Offshore-Kraftwerk „Meerwind Süd | Ost“ wird heute als erste von drei Anlagen vor der Hochseeinsel eingeweiht

Hamburg. Für Deutschlands Offshore-Windkraftbranche ist es ein weiterer wichtiger Schritt. Wirtschaftsvertreter und Politiker weihen Montagnachmittag an der Bremerhavener Seebäderkaje den Windpark „Meerwind Süd | Ost“ ein. Das Betreiberunternehmen WindMW sitzt in Bremerhaven. Das Meereskraftwerk wurde von dort und vor allem von Cuxhaven aus mit Bauteilen versorgt. An der Zeremonie nehmen unter anderem Uwe Beckmeyer teil, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeswirtschaftsminister, Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen sowie Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (alle SPD).

„Meerwind Süd | Ost“ gut 23 Kilometer nördlich von Helgoland ist der erste von drei Windparks bei der Insel, der ans Netz geht. Mit 288 Megawatt Nennleistung aus 80 Windturbinen kann das Meereskraftwerk rechnerisch rund 360.000 Haushalte mit Strom versorgen. „Meerwind Süd | Ost“ wird von einer neu errichteten Basisstation auf Helgoland aus gewartet, so wie künftig auch die beiden nördlich davon gelegenen Windparks „Nordsee Ost“ von RWE und „Amrumbank West“ von E.on. Alle drei Meereskraftwerke werden über eine Konverterstation von Siemens an das Landnetz angeschlossen. Erstmals kommt damit ein Gleichstromumspannwerk des Elektronikkonzerns auf See zum Einsatz, die Plattform „HelWin1“. Seit Anfang September speisen Windturbinen von „Meerwind Süd | Ost“ testweise Strom über die Anlage in das Landnetz ein.

Rückschläge und Verzögerungen beim Landanschluss anderer Windparks hatten in den vergangenen Jahren Verunsicherung über die Verlässlichkeit der Offshore-Technologie verursacht. Mit dem Anschluss von „Meerwind Süd | Ost“ steigt die installierte Leistung von Windparks auf der deutschen Nord- und Ostsee von rund 600 auf gut 900 Megawatt. Bis zum Jahr 2020 strebt die Bundesregierung den Aufbau von 6500 bis 7000 Megawatt Nennleistung an. „Im Jahr 2015 werden mehr als 3000 Megawatt Offshore-Leistung in der deutschen Nord- und Ostsee installiert sein“, sagt Uwe Beckmeyer. „Mit den so gewonnenen Erfahrungen können wir Risiken in Verträgen, Bauabläufen oder Netzanbindungen für die Zukunft deutlich besser abschätzen. Wir erreichen bei der Offshore-Windenergie die Phase der Industrialisierung und damit den Bereich der Lernkurve, in dem nennenswerte Kostensenkungen möglich sind.“

Helgoland, Deutschlands einzige Hochseeinsel mit insgesamt 1500 Einwohnern, gewinnt mit den drei Offshore-Windparks insgesamt 150 dauerhafte Arbeitsplätze für Servicemechaniker und andere Dienstleister hinzu. Der Hamburger Unternehmer Arne Weber vermietete sein Hotel Atoll auf der Insel Ende 2012 mit 49 Zimmern für zehn Jahre an WindMW. Andere Wohnkapazitäten wurden neu gebaut.

WindMW ist der vierte deutsche Windpark in der Nordsee, der ans Netz geht. Von der Ostsee liefert zudem die Anlage „EnBW Baltic 1“ Strom. 2015 gehen eine Reihe weiterer Anlagen in Betrieb, wie etwa „Dan Tysk“ von Vattenfall 70 Kilometer westlich von Sylt, „Global Tech One“ gut 100 Kilometer nördlich der Insel Borkum oder „Nordsee Ost“ bei Helgoland. Die stark zunehmende Stromerzeugung aus Offshore-Parks soll im Zuge der Energiewende auch dazu dienen, in Süddeutschland schrittweise Atomkraftwerke und langfristig auch Kohlekraftwerke zu ersetzen. Allerdings stößt der dafür nötige Bau von Stromfernleitungen wie etwa der Trasse „SüdLink“ bei der bayerischen Staatsregierung derzeit auf Ablehnung. Bayern sträubt sich gegen die bestehenden Pläne und favorisiert offenbar eher den Bau regionaler Gaskraftwerke als Ersatz für alte Anlagen.

Nach der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in diesem Sommer kam das Offshore-Geschäft in Deutschland wieder in Schwung. Wichtig ist das vor allem für die Küstenindustrie. Die Gewerkschaft IG Metall zählt derzeit rund 15.000 Arbeitsplätze allein in der Metallbranche, die durch den Aufbau der Offshore-Industrie in den vergangenen Jahren neu geschaffen oder die auf wirtschaftlich angeschlagenen Werften gesichert wurden. Zudem hoffen Häfen wie Bremerhaven, Cuxhaven oder Sassnitz auf Rügen auf ein langfristiges Geschäft als Offshore-Basishäfen. „Nach der Novelle des EEG muss es jetzt darum gehen, die Weichen für die kommende, zweite Ausbauphase der Offshore-Windenergie richtigzustellen“, sagt Beckmeyer.