. Frisco Crisp mit Erdnüssen, Haselnüssen, Cranberries, Kürbiskernen, Äpfeln und Kakao an ihren Studienaufenthalt in Berkeley. Sahara Dragon mit Erdnüssen, Mandeln, Physalis, Drachenfrüchten und Ingwer an eine Wüstentour auf einem Kamel. Delhi Delight mit Erdnüssen, Cashews, Korinthen, Mangos, Ananas, Kokos und Curry an einen Trip nach Sri Lanka. Und Garden Gusto mit Erdnüssen, Paranüssen, Sauerkirschen, Aprikosen, Berberitzen, Sesam und Vanille an den Nachbargarten ihrer Kindheit: „Da habe ich mit meinem Bruder immer Sauerkirschen geklaut.“ Die ersten Riegel orderte der Kantinenchef ihres Ex-Arbeitgebers Tchibo. Drei Läden in Hamburg nahmen die Produkte sofort in ihr Sortiment auf. Ihre langjährige Studienfreundin Verena Ballhaus-Riegler ließ die Ware in drei Läden in Düsseldorf testen. Staudacher: „Nach drei Wochen war alles weg.“

Wieder ging es mit Mutter und Vater nach Quakenbrück, wieder stellten sie in drei Wochen 4000 Riegel her. Doch der Jungunternehmerin war klar: Sie braucht einen Produzenten. Im März 2011 fand sie ihn in Süddeutschland. „Innerhalb von 90 Minuten waren 10.000 Riegel fertig“, erinnert sie sich, wie sie über das Tempo staunte. Ballhaus-Riegler gab ihren Job als Verkaufsleiterin im Westen auf, zog nach Hamburg und stieg mit in die Firma ein. Messeauftritte und Klinkenputzen bei Geschäften und Cafés war angesagt. Der Durchbruch kam Anfang 2012, als das Reformhaus Engelhardt Interesse zeigte. „Das war die erste Kette, die wir belieferten.“ Über die Kontakte schafften sie die Aufnahme beim ersten Großhändler. Weil ihr Produzent Liefer- und Qualitätsprobleme hatte, verlagerten sie die Herstellung nach Griechenland. Nun käme die Ware pünktlich und in hervorragender Qualität.

Heute stehen die Riegel bei 700 Cafés und Läden in den Regalen. Die Eimsbüttler beliefern die Bioketten Alnatura, Den’s und Basic. Hotels und Konzerne wie Allianz, DaimlerChrysler sowie Otto ordern bei ihnen. Und selbst Weltmeister wie Manuel Neuer und Mario Götze beißen in die Hamburger Riegel: „Die Fußballprofis von Bayern München bekommen sie bei Auswärtsspielen“, sagt Ballhaus-Riegler. 2014 haben sie eine Million Riegel und Tüten mit Nüssen und Trockenfrüchten verkauft, die sie vor 18 Monaten ins Programm nahmen. 1,49 Euro verlangt der Handel meist für einen Riegel. Der Umsatz ist um 100 Prozent gewachsen und liegt noch unter der Millionenmarke. „Wir können davon leben“, sagt Staudacher über die Gewinnsituation. Der Großteil werde in die Firma gesteckt.

An der weiteren Expansion arbeitet das Unternehmen mit drei Angestellten. Jüngst wurde eine internationale Verpackung hergestellt. Die Inhaltsstoffe stehen auch auf Englisch, Niederländisch, Dänisch und Französisch auf der Folie. „Es wäre schon schön, wenn wir nach Frankreich noch in diesem Jahr liefern können“, sagt Ballhaus-Riegler. Doch zunächst warten für die Geschäftsführerinnen im Privatleben wichtige Veränderungen: Beide erwarten in Kürze ein Baby.