Immer mehr Hobby-Skipper nutzen Schiffe als Wochenendhaus auf dem Wasser. Und: kleine Sportboote sind Trend. Mit bis zu 15 PS können sie ohne Führerschein bewegt werden. Branche erwartet 2015 gute Geschäfte.

Hamburg. Ein Schiff ist ein Wasserfahrzeug. So steht es in den einschlägigen Nachschlagewerken. In vielen Häfen gerät diese Definition mittlerweile aber heftig ins Wanken. Denn die dort abgestellten Boote und Yachten werden kaum noch bewegt. Das jedenfalls meldet der Bundesverband Wassersportwirtschaft (BVWW) im Vorfeld der Messe „Boot“ in Düsseldorf, die mit rund 1700 Ausstellern als größte Schau ihrer Branche gilt. Auf nur noch 50 bis 60 Stunden schätzt BVWW-Geschäftsführer Jürgen Tracht die durchschnittliche Fahrzeit von Motorbooten. Tendenz sinkend. Ältere Bootseigner zum Beispiel seien sogar nur noch 20 bis 30 Stunden auf dem Wasser unterwegs.

Das allerdings bedeutet nicht, dass die Schiffe weniger genutzt werden. Im Gegenteil: je älter die Eigentümer, desto mehr Zeit verbringen sie an Bord. Auch ohne Ausfahrt. „Ältere Bootseigner verlegen ihren Lebensmittelpunkt oft für zwei bis drei Monate im Jahr aufs Schiff“, berichtet Tracht. Die Boote würden dann als eine Art Wochenendhaus auf dem Wasser genutzt.

Davon profitiert die Wassersportindustrie. „Dieser Trend beflügelt das Ausrüstungsgeschäft“, sagt Tracht. Denn die Schiffe würden für den Aufenthalt an Bord aufgerüstet: mit bequemen Betten statt enger Koje, mit seniorenfreundlichen Sanitäranlagen, mit Multimedia- und Entertainmentausrüstungen oder mit zusätzlicher Sicherheitstechnik. Entsprechend zufrieden seien derzeit die Ausrüster. Und nicht nur die. 2014 war für nahezu die gesamte Wassersportindustrie ein gutes Jahr. „Deutschland hat mit Abstand die beste maritime Konjunktur in ganz Europa“, so Tracht. Und tatsächlich waren hierzulande die Umsätze allein im Geschäftsfeld Tauchen rückläufig. Unterm Strich ist der Wassersportmarkt laut BVWW um 1,7 Prozent auf knapp 1,8 Milliarden Euro gewachsen.

Und dieser Aufwärtstrend soll sich 2015 fortsetzen. „Das Jahr wird gut“, nennt Tracht das Ergebnis einer Verbandsumfrage. Danach glauben fast 81 Prozent der rund 4500 Branchenbetriebe in Deutschland an eine gleich gute oder bessere geschäftliche Entwicklung. Konkret erwartet die Branche ein Plus von drei Prozent.

Mittleres Luxus-Segment läuft ebenfalls gut

Von den Umsätzen aus der Zeit vor der Finanzkrise ist die Wassersportwirtschaft aber auch dann noch weit entfernt. „Ich glaube auch nicht, dass wir diese Werte je wieder erreichen“, meint Tracht. Damals kamen die maritimen Unternehmen auf Umsätze von fast zwei Milliarden Euro – zuzüglich dreistelliger Millioneneinnahmen aus dem Bau von sogenannten Superyachten, also Schiffen mit mindestens 30 Metern Länge. Im Zuge der Finanzkrise ist dieser Markt fast komplett zusammengebrochen – und hat sich bis heute nicht erholt. Nicht mal der Gebrauchtmarkt funktioniert in diesem Segment noch. „Im Mittelmeer liegen etliche dieser Schiffe und stehen für weit weniger als die Hälfte des Neupreises zum Verkauf“, berichtet Jürgen Tracht.

Gute Geschäfte macht die Branche dagegen im mittleren Luxussegment, also mit Schiffslängen von 20 bis 30 Metern. Die Käufer kommen dabei vorwiegend aus dem Ausland. So stiegen die Ausfuhren der heimischen Segelbootindustrie im ersten Halbjahr 2014 nach Stückzahlen um gut sechs Prozent, wertmäßig sogar um 14,5 Prozent. In Deutschland dagegen sind derzeit vor allem kleinere Boote gefragt. Laut BVWW liegt die durchschnittliche Schiffslänge hierzulande aktuell bei rund sieben Metern. Wohl auch, weil das Einsteigersegment wieder boomt, seit vor zwei Jahren die Führerscheinfreigrenze angehoben wurde. Seither können Schlauchboote und kleine Sportboote bis 15 PS ohne Führerschein bewegt werden.