Gesetzgeber und private Geldinstitute ändern Regeln für die Einlagensicherung. Im Falle einer Bankpleite sollen Kunden schneller an ihr Geld kommen. Für Sparer wird vieles besser – aber nicht alles.

Hamburg. Die Bankkunden sind verunsichert. Von ihrem Institut bekommen sie in diesen Tagen Briefe, in denen sie über eine Absenkung der aktuell noch gültigen Einlagensicherung informiert werden. Gleichzeitig titelt die Bundesregierung: Einlagen deutscher Sparer künftig noch sicherer. Wie passt das zusammen?

Die Veränderungen betreffen zwei unterschiedliche Sicherungssysteme. Bei der gesetzlichen Einlagensicherung, der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB), die die Spareinlagen von jedem Kunden mit bis zu 100.000 Euro absichert, gibt es deutliche Verbesserungen. Der Einlagensicherungsfonds privater Banken senkt dagegen seine Absicherung ab. Dieser freiwillige Schutz, der über 100.000 Euro hinausgeht, existiert zusätzlich zur gesetzlichen Einlagensicherung, sofern das betreffende Institut Mitglied im Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken ist.

Bei der gesetzlichen Einlagensicherung bleibt es zwar beim Maximalbetrag von 100.000 Euro pro Sparer, in besonderen Fällen sind auch 500.000 Euro für einen Zeitraum von sechs Monaten abgesichert. Das betrifft große, „schutzbedürftige“ Geldbeträge, die plötzlich auf dem Konto des Kunden landen. Dazu zählen der Erlös aus dem Verkauf einer privat genutzten Immobilie, die Abfindung nach einer Kündigung, oder die Auszahlungen aus einer betrieblichen Altersvorsorge. Der Kunde muss den sozialen Zweck der Anlage allerdings nachweisen können, um unter den besonderen Schutz zu fallen. „Wie das dann in der Praxis funktionieren soll, ist noch völlig offen“, sagt Stefan Erlich vom Vergleichsportal Kritische-Anleger.de.

Im Falle einer Bankpleite sollen die Kunden schneller an ihr Geld kommen. Die Auszahlungsfrist für die Entschädigung wird von der Bundesregierung ab dem 31. Mai 2016 von 20 auf sieben Arbeitstage verkürzt. Ein weiterer Vorteil ist die länderübergreifende Abwicklung bei einem Pleitefall. Hohe Zinsen werden hierzulande vor allem von Banken angeboten, die einem ausländischen Sicherungssystem angehören, etwa in Frankreich oder den Niederlanden.

Im Entschädigungsfall können Sprachbarrieren Probleme machen. Künftig kann die Rückzahlung über den deutschen Entschädigungsfonds abgewickelt werden, der dann intern mit der ausländischen Sicherungseinrichtung abrechnet. Die neuen Regelungen sollen am 3. Juli 2015 in Kraft treten. Die 100.000-Euro-Regelung gilt auch für die Kunden von Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Beide Institutsgruppen haben zwar ein eigenes Sicherungssystem, das den Kunden eine unbegrenzte Haftung verspricht. Einen Rechtsanspruch darauf gab es bisher aber nicht. Mit der Neuregelung wird der Rechtsanspruch auf alle Finanzinstitute ausgeweitet. Beide Institutsgruppen unterhalten aber eigene Sicherungstöpfe.

„Die Regelungen sind eine praktische Verbesserung für die Sparer“, sagt Erlich. Er rechnet damit, dass das Interesse an den Zinsangeboten ausländischer Banken mit der Neuregelung zunehmen wird. Gleichzeitig warnt er jedoch: „Wenn eine nationale Sicherungseinrichtung nicht zahlt, bleibt dem Anleger nichts anderes übrig, als seine Rechte in dem jeweiligen Land einzuklagen.“ Erlich rät, nicht nur auf die Höhe der Zinsen zu achten, sondern auch auf das Rating der Banken, das man auf seinem Portal nachschlagen kann.

Denn an der materiellen Absicherung der Sparer wird noch gearbeitet. Knapp zwei Billionen Euro haben die Deutschen auf Sparbüchern, Girokonten, Tagesgeldkonten, Festgeldern und anderen Spareinlagen gebunkert. Im Topf der gesetzlichen Einlagensicherung waren Ende 2013 lediglich 989 Millionen Euro, wie aus der vom Finanzministerium veröffentlichten Vermögensrechnung des Bundes hervorgeht. Innerhalb eines Jahres kamen insgesamt 150 Millionen Euro hinzu, sodass inzwischen die Milliardengrenze überschritten sein dürfte.

Die deutschen gesetzlichen Sicherungssysteme, also der EdB und die vergleichbaren Fonds von Genossenschaftsbanken und Sparkassen, müssen innerhalb von zehn Jahren ein Mindestvermögen von 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen ansparen. Die gedeckten Einlagen sind die bis zu 100.000 Euro pro Kunde. Nach Schätzungen von Experten sind etwa zwölf Milliarden Euro notwendig, um die Zielgröße von 0,8 Prozent zu erfüllen. „Wir als Genossenschaftsbanken haben diesen Wert schon erreicht“, sagt Steffen Streudel vom Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken.

„Am Ende hängt die Schlagkraft eines Einlagensicherungssystem immer von dem Staat ab, der dahintersteht“, sagt Erlich. „Wir halten die Wahrscheinlichkeit, dass ein Staat am Ende die Stützung seines Einlagensicherungssystems verweigert, für gering.“ Zumindest deutsche Sparer können auf die Garantie der Bundeskanzlerin von 2008 vertrauen, die inzwischen mehrfach bekräftigt wurde. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte damals erklärt, die Bundesregierung stehe für die Einlagen der Sparer ein. Bisher haben sich die Einlagensicherungssysteme in Deutschland bewährt, die Sparer trotz Bankpleiten kein Geld verloren.

Und was planen die Privatbanken? Sie werden in den kommenden Jahren die utopisch anmutende Sicherungsgrenzen ein wenig mehr der Realität anpassen. Das betrifft die freiwillige Einlagensicherung der privaten Banken wie Deutsche Bank, Commerzbank oder ING-DiBa, die über die 100.000 Euro hinausgeht.

Bisher sind Anlegergelder pro Kunde mit bis zu 30 Prozent des haftenden Eigenkapitals einer Bank geschützt. So beträgt die Absicherung bei der Deutschen Bank derzeit 14 Milliarden Euro pro Kunde, bei der ING DiBa sind es immerhin noch stolze 1,6 Milliarden pro Kunde. Ab dem 1. Januar 2015 beträgt die Quote nur noch 20 Prozent, und sie wird dann schrittweise bis zum Jahr 2025 auf auf 8,75 Prozent des haftenden Eigenkapitals sinken.

Die bisherige Regelung aus dem Jahr 1976 gilt als überholt. „Denn die Kapitalausstattungen der Banken sind nicht zuletzt aufgrund regulatorischer Anforderungen stark gestiegen und damit auch die Absicherungsbeträge“, sagt Julia Topar vom Bankenverband. „Deshalb haben wir uns für eine Absenkung entschieden.“ Niemand müsse sich aber Sorgen um sein Erspartes machen. Die Mindestabsicherung wird in zehn Jahren noch bei 437.000 Euro pro Kunde liegen, heißt es beim Bankenverband. Bei der Deutschen Bank sind es dann immerhin noch 4,2 Milliarden Euro – das unveränderte Eigenkapital von heute vorausgesetzt.