Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, stellt im Hamburger Übersee-Club die Wirtschaft der Zukunft vor

Hamburg. Wie faszinierend die Zukunft des Einkaufens werden könnte, erläuterte Professor Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, im Hamburger Übersee-Club. „Es wird keine Geheimzahlen für Kartenzahlung mehr geben. Wir gehen davon aus, dass wir im Supermarkt mit unseren Augen bezahlen können“, sagte Neugebauer. Ein Scan der Iris plus möglicherweise das Auflegen der Hand auf einen Sensor werde zum neuen Bezahlmodell. Der Internethandel werde mit speziellen Handschuhen arbeiten, mit denen Kunden auf dem Monitor die Struktur von Produkten erfühlen könnten. Auch das Beratungsgeschäft werde interaktiver und die automatische Übersetzung entwickele sich weiter.

Neben solchen Neuerungen im Einkaufsgeschäft sind steigende Cyberkriminalität, höhere Anforderungen an die Medizin und eine notwendige Produktionssteigerung bei weniger Ressourcen nur einige Szenarien, auf die sich Hamburg in den kommenden Jahren einstellen muss. Das sind Erkenntnisse, die Neugebauer aus den Forschungen seiner Institute zieht, und die er im Übersee-Club vorstellte. Die Fraunhofer-Gesellschaft ist europaweit die größte Organisation für angewandte Forschung.

Neugebauer zeigte Herausforderungen für die Wirtschaft auf, stellte aber auch möglicherweise neue Chancen für Hamburg vor. „Hamburg war durch den Handel schon früher der Schlüssel für Deutschlands Zugang zur Globalisierung.“ Die Stadt sei auch in der Produktion vergleichsweise stark. „Jeder siebte Hamburger arbeitet in der Industrie.“ Wichtig sei, den demografischen Wandel im Blick zu behalten. „In 50 Jahren wird jeder dritte Hamburger über 60 sein.“ Investitionen in die medizinische Versorgung seien nötig. Die wachsende Weltbevölkerung verlange eine Steigerung des Produktionsvolumens. „Auch der Güterumschlag wird extrem steigen“, sagte Neugebauer mit Blick auf die Hafenlogistik.

Auch die Stadt selbst könnte sich bis 2030 stark verändern. Pendler, die täglich zu Produktionsstätten weit außerhalb fahren, verursachten Emissionen. „Wenn eine Produktionsstätte nicht mehr Emissionen verursacht als ein Bürohaus, warum sollte man sie dann nicht nah an die Stadt verlagern?“, fragte Neugebauer, der erklärte, dass sich die Mobilität ohnehin verändern werde. Als Beispiel für sogenannte forschungsintensive Waren, die an Bedeutung gewinnen, nannte er Systeme für autonomes Fahren. „Das wird auch ein Thema für die Seefahrt sein.“

Forschungsintensive Waren bedürften erhöhter Sicherheit. „In keinem Land gibt es mehr Hacker-Angriffe als in Deutschland. Wissen und Information werden mehr denn je zur eigentlichen Ware.“ Fraunhofer arbeite auch an Systemen, die den Handel besser vor Piraterie schützen sollten.

Neugebauer wies mehrfach auf die Chancen hin, die neue Produktionsfelder Hamburg böten. Die Entwicklung eines erfolgreichen Standortes beginne an den Hochschulen: „Kommende Generationen sollen aus Gestaltern bestehen, nicht nur aus Usern.“