EZB flutet den Geldmarkt und setzt andere Notenbanken unter Druck. Viele Länder müssen Zinsen senken

New York. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich beim Währungsdumping lange zurückgehalten, nun geht auch sie in die Vollen. Von März 2015 bis September 2016 will die Notenbank jeden Monat Staats- und Unternehmensanleihen im Wert von 60 Milliarden Euro kaufen. Experten bewerten die Erfolgsaussichten des Programms skeptisch. Dafür könnte die Geldschwemme erheblichen Flurschaden anrichten, wenn sie in Wechselkursmanipulation und Abwertungswettläufe mündet.

Gary Cohn sprach es auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos offen aus: „Wir befinden uns in einem Währungskrieg“, sagte der Präsident und Vorstand der einflussreichen US-Investmentbank Goldman Sachs diese Woche beim Treffen der internationalen Machtelite in den Schweizer Bergen. „Einer der einfachsten Wege, die eigene Wirtschaft anzuschieben, ist es, die Währung aufzuweichen.“ Die Methode ist umstritten, doch in der Krise ein gängiges Mittel: Lahmt die Konjunktur, fluten Notenbanken die Märkte mit Geld, um die eigene Währung abzuwerten und die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Exporte zu stärken. Mit ihrem Anleihenkaufprogramm ist auch die EZB endgültig im Club der Währungsdrücker angekommen. Japan, Großbritannien und die USA hatten solche Radikalmaßnahmen schon früher ergriffen.

Am Devisenmarkt hat die Geldspritze der EZB bereits stark gewirkt. Der Euro fiel mit knapp 1,12 Dollar auf den tiefsten Stand seit mehr als elf Jahren. Ob das den Krisenländern viel bringt? Ein großer Teil des Handels mit dem Euro findet im Euro-Raum statt, dadurch wird der Wechselkurseffekt gedämpft. „Insgesamt machen die Ausfuhren nur 20 Prozent der Wirtschaftsleistung aus“, erklärt Professor Francesco Giavazzi von der Mailänder Wirtschaftsuniversität Bocconi.

Dafür bringt die Geldflut andere Notenbanken unter Druck. In Indien, Peru, der Türkei, Ägypten und Kanada wurden zuletzt bereits überraschend die Zinsen gesenkt. Als größtes Opfer der EZB gilt bislang die Schweizer Nationalbank. Weil abzusehen war, dass der sichere Hafen Schweiz nicht mehr lange gegen die Fluten von Billiggeld zu verteidigen sein würde, entkoppelte sie den Franken vom Euro. Nun würgt die starke Währung die Wirtschaft ab.

Wie brisant die Lage an den Devisenmärkten derzeit ist, wurde jüngst deutlich, als Dänemarks Notenbank Gerüchte dementieren musste, auch der Kurs der Krone könne vom Euro gelöst werden. In kleineren Volkswirtschaften, insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern mit offenem Kapitalverkehr, können Geldfluten Verwüstung anrichten. Das hat beispielsweise die Asienkrise 1997 gezeigt. Doch auch in hoch entwickelten Staaten kann zu viel billiges Geld enorme Schäden durch Kreditblasen verursachen – wie beim Subprime-Crash 2008.

Wie werden die anderen Notenbanken auf die EZB reagieren? Der starke Dollar ist der US-Wirtschaft nicht willkommen. Beobachter zweifeln bereits, ob die Fed in diesem Jahr wirklich erstmals seit der Finanzkrise die Leitzinsen erhöhen wird. In Großbritannien scheint eine Straffung der Geldpolitik sowieso erst einmal kein Thema mehr. Japan tut sich schwer, seine Wirtschaft aus der Lethargie zu befreien, und China muss den Abschwung abfedern – deshalb sind Lockerungen gut möglich.