Weltgrößtes Containerschiff „CSCL Globe“ macht erstmals in der Stadt fest. Anteil des Fernost-Handels wächst. Branche drängt auf Elbvertiefung angesichts immer größerer Frachter

Hamburg. Am Ende ist es erstaunlich, dass auch dieses Schiff sicher und fast pünktlich in Hamburg festmacht. Wie oft schon waren Zweifel aufgekommen, ob Frachter mit solchen Dimensionen den Hafen wohl noch erreichen können, ohne dass die Fahrrinne der Elbe zuvor vertieft und verbreitert wird. Ohne jede sichtbare Beeinträchtigung machte die „CSCL Globe“ der Reederei China Shipping, justiert von vier Schleppern, am Dienstag um kurz nach 9.00 Uhr am Containerterminal von Eurogate fest – es ist der erste Anlauf des derzeit weltgrößten Containerschiffes in Hamburg. Ein Schiff, größer als ein Häuserblock, 400 Meter lang, 59 Meter breit, mit einer Ladekapazität von 19.100 Containereinheiten (TEU). Gut 40 Meter tief schaut man vom offenen Ausleger der Brücke hinab auf die Elbe. „Die Größenentwicklung bei den Containerschiffen ist atemberaubend“, sagte Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos), gelernter Schiffbauer, der die „CSCL Globe“ am Vormittag besuchte.

Tatsächlich war der Anlauf des Frachters in Hamburg eine logistische Meisterleistung aller Beteiligten. Nautiker der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) und Lotsen hatten die Premiere am Schiffsimulator geübt, der Terminalbetreiber Eurogate bereitete sich ebenso akribisch auf das Ereignis vor wie die Reederei China Shipping. Die Sturmlage über der Nordsee während der vergangenen Tage brachte den Fahrplan der „CSCL Globe“ durcheinander wie auch die Ankunfts- und Abfahrtszeiten anderer Schiffe. Doch China Shipping, das für Dienstagmorgen im Rahmen der Jungfernfahrt zur Vorstellung des Schiffes geladen hatte, holte verlorene Zeit auf Nordsee und Elbe wieder herein.

Der Erstanlauf des Schiffes in Hamburg hat hohen Symbolwert. Die Reederei China Shipping demonstriert damit ihre Treue zur Hansestadt. „Unsere Kunden wollen die Ladung über Hamburg geführt haben“, sagte Yu Zenggang, Vice President der China Shipping Group in Shanghai, am Dienstag bei Eurogate,. „Für uns ist Hamburg der entscheidende Hafen in den Verkehren von und nach Zentral- und Osteuropa.“ Hamburg ist Nordeuropas wichtigster Verbindungshafen für den Chinahandel, und dessen Anteil in der Hafenbilanz der Hansestadt wächst stetig. „Wir gehen für den Containerverkehr mit China davon aus, dass wir 2014 die Marke von drei Millionen TEU erreicht haben“, sagte Axel Mattern, Vorstand von Hafen Hamburg Marketing (HHM). Damit hätte der Chinahandel einen Anteil von fast einem Drittel am gesamten Containerumschlag in Hamburg.

Die Umweltverbände, die gegen die geplante Vertiefung und Verbreiterung der Elbfahrrinne klagen, ziehen aus den Anläufen von Großschiffen völlig andere Schlüsse als die Hafenwirtschaft. Zum einen, argumentieren sie, kommen die heutzutage größten Schiffe trotz stark gewachsener Abmessungen noch immer die Elbe hinauf und hinunter. Nicht der aktuelle Tiefgang sei bei einem Schiff wie der „CSCL Globe“ der kritische Faktor, sondern vor allem der Wendekreis am Waltershofer Hafen, kommentierte der BUND den Erstanlauf des Schiffes. Die Manövrierfläche sei für die heutigen Schiffsgrößen nicht mehr ausreichend. Zudem könne Hamburg beim absehbaren weiteren Größenwachstum der Schiffe in den kommenden Jahren irgendwann ohnehin nicht mehr mithalten.

