Rückgang um 55 Prozent bis 2019 gefordert. Jeder Europäer nutzt bisher 200 Stück im Jahr

Brüssel. Der Verbrauch von Plastiktüten soll nach einem EU-Kompromiss in den nächsten fünf Jahren um mehr als die Hälfte sinken. Bis 2019 sollten europäische Verbraucher im Schnitt noch höchstens 90 statt bisher rund 200 Tüten im Jahr verwenden, so eine Sprecherin im Europaparlament in Brüssel. Allerdings müssen die EU-Regierungen den Kompromiss noch bestätigen – und dies ist bislang ungewiss.

Es geht um die ganz normale Plastiktüte, die der Verbraucher an der Kasse erhält, sei es im Supermarkt, in der Modeboutique oder im Kaufhaus. Ausgenommen sind dünnwandige Tüten, in die etwa Frischfleisch, Wurst, Fisch oder auch Obst verpackt werden. Diese Ausnahme wird vor allem damit begründet, dass ein Verbot noch schädlichere Verpackungen wie Schalen aus Schaumstoff fördern könnte. Auch extra starke Kunststofftaschen fallen nicht unter die Regelung.

Zum Teil kosten Plastiktüten zwar heute schon geringe Centbeträge. Vielerorts werden sie aber noch gratis abgegeben. Der Verbrauch ist extrem verschieden. Im Jahr 2010 hat laut einer Statistik des Europaparlaments jeder EU-Bürger im Durchschnitt 200 Tüten verbraucht. Die Deutschen lagen demnach mit rund 70 Tüten pro Kopf im Mittelfeld. Das Schlusslicht bildeten Polen und Portugiesen mit 450 Stück.

Was oft achtlos weggeworfen wird, ist für die Umwelt ein schweres Erbe. Plastiktaschen können Hunderte Jahre fortbestehen. Häufig lösen sie sich in mikroskopisch kleine Teilchen auf. Diese gefährden dann Pflanzen und Tiere besonders im und am Meer, wie die EU-Kommission anführt. Vögel und Fische könnten sich in den Tüten verfangen oder sie zu sich nehmen. „In der Nordsee enthalten die Bäuche von 94 Prozent aller Vögel Plastik“, heißt es in einer Information der Brüsseler Behörde.

Die Höchstmarke von höchstens 90 Tüten 2019 soll dem Kompromiss zufolge bis 2025 auf höchstens 40 Stück sinken. Das Ziel gelte für jedes Land einzeln, verlautete aus dem Europaparlament. Alternativ könnten die Länder Plastiktüten verpflichtend mit einem Preis belegen. Dann würden die Mengenziele für 2019 und 2025 nach aller Erfahrung mit kostenpflichtigen Tüten ohnehin erfüllt.

Allerdings ist der Kompromiss noch nicht in trockenen Tüchern. Bisher einigten sich nur die Unterhändler von EU-Parlament und EU-Ministerrat. Jetzt müssen neben dem Parlamentsplenum auch noch die EU-Staaten zustimmen. Unklar ist, ob die EU-Staaten dabei einstimmig oder nur mit Mehrheit zustimmen müssen.