Zins-Tief beflügelt das Geschäft: Der Umsatz mit Gemälden und Skulpturen steigt weltweit auf 14 Milliarden Euro. Hamburger Galerien profitieren.

Hamburg. Die jüngste Eröffnung der Metropolitan Gallery in der HafenCity mit einem illustren Publikum und großem Beifall für die Werke, das verstärkte Interesse von jüngeren Käufern und die Einsicht, dass auf dem Tagesgeldkonto die Zinsen so niedrig sind wie lange nicht mehr, beflügeln den Kunstmarkt in Hamburg. Für Aufsehen sorgt in diesen Tagen aber auch die Meldung über das gewaltige Volumen des internationalen Handels mit Gemälden oder Skulpturen.

Kunstwerke von Andy Warhol waren 2014 auf Auktionen am gefragtesten bei Sammlern. Vor allem der stärkere Wettbewerb im teuersten Segment des Markts trieb den weltweiten Umsatz mit Kunst nach oben. Insgesamt kauften Sammler 1295 Arbeiten von Warhol für insgesamt 653,2 Millionen Dollar, umgerechnet 547,8 Millionen Euro. Auf den Plätzen zwei und drei folgten Pablo Picasso und Francis Bacon, wie aus vorläufigen Zahlen von Artnet hervorgeht. Der Umsatz auf den Auktionen weltweit stieg um zehn Prozent auf 16 Milliarden Dollar (rund 14 Milliarden Euro). Damit hat sich der Umsatz mit Kunst gegenüber den 6,3 Milliarden Dollar des Jahres 2009 mehr als verdoppelt.

„Die Gesamtsumme ist weniger ein Indikator für den Kunstmarkt als für das globale Vermögen“, sagt Jeff Rabin, Eigentümer der Beratungsfirma Artvest Partners in New York. „Es hat keinen bedeutenden Anstieg bei der Zahl der verkauften Kunstwerke gegeben. Es hat einen Preisanstieg am obersten Ende gegeben.“ Schließlich haben steigende Kurse an den Finanzmärkten das Vermögen der Reichsten der Welt noch vergrößert.

Vermögendste Milliardäre stocken Reichtum kräftig auf

Die 400 vermögendsten Milliardäre haben ihren Reichtum 2014 um 92 Milliarden Dollar aufgestockt auf ein Nettovermögen von zusammen 4,1 Billionen Dollar. Das geht aus der Rangliste Bloomberg Billionaires Index hervor. Gebote für Werke der begehrtesten Künstler waren für einen Großteil des Umsatzanstiegs auf den Auktionen verantwortlich, wie Rabin erläutert.

Auch in Hamburg verändert sich der Markt: „Es engagieren sich vermehrt jüngere Kunden im Alter um die 40“, sagt Mathias Güntner, Sprecher des Landesverbandes der Hamburger Galerien. Die weiterhin vorhandene Skepsis gegenüber Aktien und der Glaube, dass der Besitz von Kunst das gesellschaftliche Standing beeinflusst, beflügele den Markt. Dennoch fänden sich in Hamburg, gemessen an der Kaufkraft, nur wenige wirkliche Sammler von der Ernsthaftigkeit etwa eines Harald Falckenberg, sagt Güntner, der auch Eigentümer der Galerie Mathias Güntner in der Admiralitätstraße ist.

„Ein sehr großes Interesse an Kunst und weltoffene, international geprägte Menschen“ bescheinigt Gregor Bröcker seiner neuen Wirkungsstätte in Hamburg. Bröcker betreibt Gregs Gallery in Timmendorfer Strand und hat jüngst gleich zwei Galerien unter einem Dach in der HafenCity eröffnet. „Wir denken, dass wir mit der Metropolitan Gallery eine Lücke füllen und genau diese Gruppe ansprechen“, sagt der Kunstkenner über seine Ausstellung in den von Stararchitekt Richard Meier entworfenen Räumen. Bröcker vertritt unter anderem die katalanische Malerin Lita Cabellut. „Ich habe drei Jahre lang um sie gekämpft; bis dato vertrete ich sie in Deutschland exklusiv“, sagt Bröcker über die Malerin, deren Werke auf internationalen Auktionen zuletzt hohe Preise erzielt haben.

