Weltgrößtes Containerschiff „CSCL Globe“ erreicht heute Hamburg. Herausforderung für Terminals und Logistiker. Kapazität der Frachter steigt weiter

Hamburg. Das weltgrößte Containerschiff „CSCL Globe“ der Reederei China Shipping soll den Hamburger Hafen am heutigen Dienstag gegen 8.30 Uhr erreichen und am Eurogate-Terminal in Waltershof festmachen. Das Schiff läuft die Hansestadt auf seiner Jungfernfahrt an. Die „CSCL Globe“ mit rund 400 Metern Länge und 19.100 Containereinheiten (TEU) Kapazität bleibt bis Mittwochnachmittag in Hamburg. Anbieter wie Maritime Touren bieten Hafenrundfahrten zu dem Schiff an. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Erstanlauf.

Wie kommt die „CSCL Globe“ auch ohne Elbvertiefung nach Hamburg?

Die „CSCL Globe“ kommt mit einem Tiefgang von 12,80 Metern nach Hamburg. Mit diesem Tiefgang können Schiffe die Unterelbe unabhängig von der Tide befahren. Der maximale Tiefgang der „CSCL Globe“ bei voller Beladung beträgt 16 Meter. Das Schiff hat auf der Fahrt die Elbe hinauf nur rund die Hälfte seines maximal möglichen Ladegewichts an Bord. Das ist eine erhebliche ökonomische Einschränkung für die Reedereien, die solche Großschiffe betreiben. Unter Nutzung der Flutwelle können Schiffe heutzutage mit maximal 15,1 Metern Tiefgang nach Hamburg kommen, ausgehend beträgt der maximal mögliche Tiefgang 13,80 Meter. Mit der geplanten Vertiefung der Elbe sollen Schiffe tideabhängig mit bis zu 14,50 Meter aus Hamburg auslaufen können. Aus nautischer Sicht ist obendrein auch die Breite ein Problem. Zwischen Glückstadt und Wedel dürfen Schiffe im Begegnungsverkehr nur eine maximale Gesamtbreite von derzeit 90 Metern haben. Die „CSCL Globe“ ist 58,6 Meter breit und darf deshalb die meisten größeren Schiffe auf dieser Strecke nicht passieren, es herrscht quasi Einbahnverkehr. Zwischen Glückstadt und Blankenese soll die Elbfahrrinne verbreitert werden, unter anderem auf einer Begegnungsstrecke von geplanten 385 Metern Breite zwischen Lühesand und Blankenese.

Wie entwickeln sich die Größen und Kapazitäten bei den Containerfrachtern?

Die Zeitspannen, in denen Reedereien ihre Rekorde halten können, werden immer kürzer. Die „Emma Mærsk“ war von 2006 bis 2012 das weltgrößte Containerschiff mit rund 15.000 TEU Kapazität, 398 Metern Länge und 57 Metern Breite. Sie wurde abgelöst von der „CMA CGM Marco Polo“ (16.000 TEU), diese wiederum 2013 von der „Mærsk McKinney Møller“ (18.270 TEU). Nun kommt die „CSCL Globe“. In Südkorea wird unterdessen bereits die neu gebaute „MSC Oscar“ für den Liniendienst vorbereitet. Sie hat laut Reederei MSC 19.200 TEU Kapazität. Das Größenwachstum wird sich nach Einschätzung von Experten in den kommenden Jahren fortsetzen: „Ich bin absolut überzeugt davon, dass es bald Schiffe mit mehr als 20.000 Containereinheiten Kapazität geben wird. Auch eine Annäherung an 30.000 halte ich für denkbar“, sagt Thomas Knudsen von MAN Diesel&Turbo, dem führenden Hersteller von Schiffsmotoren. „Die Größe der Schiffe wird nicht durch Restriktionen bei ihrem Bau und Betrieb beschränkt werden, sondern von ihren Zugangsmöglichkeiten zu den wichtigsten Schifffahrtsstraßen. Der Suezkanal oder die Straße von Malakka setzen insofern eher Limits als die statischen Berechnungen der Schiffsingenieure.“

Was treibt den Größenwettlauf in der Containerschifffahrt an?

