Wer sich in Gruppen im weltweiten Netz zusammenschließt, kann bei Friendsurance Geld sparen. Hamburg ist ein wichtiger Markt für dieses Modell

Hamburg. Immerhin rund 23 Euro hat der Hamburger Kai Hoffmann für das vergangene Jahr von seinen Versicherungsbeiträgen für eine Haftpflicht- und Hausratversicherung zurückbekommen. Denn er macht bei Friendsurance mit, eine Art Facebook der Versicherungsbranche. Für seine beiden Versicherungen hat er sich auf der Internetplattform mit anderen Teilnehmern zu kleinen Gruppen zusammengeschlossen. „Mir gefällt das Prinzip, dass es bei Schadenfreiheit in der Gruppe einen Teil der Beiträge zurückgibt“, sagt der Immobilienmakler. „Ich hatte zwar keinen Schaden, aber ein Mitglied in der Gruppe der Hausratversicherung. Das hat die Rückzahlungen leider geschmälert.“ Dennoch flossen elf Prozent der Beiträge an die Mitglieder zurück. Es können aber bei Schadenfreiheit bis zu 40 Prozent sein.

Ein neues Geschäftsmodell, das den Nerv der Norddeutschen trifft: Nach einer Emnid-Umfrage sind 57 Prozent der Hamburger genervt, Jahr für Jahr Geld für Versicherungen auszugeben, die sie nie oder selten in Anspruch nehmen. 86 Prozent der Hamburger wünschen sich, dass Schadenfreiheit honoriert wird. Friendsurance, die Internetplattform des Versicherungsmaklers Alecto, hat sein Geschäftsmodell an diesen Vorstellungen ausgerichtet. Dahinter steht die Wortkombination aus „friend“ (Freund) und „insurance“ (Versicherung). „Neben Berlin ist Hamburg im Moment unser zweitstärkster Markt, was für eine hohe Online-Affinität seiner Bewohner spricht“, sagt Tim Kunde, Geschäftsführer und Gründer von Friendsurance.

Sein System belohnt die Schadenfreiheit. „Über 90 Prozent unserer Kunden haben für 2013 einen Teil der Beiträge zurückbekommen“, sagt Kunde. Bisher ist das für Haftpflicht-, Hausrat-, Rechtsschutz- und Elektronikversicherungen möglich. „Man muss keine neuen Policen abschließen“, sagt Kunde. „Jeder kann sich mit seinen bestehenden Verträgen bei uns registrieren. An Beitrag und Leistung ändert sich nichts.“ Geplant ist, auch noch Kfz-Versicherungen, Gebäude- und Tierhalterhaftpflichtpolicen anzubieten. Friendsurance arbeitet mit 50 Versicherern zusammen, darunter sind Ergo, Generali, R + V oder die Haftpflichtkasse Darmstadt. „Damit decken wir bereits über die Hälfte des Marktes im Sachversicherungsbereich ab“, sagt Kunde.

Rückerstattungen bei Schadenfreiheit sind bisher vor allem in der privaten Krankenversicherung üblich. Bei manchen Versicherungen ermäßigt sich der Beitrag nach schadenfreien Jahren, zum Beispiel bei der Kfz-Versicherung. Die Beitragsreduzierung kann aber durch andere Faktoren wieder aufgezehrt werden. Die Rückerstattung von Beiträgen ist bisher eher unüblich.

Für den Kunden unbemerkt werden die registrierten Verträge dann für die Rückerstattung angepasst. Erst dadurch wird die Nutzung des Friendsurance-Prinzips möglich. Dazu wird eine Selbstbeteiligung in den Vertrag aufgenommen, was den Beitrag reduziert. Der eingesparte Beitrag fließt in einen Gruppentopf. Daraus werden die Beitragsrückzahlungen bei Schadenfreiheit finanziert. Im Schadenfall muss der Versicherte die Selbstbeteilung nicht selbst übernehmen, da sie aus dem Gruppentopf beglichen wird. „So profitiert der Versicherte von den günstigen Beiträgen von Policen mit Selbstbeteiligung, ohne dabei das Risiko hoher einmaliger Ausgaben im Schadenfall tragen zu müssen“, sagt Kunde.

Gibt es Schäden, mindert sich der Rückzahlungsbetrag für alle Gruppenmitglieder oder fällt ganz aus. Kleine Schäden können aus dem Gruppentopf beglichen werden, bei größeren Schäden springt das Versicherungsunternehmen ein. In seltenen Fällen kann es vorkommen, dass der Gruppentopf schon leer ist, aber im Schadenfall noch eine Selbstbeteiligung fällig wird. Dann kommt eine Spezialversicherung dafür auf. Der Kunde ist in jedem Fall vor nachträglichen finanziellen Belastungen sicher. Will er bei Friendsurance nicht mehr mitmachen, kann er wieder ausscheiden. Sein Versicherungsvertrag ist dann so wie vor dem Beitritt. Es gibt keine Selbstbeteiligung mehr, aber auch keine Chance auf Rückerstattung. Auch der Hamburger Bernd Schreiber macht bei Friendsurance mit. „Ich finde es gut, dass man sich selbst Gruppen zusammenstellen kann“, sagt er. 40 Euro hat er für seine Hausratversicherung zurückbekommen. „Es gab keine Schäden in der Gruppe“, sagt Schreiber. „Da hatte ich wohl bei der Auswahl ein gutes Händchen.“ Die Gruppen umfassen zwischen vier und 16 Mitglieder. Die Versicherten können sich die Gruppe selbst auswählen oder sich eine Gruppe auch von Friendsurance zusammenstellen lassen. Man kann sich auch von Mitgliedern trennen, etwa weil sie häufig Schäden verursachen. Die Mitglieder einer Gruppe müssen lediglich die gleiche Versicherungssparte haben. Bei welchem Unternehmen sie die abgeschlossen haben, spielt keine Rolle. Anders als bei Facebook werden außer dem Namen und der Versicherungssparte keine persönlichen Daten über die Gruppenmitglieder preisgegeben.

„Unsere Mitglieder verursachen ein Drittel weniger Schäden als im Markt üblich“, sagt Kunde. Auch der Versicherungsbetrug werde so eingedämmt. Die Versicherer sparen zudem Verwaltungskosten für die Abwicklung von Kleinschäden. „Doch nicht nur das ist für uns interessant, sondern auch das neue Versicherungsprinzip, mit dem vor allem junge Leute erreicht werden sollen“, sagt Petra Wahedi von Ergo. Der Versicherer hofft so auch auf Weiterempfehlungen.

Die Verbraucherschützer sind noch skeptisch. „Besser wäre es, sich eine Versicherung zu suchen, die auch ohne das Gruppenprinzip günstiger ist“, sagt Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg. Bei Friendsurance sieht sie die Gefahr des Gruppendrucks oder der Ausgrenzung, wenn durch einen persönlichen Schaden die Rückerstattung für die ganze Gruppe ausfällt. Friendsurance verdient ausschließlich an den Maklerprovisionen, die die Versicherungen zahlen. Finanziert wird das Berliner Unternehmen von Risikokapitalgebern, darunter eVentures Capital Partners, ein Beteiligungsunternehmen der Otto Group. Noch liegt die Zahl der Kunden im fünfstelligen Bereich. „Aber wir wachsen pro Monat um 20 Prozent“, sagt Kunde.