Etliche Großprojekte binden die Hansestadt enger an die europäischen Verkehrskorridore an. Auch im Hafen wird die Infrastruktur umfassend erneuert.

Hamburg. Die Tätigkeit eines Verkehrssenators der Freien und Hansestadt Hamburg bringt manche Beschwernis mit sich. Eine kollabierende Hauptstraßenkreuzung über einer geborstenen Wasserleitung kann da zum Thema des Tages werden, Staus um die Terminals im Hafen, und immer wieder mal das leidige Thema des Busbeschleunigungsprogramms, das vielerorts in der Stadt für zusätzliche Baustellen sorgt und damit für den Unmut der Autofahrer. Mit Verkehrswegen allerdings beschäftigt sich Wirtschafts- und Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) auch aus einer ganz anderen Perspektive – mit einem sehr weiten Blick in die Zukunft. Rund um Hamburg herum sind Großprojekte im Gange, die den Verkehrsfluss für die Hansestadt auf eine Weise verbessern werden, wie es seit dem Wiederaufbau von Straße und Schiene nach der deutschen Einheit nicht mehr geschehen ist. „Mit dem Ausbau speziell der Autobahnen, der Brücken und Tunnel in Hamburg und in unserem Einzugsgebiet wird die Hansestadt enger und besser in das System der europäischen Verkehrskorridore eingebunden“, sagt Horch. „Das verbessert die alltägliche Mobilität angesichts eines weiter wachsenden Güter- und Individualverkehrs. Vor allem aber bringt es der Metropolregion Hamburg enorme Entwicklungschancen.“

Das spektakulärste in der Reihe dieser Bauwerke wird der geplante Tunnel durch den Fehmarnbelt sein. Dänemark übernimmt den Bau dieses 17,6 Kilometer langen, längsten Absenktunnels der Welt zwischen Puttgarden auf Fehmarn und Rødbyhavn auf der dänischen Insel Lolland. Noch in diesem Monat will die dänische Regierung den Gesetzentwurf für das rund 5,5 Milliarden Euro teure Projekt vorlegen, das Parlament in Kopenhagen soll es im kommenden Frühjahr beschließen. Die Baukosten sollen in den folgenden Jahrzehnten durch eine Tunnelmaut für Autos, Lastwagen und die Bahn wieder hereingeholt werden.

„Die feste Fehmarnbeltquerung ist ein Jahrhundertprojekt. Die Metropolregionen Hamburg und Kopenhagen verbinden damit ihre Wirtschaftskraft intensiver als bisher. Das Vorhaben bringt den Tourismus voran und die grenzüberschreitende Mobilität am Arbeitsmarkt“, sagt Horch. Das gehe weit über die Bedeutung eines reinen Verkehrsprojektes hinaus. Vorbild für die Planer und die Unterstützer aus Politik und Wirtschaft ist die Öresundbrücke, die seit dem Jahr 2000 Dänemarks Kopenhagen mit dem schwedischen Malmø verbindet. Durch den Fehmarnbelttunnel wiederum verkürzt sich von 2021 an die Bahnfahrt von Hamburg nach Kopenhagen um 160 Kilometer auf zweieinhalb Stunden.

Höchst bedeutend für die Stadt ist auch der Ausbau der Autobahn 7 in der Metropolregion. Deutschlands längste Fernstraße, deren Hamburger Abschnitt stärker befahren ist als jede andere deutsche Autobahn, wird im Stadtgebiet auf acht Spuren erweitert. Derzeit fahren täglich rund 152.000 Autos, Lastwagen und Busse zwischen dem Autobahndreieck Hamburg-Nordwest und der Ausfahrt Hamburg-Stellingen. Im Jahr 2025 könnten es 165.000 Fahrzeuge täglich sein. Nördlich des Elbtunnels bis zur Landesgrenze erhält die A7 einen Lärmschutzdeckel. Aber auch nördlich der Stadt wird die Autobahn ertüchtigt und ausgebaut.

Eines der wichtigsten Vorhaben dort ist der geplante Ersatz für die Rader Hochbrücke, die bei Rendsburg über den Nord-Ostsee-Kanal führt. Im Jahr 2013 musste die Brücke wegen dringender Sanierungsarbeiten mehrere Monate lang für den Schwerlastverkehr gesperrt werden. Weiträumige Verkehrsbehinderungen waren die Folge. Die Brücke hat eine verbliebene Nutzungsdauer von zwölf Jahren – wenig aus dem Blickwinkel von Verkehrsplanern und Bauingenieuren. Der Bund muss einen Neubau in Abstimmung mit dem Land Schleswig-Holstein zügig voranbringen. „Die Brücke ist enorm wichtig, unter anderem auch für Hamburgs Anbindung an die dänische Wirtschaft in Jütland“, sagt Hamburgs Wirtschafts-Staatsrat Andreas Rieckhof. „Wir hoffen deshalb, dass die Rader Hochbrücke rechtzeitig ersetzt wird.“ Grund zum Optimismus gibt: Schleswig-Holstein verfolgt das Projekt im Dialog mit dem Bund intensiv. „Unser Ziel ist es, das Vorhaben eines Ersatzbauwerks für die Rader Hochbrücke zu einem Modellprojekt für kostenpräzises und schnelles Bauen zu machen“, sagt Frank Nägele, Staatssekretär für Wirtschaft und Verkehr in der schleswig-holsteinischen Landesregierung.