Je größer das Schiff, desto geringer die Transportkosten je Container – diese Gleichung ergibt sich vor allem aus den Brennstoffkosten für die Schiffe. Obwohl die Frachter in den vergangenen Jahren deutlich mehr Transportkapazität aufweisen, wurden ihre Motorisierung und ihr Verbrauch im Vergleich zu den Spitzenwerten wieder deutlich reduziert. Vor allem deshalb, weil sie mittlerweile mit geringeren Marsch- und Spitzengeschwindigkeiten fahren. Die „Emma Mærsk“ und ihre Schwesterschiffe sind mit jeweils 109.000 PS starken Hauptmaschinen von Wärtsilä ausgestattet, den stärksten Kolbenmotoren, die bislang je zum Einsatz kamen. Die größere „CSCL Globe“ und ihre Schwesterschiffe werden von MAN-Maschinen mit je rund 77.000 PS vorangebracht. „Die wichtigste Triebkraft für neue Schiffe bei den Reedereien ist derzeit Energieeffizienz und bei den Containerschiffen vor allem auch die Größe“, sagt Tor E. Svensen, Vorstandsvorsitzender der führenden Schiffsklassifizierungsgesellschaft DNV GL Maritime mit Sitz in Hamburg.

Was bedeutet der Erstanlauf der „CSCL Globe“ für Hamburg?

Die Zahl der Containerschiffe mit mehr als 10.000 TEU Kapazität, die nach Hamburg kommen, nimmt ständig zu. Im ersten Halbjahr 2014 waren es rund 250 gegenüber 190 in den ersten sechs Monaten 2013. Für die Hafenlogistiker bedeutet das extreme Anstrengungen: Zur Abfertigung der riesigen Schiffe bleiben – wegen der nautischen Restriktionen beim Ein- und Auslaufen – nur sehr kleine Zeitfenster. An einem Schiff wie der „CSCL Globe“ werden innerhalb von 72 Stunden bis zu 8000 Container be- und entladen. China Shipping und andere Reedereien schicken ihre Flaggschiffe jedoch weiterhin nach Hamburg, weil die Hansestadt das wichtigste Drehkreuz für den Handel zwischen China und Nordeuropa ist – und weil die Reedereien für die geplante Fahrrinnenanpassung werben. „Der Erstanlauf der ,CSCL Globe‘ ist für uns ein besonderer Moment, auf den sich alle Beteiligten – Reederei, Lotsen und unsere Kollegen in der Nautischen Zentrale – akribisch vorbereitet haben“, sagt Jens Meier, Chef der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA). „In zahlreichen Gesprächen mit der Reederei ist immer wieder das Vertrauen in Hamburg und unsere gute Partnerschaft deutlich geworden.“

Beeinflusst die Vielzahl großer Schiffe das Verfahren zur Elbvertiefung?

Ob die geplante Verbreiterung und Vertiefung der Elbfahrrinne rechtskonform ist, müssen zwei Gerichte entscheiden: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legt voraussichtlich im Frühjahr Präzisierungen zum europäischen Gewässerrecht vor. Auf dieser Basis muss das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig abschließend über das Planungsrecht der HPA und des Bundes befinden. Die Umweltorganisationen BUND und Nabu hatten das Planfeststellungsverfahren 2012 beklagt und die Umsetzung gestoppt. Bei der Anhörung im Juli 2014 machten die Leipziger Richter deutlich, dass sie den nautischen Bedarf für die Verbreiterung und Vertiefung der Elbfahrrinne anerkennen. Offen ist aber, ob das Projekt in Einklang mit dem europäischen Umwelt- und Gewässerrecht gebracht werden kann. Immer mehr Großschiffe jedenfalls verschärfen den Wettbewerb zwischen den Häfen an der Nordsee. „Ein Ende der Größenentwicklung bei den Schiffen ist nicht abzusehen“, sagt Professor Carlos Jahn vom Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen (CML) in Harburg. „Die Häfen ziehen mit, wenn sie im Wettbewerb bestehen wollen.“