Regierungschef erhofft sich mehr Wohlstand und Arbeitsplätze

Vilnius. Um Mitternacht waren auf der Euro-Countdown-Uhr über dem Eingang der litauischen Zentralbank die Stunden des Litas gezählt. Mit einem Silvester-Feuerwerk in Vilnius verabschiedete sich Litauen nach über 20 Jahren von seiner alten Währung und trat der Euro-Zone bei – als dritter baltischer Staat und 19. EU-Land. Für die Regierung ist die Einführung des „Euras“, wie der Euro auf Litauisch heißt, ein weiterer wichtiger Schritt der EU-Integration. Vielen Litauern vermittelt die neue Währung ein Gefühl der Sicherheit. Doch sie verspüren auch ein wenig Wehmut und sorgen sich vor steigenden Preisen.

„Der Euro wird die Garantie für unsere wirtschaftliche und politische Sicherheit sein“, versprach Regierungschef Algirdas Butkevicius in der Neujahrsnacht. „Er ermöglicht, die Entwicklung einer zukunftsfähigen Ökonomie zu befördern, neue Arbeitsplätze zu schaffen und den Wohlstand zu erhöhen.“ Sichtbar erfreut und zufrieden zog der Politiker kurz nach dem Knallen der Silvesterraketen und Sektkorken als Erster einen Euro-Schein aus einem Bankautomaten in Vilnius.

Auch sonst mangelte es in der litauischen Hauptstadt nicht an Symbolen, die den für Finanzminister Rimantas Sadzius „historischen Moment“ sichtbar machten: An ein Verwaltungsgebäude wurde ein Euro-Zeichen und an die klassizistische Kathedrale ein Euro-Countdown projiziert, in mehreren Restaurants und Bars der Altstadt gab es spezielle Euro-Cocktails, alle zu Neujahr geborenen Kinder erhalten eine Erstprägung der litauischen Ein-Euro-Münze.

Angesichts der Ukraine-Krise und des russischen Importverbots für westliche Lebensmittel bekommt der Euro für Litauen eine neue Bedeutung. Für Präsidentin Dalia Grybauskaite zeigt er „symbolisch die letzte Etappe unserer Integration in die EU und auch Sicherheit“ an. Der Euro-Familie anzugehören, sollte dazu beitragen, dass sich die Menschen sicherer fühlen, meinte auch der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, im Herbst beim Besuch in Vilnius.

Die Bevölkerung scheint ihre anfängliche Euro-Skepsis mehrheitlich überwunden zu haben. In der letzten Eurobarometer-Umfrage waren 63 Prozent für einen Beitritt zur europäischen Währungsunion – 13 Prozentpunkte mehr als im Frühjahr. „Der Euro ist gut für uns. Er hilft der Wirtschaft und erhöht das Sicherheitsgefühl“, meinte Sigitas Narusevicius, der bei kühlem Wetter die Euro-Zeremonie mitverfolgte. Mehrere weitere Schaulustige äußerten sich ähnlich.

Andere Litauer wiederum verspüren Wehmut und die Sorge, mit dem Litas ein wichtiges Symbol der staatlichen Eigenständigkeit zu verlieren. Zum Abschied errichteten zwei Studenten im Geldmuseum in Vilnius aus einer Million Ein-Centas-Geldstücken – der kleinsten Münze der bisherigen Währung – eine 113 Zentimeter hohe und 831 Kilogramm schwere Pyramide.

Das Motiv der Euro-Münzen soll es den Litauern erleichtern, die neue Währung anzunehmen. Es zeigt „Vytis“, einen Ritter mit Schwert und Schild, der auch das Staatswappen ziert und seit Jahrhunderten als nationale Symbolfigur gilt. Für den Forstarbeiter Robertas Lukauskis, 24, spielt dies keine große Rolle. „Es wird alles gleich bleiben, wir bekommen nur ein anderes Geld.“