Hamburger Geschäftsleute blicken optimistisch ins neue Jahr. Erster Schub für den Einzelhandel am verkaufsoffenen Sonntag erwartet. Weitere 150.000 Quadratmeter Ladenflächen geplant.

Hamburg. Angesichts niedriger Energiepreise, wachsender Touristenzahlen und stabiler Konjunkturaussichten blicken Hamburgs Einzelhändler mit vorsichtigem Optimismus auf das neue Jahr. „In der Hansestadt rechnen wir für 2015 mit leichten Umsatzzuwächsen zwischen ein und zwei Prozent“, sagte der Hamburger Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands Nord, Wolfgang Linnekogel, dem Abendblatt. „Die Kaufkraft in Hamburg ist höher als in anderen Teilen der Bundesrepublik, und aufgrund der sehr niedrigen Öl- und Benzinpreise haben die Menschen mehr Geld für den Konsum zur Verfügung.“

Immer besser haben sich die traditionellen Läden und Fachgeschäfte laut Linnekogel auch auf die Konkurrenz aus dem Internet eingestellt. „Viele stationäre Händler betreiben mittlerweile eigene Onlineshops und verzahnen den Verkauf im Laden mit dem E-Commerce.“ Zudem wachse der Internethandel nicht mehr so stark wie noch in den Jahren zuvor, sodass der Druck ein wenig nachgelassen habe.

Am 4. Januar zum shoppen in die City

Einen ersten Schub für den Hamburger Einzelhandel soll der verkaufsoffene Sonntag am 4. Januar bringen. „Das ist ein Experiment, von dem wir noch nicht so genau wissen, wie es von den Konsumenten angenommen wird“, so Linnekogel. „Wir gehen aber davon aus, dass viele Hamburger nach den Feiertagen die Gelegenheit zu ausgiebigen Einkäufen nutzen werden.“ Unter anderem soll an diesem Tag eine Lichtinstallation des Künstlers Michael Batz auf der Binnenalster möglichst viele Hanseaten und auswärtige Besucher in die Innenstadt locken.

Einigen Nachholbedarf haben vor allem die Modeketten und Schuhhändler, die angesichts der zu milden Temperaturen vor Weihnachten noch auf großen Teilen ihrer Wintermäntel, Pullover und warmen Stiefel sitzen. Bundesweit berichtete die Branche von Umsatzrückgängen im zweistelligen Prozentbereich. Nun versuchen die betroffenen Unternehmen mit hohen Rabatten von 50 Prozent und mehr ihre Läger zu räumen. „Anfang des Jahres dürfte daher die beste Zeit für Schnäppchen sein“, so Linnekogel.

Das wichtige Weihnachtsgeschäft ist für den Hamburger Einzelhandel insgesamt zufriedenstellend, aber nicht herausragend gut verlaufen. „Die ursprünglich 1,5 Prozent Umsatzplus, die wir zunächst angepeilt hatten, dürften wir nicht erreicht haben“, sagt der Verbandsgeschäftsführer. Stattdessen sei man voraussichtlich bei 1,2 Prozent gelandet. Auch für das gesamte Jahr 2014 dürfte sich das Plus laut Verband in diesem Bereich bewegen. 2013 hatten die Hamburger Einzelhändler rund elf Milliarden Euro umgesetzt.

Für das Verfehlen der ursprünglichen Prognose machte Linnekogel neben dem schwächelnden Modegeschäft auch die Preiskämpfe im Bereich der Unterhaltungselektronik verantwortlich. TV-Geräte, Computer und Kameras seien bei den Kunden zwar durchaus begehrt gewesen, doch die Rabattschlachten in diesem Bereich sorgten dafür, dass unter dem Strich für die Händler immer weniger übrig bleibe.

Als Gewinner des gerade abgelaufenen Jahres machte Linnekogel den Lebensmittelhandel in der Stadt aus. Große Projekte wie die 2014 eröffnete Rindermarkthalle auf St. Pauli zeigten, wie innovationsfreudig und lebendig die Branche sei. Auch der Anteil der Lebensmittelgeschäfte in der Innenstadt habe sich erfreulicherweise erhöht.

Für die Attraktivität Hamburgs als Einkaufsstadt spricht auch die Tatsache, dass sich derzeit nicht weniger als zehn größere Einzelhandelsprojekte in der Planung befinden oder im Verlaufe des vergangenen Jahres fertig geworden sind. Zu den größten und ehrgeizigsten zählen die Stadthöfe zwischen dem Neuen Wall und den Großen Bleichen, die Umgestaltung des Alten Walls gegenüber des Rathauses, sowie das neue Einkaufsquartier in der HafenCity, durch das allein noch einmal 80.000 Quadratmeter an zusätzlicher Verkaufsfläche in der Stadt hinzukommen werden – doppelt so viel wie ursprünglich geplant.

In den Bezirken sind ebenfalls neue Projekte geplant oder im Bau, auch wenn das Interesse der Investoren hier bei Weitem nicht so groß ist wie im Zentrum der Stadt. So entsteht in Wandsbek gerade das neue Shoppingcenter W1, das das alte C&A-Gebäude am Eingang zur Einkaufsmeile des Bezirks ersetzen soll. In Barmbek warten die Anwohner seit Langem auf einen Ersatz für das alte Hertie-Kaufhaus am S-Bahnhof. Projektentwickler wollen dort ein Einkaufszentrum mit möglichst viel Einzelhandel realisieren. Details fehlen allerdings noch.

Insgesamt dürfte die Verkaufsfläche, die 2013 bei 2,7 Millionen Quadratmetern lag, in den kommenden Jahren durch die neuen Projekte um rund 150.000 Quadratmeter zunehmen. Eine Entwicklung, die der Einzelhandelsverband nicht nur mit Freude, sondern auch mit einer gewissen Sorge betrachtet. „Insbesondere der starke Zuwachs in der HafenCity könnte auf Kosten der Geschäfte in der Innenstadt gehen“, warnt Linnekogel. „Die Kaufkraft wächst sicher nicht in gleichem Umfang wie die Verkaufsfläche.“

In keinem Fall dürfte aus Verbandssicht die HafenCity durch Maßnahmen wie etwa besondere Öffnungszeiten gegenüber der Innenstadt bevorzugt werden. „Dies würde zu Wettbewerbsverzerrungen führen“, so Linnekogel.