Viele der für die Stadt bedeutenden Verkehrsprojekte hat Hamburg selbst nicht in der Hand. Bei den Bundesstraßen entscheidet das Bundesverkehrsministerium in Berlin, zudem stehen die Interessen der Nachbarländer je nach geografischer Lage eines Vorhabens im Vordergrund. „Wir rücken die Bedarfe für die großen Infrastrukturprojekte gemeinsam mit unseren norddeutschen Nachbarländern im Dialog mit dem Bund immer wieder in den Vordergrund“, sagt Horch.

Bei der früher Hafenquerspange genannten Süderelbquerung, einer Verbindung zwischen den Autobahnen 1 und 7 im südlichen Hamburger Hafenbereich, sind die Planungen weit fortgeschritten. Ein Architekturwettbewerb bracht 2013 einen Siegerentwurf hervor, eine Drahtseil-Hängebrücke, deren Eleganz jener der Köhlbrandbrücke nicht nachsteht. Das letzte Wort hat jedoch auch hier der Bund, ebenso wie beim möglichen Bau eines Elbtunnels zwischen Glückstadt in Schleswig-Holstein und Drochtersen in Niedersachsen. Für den Tunnel, der die westliche Verlängerung der Küstenautobahn A20 zwischen den beiden Bundesländern verbindet, könnte das Planfeststellungsverfahren noch 2014 abgeschlossen werden, für die südliche Elbquerung 2016. Beide Elbquerungen würden den Großraum Hamburg erheblich entlasten. „Beide Projekte stehen allerdings auch in Konkurrenz zueinander“, sagt Rieckhof, „vor allem mit Blick auf die knappen Mittel der öffentlichen Hand. Beim Projekte eines Elbtunnels zwischen Glückstadt und Drochtersen wird deshalb eine Partnerschaft zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft debattiert.“

Allerdings sind die großen Verkehrsprojekte in und um Hamburg herum auch umstritten. Gegen den Glückstädter Elbtunnel sträuben sich die Grünen als Koalitionspartner in der Landesregierung von Schleswig-Holstein. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass das Land bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2017 keine Zustimmung zum Bau gibt.

Gegen den Fehmarnbelttunnel machen Anwohner auf der Ostseeinsel Front, aber auch die Reederei Scand-lines, die den Fährbetrieb zwischen Puttgarden und Rødbyhavn unterhält. Die Kritiker stellen den Sinn des Projektes infrage. Die Insulaner fürchten zudem, dass der Tunnel Fehmarn in eine trostlose Transitstrecke für Autos und Lkw verwandelt. Schaden für den regionalen Tourismus wollen auch die Ostseebäder zwischen der Lübecker Bucht und Fehmarn abwenden. Sie fordern eine Verlegung der Güterbahnstrecke weg von den Strandorten, ohne dass dadurch die Personenzugverbindungen entlang der Küste gekappt werden.

Die Verbreiterung und Vertiefung der Elbe ist derzeit vor Gericht blockiert

Im Hamburg Hafen treibt die Hansestadt unterdessen strategisch wichtige Bauprojekte voran. Die Rethehubbrücke von 1934 wird bis zum kommenden Jahr durch den Neubau einer Klappbrücke ersetzt. Die Kattwykhubbrücke wird bis zum Jahr 2020 um eine reine Eisenbahnbrücke ergänzt. Einen Ersatz für die Köhlbrandbrücke, die bis 2016 letztmals grundsaniert wird, will die Stadt vom Beginn des kommenden Jahrzehnts an planen. „Wir haben die Substanz der Köhlbrandbrücke im Griff“, sagt Frank Horch. „Bis 2030 wird sie zuverlässig ihre Aufgabe erfüllen.“

Auch im Hafen allerdings hat Hamburg das Verfahren nicht allein in der Hand. Das für die Wirtschaft der Hansestadt wohl wichtigste Verkehrsprojekt, die Verbreiterung und Vertiefung der Fahrrinne auf der Unterelbe, wird derzeit durch eine Klage der Umweltverbände BUND und Nabu beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig blockiert. Wohl bis zum Frühjahr 2015 wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg das europäische Gewässerrecht präzisieren. Dann will das höchste deutsche Verwaltungsgericht abschließend entscheiden. Mehr als zwölf Jahre lang haben die Planungsbehörden des Bundes und des Landes Hamburg bereits an dem Großprojekt gearbeitet. „Ich bin fest davon überzeugt“, sagt Horch, „dass die Fahrrinnenanpassung kommt.“