Die Hafenwirtschaft und die Reedereien stellen dem entgegen, dass Hamburg gerade für die Chinaverkehre immer attraktiver werde, auch wegen seiner engen Bahnanbindungen nach Mittel- und Osteuropa. Speziell auf den Fernostrouten aber wachsen die Schiffsgrößen ungestüm. „Ein weiterhin wachsender Containerverkehr und der zunehmende Einsatz besonders großer Containerschiffe im Chinaverkehr verdeutlichen inzwischen dramatisch, dass wir auf die Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe nicht noch länger warten können“, sagte HHM-Vorstand Mattern. „Die Fahrrinnenanpassung muss unbedingt 2015 beginnen.“ China-Shipping-Manager Yu ergänzte: „Diese besonders für die Großcontainerschiffe wichtigen Baumaßnahmen sind auch für unsere Kunden, die auf Hamburg setzen, von großer Bedeutung.“

Schiffe wie die „CSCL Globe“ können Hamburg nur teilweise beladen erreichen und wieder verlassen. Aus Hamburg mit der Flut ausgehend, dürfen Schiffe heutzutage 13,50 bis 13,80 Meter Tiefgang haben, abhängig auch von der allgemeinen Wind- und Wetterlage. Mit der Vertiefung der Fahrrinne sollen ausgehend künftig auf der Flut 14,50 Meter möglich sein. Voll beladen haben Schiffe wie die „CSCL Globe“ bis zu 16 Meter Tiefgang. Aus Hamburg ausgehende Großschiffe sind auf die Flut angewiesen. Doch zwischen Hamburg und Glückstadt herrscht obendrein auch eine Breitenbegrenzung: Schiffe, die einander passieren, dürfen insgesamt nicht breiter als 90 Meter sein. Durch eine Verbreiterung der Elbfahrrinne vor Hamburg sollen die derzeit für die besonders großen Frachter erzwungenen Einbahnverkehre beseitigt werden. Nur so können die Tiden künftig effektiv genutzt werden. Denn immer mehr Schiffe mit 50 und mehr Metern Breite laufen Hamburg an.

Die Umweltverbände BUND und Nabu hatten die Erweiterung der Fahrrinne 2012 beim Bundesverwaltungsgericht beklagt und die Umsetzung des Planungsbeschlusses gestoppt. Derzeit befasst sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg mit der Präzisierung des europäischen Gewässerrechts. Auf dieser Grundlage muss das höchste deutsche Verwaltungsgericht in Leipzig abschließend über die Verbreiterung und Vertiefung der Elbe entscheiden. „Das Bundesverwaltungsgericht hat deutlich gemacht, dass unser Planfeststellungsbeschluss grundlegend in Ordnung ist“, sagte Wirtschaftssenator Horch auf der „CSCL Globe“ den dort versammelten Managern von China Shipping. „Die Richter haben keinen Zweifel daran gelassen, dass die Erweiterung der Fahrrinne wirtschaftlich notwendig ist. Und das Gericht hat ausgeführt, dass die noch bestehenden Bedenken mit Blick auf das Planungsrecht ausgeräumt werden können.“

Wie auch immer das Verfahren um die Elbvertiefung ausgeht: Die Reedereien werden in den Fernostverkehren wohl noch größere Containerschiffe einsetzen als heutzutage. Die Branche wartet bereits auf die ersten Orders für Schiffe mit 20.000 oder gar 22.000 TEU Kapazität. Die würden zunächst wohl vor allem mehr in die Breite gehen und mit noch höherer Ladung fahren. Die „CSCL Globe“, auf deren Deck sich bis zu neun Lagen Container stapeln können, darf Eurogate in Hamburg nur mit maximal acht Lagen auf Deck anlaufen, mehr lassen die Containerbrücken nicht zu. Die Rekordjagd nach immer mehr Größe ist auch ein Wechselspiel von Auf- und Nachrüstung zwischen Reedereien, Hafenverwaltungen und Terminalbetreibern. Wer dabeibleiben will, muss investieren. Den Drehkreis in Waltershof will die HPA von derzeit rund 500 Metern Durchmesser demnächst auf 600 Meter erweitern.