Den Reedern ist Schwarz-Rot-Gold zu teuer. Entlastungen vom Staat gefordert

Hamburg. Auch im sechsten Jahr der Schifffahrtskrise stehen die deutschen Reeder unter erheblichem Kostendruck. Der Konsolidierungsprozess hat nach Ansicht des Verbands Deutscher Reeder (VDR) in diesem Jahr noch einmal an Fahrt zugelegt. Immer mehr Reedereien arbeiten zusammen, um neue Kapitalquellen zu erschließen oder ihre Schiffe besser zu vermarkten. „Etliche Reedereien kämpfen mit vollem Einsatz um ihr wirtschaftliches Überleben“, sagte Verbandspräsident Michael Behrendt anlässlich des Verbandstreffens am Mittwoch. Behrendt, der im Juni seinen Vorstandsposten bei Hapag-Lloyd aufgab, scheidet zum Ende des Jahres aus. Sein Nachfolger wird der niedersächsische Reeder Alfred Hartmann aus Leer.

Bei den Charter- und Frachtraten habe die Branche das Tal noch nicht durchschritten, während die Betriebskosten weiter steigen, führte Behrendt an. Der Wettbewerb werde sehr stark über Schiffsgrößen, noch effizientere Schiffe und bei den Linienreedereien insbesondere über Unternehmensgröße ausgetragen. Auch weitere Fusionen unter den weltgrößten Reedereien schloss er nicht aus. „Ich glaube, dass wir das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht haben“, sagte Behrendt.

Er warnte vor einer erheblichen Zunahme der Ausflaggung deutscher Schiffe, falls es nicht zu einer erheblichen Entlastung bei den Lohnnebenkosten auf deutschen Schiffen kommt. Trotz öffentlicher Beihilfen betrage die Mehrbelastung für das Personal auf einem Schiff unter deutscher Flagge jährlich bis zu einer halben Million Euro im Vergleich zu anderen Staaten.

Am Tag zuvor hatte die NSB Niederelbe Schifffahrtsgesellschaft aus Buxtehude angekündigt, aufgrund der wirtschaftlichen Lage ihre gesamte Flotte bis Juni 2017 auszuflaggen. 486 deutsche Seeleute sollen dabei ihren Job verlieren. Behrendt bezeichnete diesen Schritt als einen „Schuss vor den Bug“. Viele Unternehmen stünden vor der „bitteren Frage, sich zwischen dem Verbleib des Unternehmens im Markt und der Beschäftigung deutscher Seeleute entscheiden zu müssen“. Der VDR fordert deshalb eine Angleichung an die Flaggenbedingungen anderer Länder wie Niederlande und Dänemark. Dazu müsste die Bundesregierung auf die Lohnsteuer verzichten und die strengen Nationalitätenvorgaben bei der Schiffsbesatzung lockern. So sollen Schiffe nicht mehr wie bisher mit vier deutschen Seeleuten besetzt werden müssen, damit sie unter deutscher Flagge fahren dürfen. Künftig sollen zwei deutsche Besatzungsmitglieder ausreichen.

Zudem verlangen die Reeder von der Bundesregierung Klarheit über die Pläne bei der Versicherungssteuer auf sogenannte Erlöspools. Zahlreiche kleine Charterreedereien, die ihre Frachter an Linienreedereien vermieten, haben sich in solchen Vereinigungen zusammengeschlosssen, um Schwankungen bei den Einnahmen abzufedern. Bis Ende 2015 gilt ein Moratorium. Bislang fehlt laut Reederverband jedoch eine gesetzliche Klarstellung, dass Schiffserlöspools von der 19-prozentigen Versicherungssteuer befreit sind. Sollte nicht bald eine dauerhafte Lösung gefunden werden, müssten Schifffahrtsunternehmen im kommenden Jahr damit beginnen, Poolvereinbarungen zu kündigen und Aktivitäten ins Ausland zu verlagern, erklärte Behrendt. Wie negativ sich die Schifffahrtskrise auf die deutsche Handelsflotte ausgewirkt hat, zeigt sich daran, dass sie schrumpft. Waren 2012 noch 3671 Schiffe unterwegs, sind es aktuell 3296. Unter deutscher Flagge fahren 387 Schiffe, vor zwei Jahren waren es noch 448. (mk)