Nach 52 Jahren wird die Serienfertigung von Autos eingestellt

Bochum . 20.000 Menschen haben einst in Bochum Opel-Fahrzeuge montiert. Kadett und Manta, Astra und später der Familienwagen Zafira – die millionenfach verkauften Wagen sind Teil der Mobilisierung Deutschlands. Doch in gut einer Woche stellt das Werk nach 52 Jahren die Serienfertigung ein – ohne öffentliche Abschiedsveranstaltung außerhalb des Werks, aber mit viel Emotion drinnen.

Die Bochumer Opelaner sind im Schnitt 50 Jahre alt und über 20 Jahre am Band oder im Betrieb. Ihre Vermittlungschancen auf einem Ruhr-Arbeitsmarkt mit ohnehin überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit sehen Fachleute trotz guter Ausbildung und zweijähriger Transfergesellschaft mit großer Skepsis. „Da ist viel Hilflosigkeit, es gibt keine Ersatzbeschäftigung“, sagt Betriebsratschef Rainer Einenkel. 700 Arbeitsplätze bleiben – garantiert zunächst bis 2020 – in Bochum im zentralen Ersatzteillager des Opel-Konzerns. Das Lager läuft aber nicht mehr unter dem Opel-Logo, sondern wird vom Opel-Partnerunternehmen Neovia betrieben. Rund 2700 Menschen landen in der Transfergesellschaft.

Jeder Mitarbeiter erhält im Durchschnitt eine Abfindung von rund 125.000 Euro

Mit der Werksschließung endet ein einstiges Vorzeigeprojekt des Strukturwandels an der Ruhr. Das Werk war auf früherem Bergbaugrund errichtet worden, als im Revier das Zechensterben begann. Es beschäftigte nach der Eröffnung 1962 aus dem Stand rund 10.000 Menschen. Mit erfolgreichen Automodellen wie Kadett und Manta wuchs die Mitarbeiterzahl schnell auf rund 20.000. Qualitätsmängel, Fehler in der Modellpolitik und die immer schärfere Konkurrenz ließen seit den 90er-Jahren aber den Opel-Marktanteil in Deutschland und damit die Bochumer Beschäftigtenzahlen zusammenschmelzen. Spätestens seit 2004, als Opel die Motorenproduktion in Bochum beendete, begann der Überlebenskampf. 2009 entging Opel knapp der Insolvenz. Damals ahnten viele, dass das Werk keine Zukunft mehr hat.

„Opel musste wegen der Überkapazitäten auch nach der Schließung von Antwerpen 2010 noch ein Werk in Europa herausnehmen“, sagt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer. Das ebenfalls bedrohte britische Werk Ellesmere Port habe dann geschickter verhandelt als Bochum. Ein Sanierungstarifvertrag sollte die Schließung der Bochumer Produktion mit – aus heutiger Sicht – relativ großzügigen Angeboten abfedern, aber die Bochumer Beschäftigten trauten ihrer Konzernführung nicht. Sie lehnten den Vertrag ab. Die Werksschließung konnten sie damit nicht verhindern. Rund 550 Millionen Euro zahlt der Autokonzern nach Gewerkschaftsangaben nun für die Jobbörse und Abfindungen. Im Schnitt bekommt jeder Mitarbeiter rund 125.000 Euro, die aber versteuert werden müssen.