Wirtschaftsförderung zieht für 2014 eine durchwachsene Bilanz wegen des Ukraine-Konflikts. Immerhin kamen sieben russische Firmen in die Stadt

Hamburg. Der Sog der Wirtschaftsmetropole Hamburg zog auch im Jahr 2014 viele Unternehmen in die Hansestadt. Insgesamt 61 Firmen konnte die Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF) bis Ende November für eine Niederlassung in der Stadt begeistern. 36 bereits in Hamburg ansässige Unternehmen haben die Wirtschaftsförderer zudem unter anderem bei Expansionsvorhaben oder Umzügen beraten. Insgesamt konnten so nach Informationen dieser Zeitung 4100 Arbeitsplätze neu geschaffen oder abgesichert werden. 2013 kamen 75 neue Unternehmen nach Hamburg, der Rückgang auf 61 ist größtenteils der Ukraine-Krise geschuldet. Zurückhaltung besteht bei vielen Firmen allerdings auch wegen der Probleme, geeignetes Personal zu finden, wie eine Umfrage des Unternehmensverbands AGA ergab.

Trotz des Rückgangs gegenüber 2013 kann sich laut Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) die Bilanz sehen lassen. „Ich bin zwar nicht grenzenlos zufrieden, aber in den Zeiten der Ukraine-Krise ist dies schon eine respektable Leistung“, sagte er. Vor allem der Zuzug von ausländischen Firmen, die etwa als Zulieferer Airbus bedienen, hob der Senator hervor. „Auch im Zuge der Energiewende sind wir gut aufgestellt“, so Horch, der optimistisch ist, dass auch in den kommenden Jahren weitere Firmen in der Hansestadt angesiedelt werden können. „Wir führen schon jetzt entsprechende Gespräche mit Unternehmen. Die Zukunft gehört uns“, so der Senator.

Der neue HWF-Chef Rolf Strittmatter findet ein gut bestelltes Feld vor. Große Ansiedlungen insbesondere aus dem norddeutschen Raum wie DeWind, die Windenergiesparte von Daewoo, Shipping & Marine Engineering, der Mineralölkonzern Deutsche Tamoil oder der Cornflakeshersteller Kellogg stehen laut HWF für die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Hamburg. Auch die Reederei Scandlines hat angekündigt, 2015 den Verwaltungssitz von Rostock nach Hamburg zu verlagern. Internationale Unternehmen, die bereits eine Niederlassung in Norddeutschland haben, interessieren sich offenbar verstärkt für eine Verlagerung ihrer Firma in die Metropole an der Elbe. Der Kopfhörerhersteller Sennheiser hat sich mit seiner Tochter Streaming Technology in Altona niedergelassen. Über eine neue App will das Unternehmen Hörgeschädigten den Besuch im Kino oder Theater ermöglichen.

Aus dem Ausland kamen namhafte Unternehmen wie der französische Airbus-Zulieferer Aircelle, der rund 100 Mitarbeiter in der Stadt beschäftigen will, oder auch der Kurznachrichtendienst Twitter an die Elbe. Der amerikanische Elektroautobauer Tesla hat in den Großen Bleichen einen Ausstellungsraum eröffnet. Ebenso zeichnet sich bereits ab, das die Frasers Hospitality Gruppe aus Singapur in der ehemaligen Hamburger Oberfinanzdirektion ein Fünf-Sterne-Superior-Suiten-Hotel errichten wird. Die Wirtschaftsförderer konnten sogar sieben russische Unternehmen ansiedeln, die in der Mehrzahl zur Logistikbranche gehören. Auch vier Firmen aus der Ukraine haben Standorte in Hamburg gegründet, darunter die Windkraftfirma Krim Irey. Doch diese Anwerbungen gelangen der HWF im ersten Halbjahr 2014. Danach ging wegen des Ukraine- und Russland-Konflikts nichts mehr.

Nur zehn der insgesamt 61 Neuansiedlungen kamen 2014 aus Deutschland. China ist mit 20 neuen Firmen, (davon je eine aus Taiwan und Hongkong) in der Hansestadt Spitzenreiter. Darunter ist zum Beispiel Hong Kong Qianhe Shipping. Die Firma startet zwar nur mit zwei Mitarbeitern, will aber schon bald wachsen. Als Dienstleister ist Qianhe Shipping auf die Beseitigung von Ölverschmutzungen durch Seeschiffe, die Entsorgung und Weiterbehandlung von Ölschlamm und die Tankreinigung spezialisiert. In den vergangenen zehn Jahren ist Qianhe Shipping zu einem der größten Unternehmen dieser Art in China geworden. Mittlerweile hat die Gruppe acht Niederlassungen in den wichtigen Häfen Chinas gegründet und mehr als 800 Beschäftigte in Asien.

Neben den 61 neuen Unternehmen hat die Wirtschaftsförderung auch 2014 insgesamt 36 schon länger bestehende Firmen begleitet. Dabei handelt es sich zum Teil um Expansionen von erst kürzlich angesiedelten internationalen Unternehmen. Damit diese wachsen können, braucht die Stadt Gewerbeflächen, sagte Wirtschaftssenator Horch. Die Vermarktung bisher brachliegender Gewerbeflächen will die Stadt forcieren. Unter anderem soll zu diesem Zweck der Bebauungsplan Neuland 23 für logistische Ansiedlungen erweitert werden. Das 24 Hektar große Gelände wird langfristig verpachtet. Weitere Flächen zeichnen sich durch die Entwicklung des Hamburger Ostens und des Südens ab. Hier werden die Wirtschaftsförderer an der Revitalisierung und Modernisierung von Hamburgs größtem Industriegebiet in Billbrook mitwirken.

Zudem sollen für kleinere Betriebe Gewerbehöfe wie am Offakamp und andere Flächen geschaffen werden. Dazu haben HWF und Handwerkskammer mit dem Onlineportal der Hamburger Immobiliendatenbank auf www.hdb-hamburg.de vorhandene Reserveflächen aufgeführt, die gezielt für das Handwerk zugänglich sind.