Werbekampagne bringt der Hilfsorganisation 60 neue Mitglieder. Der Verein gewinnt beim Hamburger Marketingpreis 840 Gratis-Plakate

Hamburg. Dutzende neue Mitglieder, der Gewinn des Hamburger Marketingpreises Hamma und bald eine große Kampagne in der ganzen Stadt: Das Hamburger Spendenparlament freut sich in diesen Tagen über eine außergewöhnliche Erfolgswelle. „Wir haben als Reaktion auf unsere neue Werbekampagne deutlich mehr Mitglieder bekommen“, sagt Sibylle Schilling, Vorstandsmitglied des Vereins. Mit einer neuen Werbekampagne, welche die Agentur weigertpirouzwolf pro bono für das Spendenparlament entwickelt hat, konnte der Verein seine Bekanntheit steigern und 60 neue Helfer gewinnen.

Das Spendenparlament unterstützt gemeinnützige Projekte, die Obdachlosigkeit, Einsamkeit und Armut in Hamburg lindern und bekämpfen wollen. Dabei entscheiden die Mitglieder demokratisch, in welche Töpfe ihr Geld fließen soll. In drei Sitzungen jährlich stimmen sie über die Verwendung einer Summe von jeweils rund 300.000 Euro ab, die aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden an ihren Verein fließen. Zu den geförderten Projekten gehören die Stadtteilmütter, die Babylotsen oder die Kiezläufer, welche für ein sicheres Miteinander der Nachbarn etwa in Horn oder Jenfeld sorgen.

Inzwischen unterstützen bereits insgesamt 3400 Mitglieder und Förderer die Arbeit des Spendenparlaments. Und nicht nur das: Weil der Verein mit seiner Kommunikationsstrategie jetzt auch den Hamma-Award des Hamburger Abendblatts und des Marketingclubs gewonnen hat, wird die Kampagne im kommenden Sommer an jeder Straßenecke in der Stadt zu sehen sein: Über den Gewinn von 840 Plakatwänden darf sich das Spendenparlament als Sieger des Preises in der Kategorie „Soziales Marketing“ freuen. Die Großflächenplakate werden gesponsert von WallDecaux.

„Wir sind sehr dankbar, dass die Beschäftigten der Agentur weigertpirouzwolf sich in Nachtschichten und Wochenendarbeit gestürzt haben, um die Kampagne für uns zu kreieren“, freut sich Uwe Kirchner, der im Parlament für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. „Es ist ein tolles Gefühl, nicht nur Produkte zu bewerben, sondern mit unserer Arbeit auch etwas Gutes tun zu können“, gibt Jean Baptiste Bonzel, Geschäftsführer von weigertpirouzwolf das Lob zurück. Die Kampagne der Hamburger Agentur zeigt Mitglieder des Spendenparlaments vor einem Wahlzettel mit verschiedenen Sprüchen: „Meine Stimme packt an“, heißt es da, oder: „Meine Stimme hört zu“.

Jean Baptiste Bonzel erklärt den Hintergedanken der Aufmachung: „Wir wollten nicht das Leid zeigen, dessen viele Menschen schon überdrüssig sind, sondern das Parlament mit seinen Helfern bekannt machen und zum Mitmachen anregen“, sagt der Inhaber der Agentur mit 40 Mitarbeitern in der Hansestadt. „Und wenn wir im Sommer die 840 Plakatwände nutzen dürfen, schalten wir noch mal den Turbo ein“, freut sich Bonzel. Dann werden weitere Helfer vorgestellt – insbesondere junge Leute, die den Nachwuchs in der Initiative sichern sollen.

Die Stadtteilmütter oder das Zahnmobil gehören zu den geförderten Projekten

Das Spendenparlament erfährt derzeit einen besonderen Zulauf, aber seine Erfolgsgeschichte schreibt der Verein schon länger. „Es ging ein Raunen durch den Saal, als wir kürzlich in einer Sitzung ankündigen konnten, in unserer 18-jährigen Geschichte bald zehn Millionen Euro an Spendengeldern gesammelt zu haben“, freut sich Kirchner, der auch Marketingchef der DG Hyp-Bank ist. Der Kommunikationsexperte, der wie alle Mitglieder der Initiative ehrenamtlich arbeitet, nennt aktuelle Schwerpunkte: Sehr positiv hätten sich beispielsweise die Stadtteilmütter entwickelt– eine Orientierungshilfe für zugewanderte Familien – sowie der bekannte Mitternachtsbus oder das Zahnmobil – als Anlaufstellen und Versorgung für Wohnungslose.

Das Hamburger Spendenparlament ist 1996 als Anstifter sozialer Projekte eine stabile und feste Größe in der Hansestadt. Mit seiner Idee, die Mitglieder über die Verwendung der Gelder abstimmen zu lassen, begeisterte es nicht nur in seiner Heimat Tausende engagierte Bürger. Es stand auch Pate für die Gründung von 17 weiteren Spendenparlamenten in Deutschland und drei weiteren im Ausland, in Basel, Zürich und Wien. Der Hamburger Verein ist nach eigenen Angaben insofern nicht nur „Stadtverbesserer“ und Förderer sozialer Projekte, sondern auch Impulsgeber für demokratisches, bürgerliches Engagement in Deutschland. „Wir stellen aber nach wie vor das größte Spendenparlament dar“, sagt Gert Upadek, der als Mitglied der Finanzkommission des Vereins die Projekte mit Förderungswunsch prüft und auswählt. Selbst in Berlin, der größten deutschen Stadt, konnte das dortige gemeinnützige Parlament bei Weitem nicht so viele Mitglieder gewinnen wie das Vorbild an der Elbe. „Der Bürgersinn und das Gemeinschaftsgefühl scheinen hier besonders weit verbreitet zu sein“, versucht Upadek eine Erklärung. Und mit der neuen Kampagne im nächsten Jahr wird Hamburg die anderen Spendenparlamente mit großer Wahrscheinlichkeit weiter abhängen.