Beschwerden steigen um 170 Prozent. Die Rechte der Kunden

Berlin. Die Zahl der Beschwerden von Reisenden bei der zuständigen Schlichtungsstelle ist in diesem Jahr um fast die Hälfte gestiegen. Bis Jahresende werden etwa 7600 Schlichtungsanträge von Bahnfahrern und Fluggästen bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) eingegangen sein. Davon entfielen gut 4600 auf Flugreisen und knapp 3000 auf Bahnreisen, sagte Geschäftsführer Heinz Klewe. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von 170 Prozent bei Flügen und ein Rückgang um zwölf Prozent bei Bahnreisen.

Für wen ist die SÖP zuständig?

Die privatrechtlich organisierte SÖP schlichtet bundesweit außergerichtlich Streitigkeiten zwischen Reisenden und Bahn-, Bus-, Luftfahrt- und Schiffsunternehmen sowie U- und S-Bahn-Betreibern. Die Deutsche Bahn macht sogar mit ihrem Carsharing-Angebot und ihrem Leihfahrradsystem bei der SÖP mit und ist dadurch, wie alle anderen teilnehmenden Konzerne auch, Mitglied im SÖP-Trägerverein. Auf der Internetseite soep-online.de sind alle Mitgliedsunternehmen verzeichnet.

Müssen Verkehrsunternehmen sich an der Schlichtung bei der SÖP beteiligen?

Nein. Es bleibt jedem Unternehmen überlassen, ob es sich auf die Schlichtungsstelle einlässt. Für den Luftverkehr trat allerdings im November 2013 ein Gesetz in Kraft, das Airlines zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren verpflichtet. Macht eine Fluggesellschaft nicht freiwillig bei der SÖP mit, können sich Passagiere an das Bundesamt für Justiz wenden: Dessen Schlichtungsverfahren können sich die Unternehmen nicht entziehen.

Wann greift die Schlichtungsstelle ein?

Die SÖP greift auf Bitten des Reisenden ein. Allerdings muss er sich vorher schon um eine Einigung mit dem Unternehmen bemüht haben. Hat ihm der Konzern eine abschließende Antwort erteilt oder sich acht Wochen lang nicht gemeldet, kann der Kunde die SÖP einschalten. Dies funktioniert für Bahn- und Fluggäste über ein Onlineformular auf der SÖP-Internetseite oder alternativ über E-Mail, Telefon, Fax oder Brief. Um ihre Arbeit aufzunehmen, brauchen die Schlichter Kopien aller Unterlagen der strittigen Reise sowie den gesamten Schriftverkehr, den der Kunde mit der Firma geführt hat.

Was passiert, wenn es Beanstandungen bei Pauschalreisen gibt?

Ein Schlichtungsverfahren gegen einen Pauschalreiseveranstalter ist nicht möglich, da sich die Forderungen der Reisenden immer gegen ein Verkehrsunternehmen richten müssen. Denkbar aber ist es, ein Schlichtungsverfahren etwa gegen ein Bus- oder Flugunternehmen anzustrengen, das im Rahmen einer Pauschalreise im Auftrag des Reiseveranstalters tätig war.

Wer zahlt für das Schlichtungsverfahren?

Die Verbraucher müssen nur ihre eigenen Kosten tragen, also beispielsweise Telefongebühren, Porto oder die Ausgaben für die Kopien. Das eigentliche Schlichtungsverfahren wird von den Verkehrsunternehmen finanziert.

Ist der Schlichterspruch bindend?

Nein. Beide Seiten können den Vorschlag der Schlichter ablehnen. Das kommt aber selten vor. Die Schlichtungsquote liegt bei über 80 Prozent. Sind Beschwerdeführer und Verkehrsfirma mit der Empfehlung des Schlichters einverstanden, wird diese verbindlich. Zudem kann in jedem Stadium des Schlichtungsverfahrens ein ordentliches Gericht angerufen werden, auch nach einer möglicherweise gescheiterten Schlichtung.