Jeder fünfte Zusteller hat nur einen zeitlich begrenzten Arbeitsvertrag. Das will die Gewerkschaft ändern und notfalls Überstunden verweigern

Hamburg. Die Hamburger Mitarbeiter der Deutschen Post wollen künftig noch stärker an einem Strang ziehen. Bei der Betriebsversammlung im CCH forderten am Mittwoch die rund 1300 anwesenden Festangestellten und befristeten Beschäftigten den Konzernvorstand gemeinsam auf, bestehende begrenzte Zeitverträge zu entfristen und Mitarbeiter bei Neueinstellungen wieder mit unbefristeten Verträgen anzustellen.

Sollte die Konzernspitze den Beschäftigten hierbei nicht entgegenkommen, könne es sein, dass auch der Betriebsrat nicht mehr alle gewünschten Sonderschichten und Überstunden im bevorstehenden Weihnachtsgeschäft genehmige, um das große Postaufkommen abzuarbeiten, sagte die Betriebsratsvorsitzende Gabriele Gülzau dem Abendblatt: „Wir werden kritisch prüfen, inwieweit die bereits durch die Post- und Prospektflut starke Arbeitsbelastung der Kollegen noch durch weitere Überstunden und den Verzicht auf freie Tage weiter erhöht werden kann. Auch bei uns sind die Belastungsgrenzen irgendwann erreicht.“ In der Folge seien „betriebliche Störungen“ nicht auszuschließen. Im Klartext: Es dürften zahlreiche Pakete und Briefe liegen bleiben oder länger brauchen, bis sie beim Adressaten landen.

Viele Beschäftigte traten an das Mikrofon und äußerten während der gut fünfstündigen Versammlung ihren Unmut über die Personalpolitik der Deutschen Post, die neue Mitarbeiter nur noch mit befristeten Arbeitsverträgen einstelle. Zudem sind sie über die Ankündigung von Vorstandschef Frank Appel empört, dass zum 31. März 2015 sämtliche befristeten Verträge auslaufen sollen – und damit kurz vor Beginn der nächsten Tarifrunde. Die Mitarbeiter sehen sich dadurch unter Druck gesetzt, mögliche Tarifabsenkungen hinzunehmen, um ein weiteres Auslagern von Geschäftsbereichen zu verhindern.

Auf starke Kritik stößt in der Belegschaft vor allem die Praxis der befristeten Verträge. „Bundesweit sind 24.000 Mitarbeiter und damit 18 Prozent aller Brief- und Paketzusteller der Deutschen Post nur befristet eingestellt. Das Unternehmen nutzt damit das Teilzeit- und Befristungsgesetz in skandalöser Weise aus“, sagte die stellvertretende Ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis im Großen Saal des CCH. „Einem solchen systematischen Rechtsmissbrauch sollte der Gesetzgeber einen Riegel vorschieben.“

In Hamburg haben mittlerweile 582 der rund 3900 Beschäftigten nur befristete Arbeitsverträge, in ganz Norddeutschland sind es 6000 Mitarbeiter. Nach Überzeugung der Gewerkschafterin gebe es auch finanziell keinen Grund, die Mitarbeiter in einer solch unsicheren Situation zu lassen. „Es gibt genug Arbeit bei der Deutschen Post. Es ist ein Unding, dass ein kerngesundes Unternehmen diese Menschen nicht dauerhaft einstellt“, so Kocsis. „Der Paketmarkt wächst und es entstehen neue Arbeitsplätze. Das Unternehmen ist dringend aufgefordert, zu einer vernünftigen Personalpolitik zurückzukehren.“

Die Deutsche Post signalisierte unterdessen kein Entgegenkommen bei der Entfristung der Verträge. Für die Weihnachtszeit will das Unternehmen bundesweit rund 9800 zusätzliche befristete Zusteller einstellen, um das erhöhte Paket- und Briefaufkommen in der Vorweihnachtszeit zu bewältigen, sagte der Hamburger Post-Pressesprecher Martin Grundler. Schließlich erwarte das Unternehmen im Dezember wie auch in den Vorjahren eine Verdoppelung des täglichen Paketaufkommens von sonst 3,4 Millionen auf rund sieben Millionen. Dazu trage auch das höhere Versandvolumen von Geschenken über den Online-Handel bei.

Die Post ist zuversichtlich, auch im Dezember die „normalen Paketlaufzeiten“ von zwei Tagen nach Einlieferung einzuhalten. Etwa 90 Prozent aller Pakete würden sogar am nächsten Tag zugestellt, so Grundler. Bei Glatteis oder Schnee könnten sich die Zustellzeiten jedoch verlängern, was die Kunden berücksichtigen sollten. Dieses Jahr sollen – so der Plan – alle Pakete, die bis zum 22. Dezember um 18 Uhr in einer Poststelle abgegeben werden, zu Weihnachten beim Empfänger landen.