Irische Billigmodekette könnte im Sommer 2015 nach Hamburg-Billstedt kommen. Das Unternehmen ist aus ethischen Gründen nicht unumstritten

Hamburg. Ein Paar Turnschuhe für elf Euro, ein weißer Pullover für 15 Euro und eine Kapuzenstrickjacke für gerade einmal zwölf Euro: Mit ihren extrem niedrigen Preisen, aber auch Berichten über Dumpinglöhne und schlechte Arbeitsbedingungen bei Zulieferern in Asien hat es die Billigkette Primark in Deutschland zu zweifelhafter Berühmtheit gebracht.

Nun schicken sich die Iren offenbar an, mit ihrem Discountformat auch nach Hamburg zu expandieren. Nach Abendblatt-Informationen will Primark zumindest einen Teil der Fläche von Karstadt in Billstedt übernehmen. Das dortige Warenhaus wird im Zuge der Sanierung des angeschlagenen Unternehmens am 30. Juni kommenden Jahres geschlossen.

Die bisherige, rund 17.000 Quadratmeter große Karstadt-Fläche liegt mitten im Billstedt-Center des Hamburger Unternehmens ECE, wird aber separat von der irischen Immobiliengesellschaft Signature Capital vermietet. „Wir planen, die Fläche aufzuteilen, weil sie für einen Mieter allein zu groß ist“, sagte der Deutschland-Chef von Signature Capital, Timo Herzberg, dem Abendblatt. Außerdem solle die Fläche durch weitere Zugänge besser als bisher ins Center integriert werden.

Eine mögliche Vermietung an Primark wollte Herzberg nicht kommentieren. Ein Sprecher des Textildiscounters erklärte schriftlich, derzeit lägen „keine Informationen“ zu der Eröffnung einer neuen Filiale in Billstedt oder Gesprächen mit dem Vermieter vor. Er schloss entsprechende Verhandlungen aber auch nicht aus.

Eine Vermietung einer Signature-Capital-Fläche an Primark wäre jedenfalls nicht die erste Geschäftsbeziehung zwischen den beiden in Dublin ansässigen Unternehmen. Erst Mitte dieses Jahres eröffnete der Textildiscounter eine neue Filiale in der Neumarkt-Galerie in Köln, die ebenfalls der irischen Immobiliengesellschaft gehört. Der Vormieter: Karstadt sports.

Insgesamt verfügt Primark heute über ein Netz aus mehr als 250 Filialen in Irland, Großbritannien und dem Rest Europas. 16 Häuser gibt es bislang in Deutschland, in denen rund 6000 Mitarbeiter beschäftigt sind. Die nächste offizielle Eröffnung ist im Frühjahr 2015 in Braunschweig geplant.

In Hamburg hat der Textildiscounter bereits im vergangenen Jahr versucht, Fuß zu fassen. Geplant war, in bester Citylage im Gebäude des Elektronikmarkts Saturn an der Mönckebergstraße eine Filiale aufzumachen. Dafür allerdings hätte Saturn auf einen Teil der eigenen Verkaufsfläche verzichten müssen. Der Elektronikmarkt stemmte sich gegen eine Verkleinerung und pochte auf langfristige Mietverträge – offenbar mit Erfolg.

Bundesweit besitzt Primark ein eher zwiespältiges Image. Auf der einen Seite gilt die Kette als Kult bei modebewussten Schnäppchenjägern. Zur Eröffnung der neuen Filiale in Köln warteten mehrere Tausend Kunden vor der Tür, um möglichst als Erste in dem Laden zu sein. Auf der anderen Seite sind die Iren in der Branche für ethisch fragwürdige Arbeitsbedingungen bekannt. Das Unternehmen gehörte zu denen, die bei Rana Plaza in Bangladesch fertigen ließen. Im Frühjahr 2013 waren dort mehr als 1100 Menschen ums Leben gekommen, als die Kleiderfabrik einstürzte und die Arbeiter unter Schuttmassen begrub.

Primark ist seither zwar bemüht, den eigenen Ruf zu verbessern. Die Hinterbliebenen der Arbeiter in Bangladesch wurden mit mehreren Millionen Euro entschädigt, das Unternehmen führte einen neuen Verhaltenskodex ein, der in Zukunft die Kleiderproduktion unter menschenunwürdigen Bedingungen verhindern soll.

Im Juni allerdings tauchten in Kleidungsstücken von Primark angebliche Hilferufe von asiatischen Textilarbeitern auf. „Forced to work exhausting hours“ („zur Arbeit bis zur Erschöpfung gezwungen“), hieß es auf einem dieser eingenähten Etiketten. Primark zweifelte die Echtheit der Hilferufe an, die wohl wirklich nur Teil einer Protestaktion von Menschenrechtlern waren. Was blieb, war aber auch in diesem Fall ein Imageschaden. Als in der vergangenen Woche ein neuer Primark in Dresden aufmachte, blieb der erwartete Kundenansturm aus.

Die Karstadt-Fläche in Billstedt wird Mitte kommenden Jahres frei, weil sich der angeschlagene Warenhauskonzern Ende Oktober entschlossen hatte, insgesamt sechs Filialen wegen anhaltend roter Zahlen zu schließen. Betroffen sind auch eine Karstadt-Filiale in Stuttgart sowie zwei Schnäppchencenter und zwei sogenannte K-Town-Märkte, die sich an besonders modeaffine, junge Kunden richten sollten.

80 Beschäftigte müssen daher allein in der Hansestadt gehen, insgesamt sind es 331. Ob es für sie einen Sozialplan oder Abfindungen geben wird, steht noch nicht fest.