Im vergangenen Jahr stach bei den renommierten Anbietern besonders der heiße Herbst hervor: Während zweier Auktionswochen im November wurden in New York Kunstwerke für 2,3 Milliarden Dollar versteigert. Darunter war am 12. November ein Abend, an dem Christie’s 75 zeitgenössische Arbeiten für die Rekordsumme von 852,9 Millionen Dollar weiterverkaufen konnte. „Diese Gesamtsumme für weniger als 100 Werke an einem Abend ist außergewöhnlich“, sagt Rabin.

Mit 16 Milliarden Dollar war der Kunstumsatz 2014 der zweithöchste aller Zeiten nach 2011 mit 16,3 Milliarden Dollar. Die endgültigen Zahlen, die in den nächsten Tagen veröffentlicht werden, könnten noch höher liegen und einen neuen Rekord markieren. Private Kunstverkäufe sind darin nicht enthalten.

Andy Warhols „Triple Elvis“ bringt 81,9 Millionen Dollar

Zu den teuersten Werken zählten zwei Bilder von Andy Warhol: „Triple Elvis“ aus dem Jahr 1963 wurde für 81,9 Millionen Dollar verkauft, „Four Marlons“ von 1966 für 69,6 Millionen Dollar. Picasso kam mit 2820 verkauften Arbeiten für 448,7 Millionen Dollar auf den zweiten Platz. Bacon, Richter und Mark Rothko lagen auf den nachfolgenden Plätzen. Zwei chinesische Künstler, Qi Baishi, bekannt für Bilder von Shrimps, Fischen und Fröschen, sowie Zhang Daqian, berühmt für seine Landschaftsbilder, kamen auf die Plätze sechs und neun. Das teuerste Kunstwerk war die Bronze-Skulptur „Chariot“ von Alberto Giacometti, die im November für 101 Millionen Dollar bei Sotheby’s einen neuen Käufer fand.

Experten beurteilen die steigenden Preise mit gemischten Gefühlen, sind aber optimistisch: „So sehr die Fachwelt fragt, wann hier ein Zenit erreicht ist und ob es sich gar um eine Kunstmarktblase handelt, die zu platzen droht, so stabil erscheint der Trend, dass wirklich außergewöhnliche Gemälde aus der Zeit zwischen 1950 und etwa 2010 zunehmend häufiger zweistellige Millionenbeträge erzielen, weil sie weltweit, in Europa, Asien, den USA und Lateinamerika, gleichermaßen gefragt sind“, sagt Peter Raskin, Leiter des Private Banking der Berenberg Bank. Einige Käufer suchten ihr Glück derzeit im besonders jungen Segment, wo deutlich mehr spekuliert wird als bei den großen Namen, sagt Raskin. So versuchten die Auktionshäuser, Bilder sehr junger Künstler, zum Beispiel des 1986 geboren Kolumbianers Oscar Murillo, zu hohen sechsstelligen Summen zu verkaufen. Und das gelinge, so Raskin, „seit rund 24 Monaten ebenfalls erstaunlicherweise sehr erfolgreich“. Empfehlenswert sei bei Kunstkäufen „eine gute Mischung aus Leidenschaft und Ruhe, aus hoher Kenntnis und einem Auge, das trainiert sein sollte“. Auch wenn im vergangenen Jahr einige Sammler erstaunliche Verkaufserlöse erzielen konnten, garantiert ist ein Geldsegen in dem Markt nicht, sagt Raskin: „Eine ganz und gar sichere Anlageform ist die bildende Kunst nicht.“