4500 Hamburger Firmen brauchen bis zum Jahr 2018 neue Eigentümer. Wie der Wechsel glückt – das Beispiel Paaschburg & Wunderlich

Hamburg. Tausende von Unternehmern in Hamburg müssen in den kommenden Jahren einen Nachfolger finden. Nach einer Erhebung des Instituts für Mittelstandsforschung stehen zwischen 2014 und 2018 in der Hansestadt 4500 Firmen zur Übergabe an. Nicht immer geht das gut aus. Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) scheitern vier von zehn Unternehmer, wenn es darum geht, ihren Betrieb in neue Hände zu geben.

Dieses Schicksal sollte Paaschburg & Wunderlich (P&W), ein europaweiter Lieferant des Fachhandels für Motorradzubehör, nach dem Willen des früheren Inhabers Uwe Paaschburg nicht erleiden. Schon mit 58 Jahren hat er die Firma in Hamburg-Hamm mit 35 Beschäftigten abgegeben. „Ich hatte das Gefühl, dass es genug ist“, sagt Paaschburg. „Entweder man schafft es, im Alter um die 60 Jahre auszusteigen, oder man muss bis 75 arbeiten.“

Im vergangenen Jahr wandte er sich an einen Unternehmensberater, der auf die Unterstützung bei Nachfolgeregelungen spezialisiert ist – und dieser Berater hatte Kontakt zu einem Manager, der eine neue Herausforderung suchte. Im November traf sich Oliver Moosmayer zu einem ersten Gespräch mit Paaschburg. Man wurde sich einig, obwohl Moosmayer aus einer ganz anderen Branche kommt: Er arbeitete zwölf Jahre lang für das Hamburger Fondshaus HCI Capital, wo er zuletzt Vorstandsmitglied war. Er habe nach seinen Erfahrungen im Finanzsektor ganz bewusst „etwas zum Anfassen“ gesucht, sagt Moosmayer. „Außerdem war es mir wichtig, unternehmerisch eigenverantwortlich handeln können. Das hat mir immer Spaß gemacht.“

Angesichts der guten Marktstellung von P&W – die im Jahr 1982 als Einzelhändler für gebrauchte Motorradteile gegründete Firma erwirtschaftet mittlerweile 15 Millionen Euro Umsatz und hat mehr als 5000 Kunden im In- und Ausland – musste Moosmayer jedoch schnell feststellen, dass er den Kaufpreis nicht allein stemmen kann. Nach Gesprächen mit mehreren potenziellen Finanzpartnern entschied er sich für die Haspa Beteiligungsgesellschaft für den Mittelstand (Haspa BGM). Mit diesem Partner ist der Manager gut vertraut, denn er hat eine Banklehre bei der Haspa absolviert und nach dem Jurastudium dort im Vorstandsstab gearbeitet.

Von den 75 Prozent der P&W-Firmenanteile, die die Haspa BGM und Moosmayer im Oktober erworben haben, gehört dem neuen Chef der größere Teil. Uwe Paaschburg hält die restlichen 25 Prozent. „Wir finden es angenehm, wenn der bisherige Eigentümer zunächst am Unternehmen beteiligt bleibt“, sagt Maximilian Schilling, Geschäftsführer der Haspa BGM. Man strebe jedoch „mittelfristig“ eine vollständige Übernahme an. „Uns war es wichtig, einen Partner zu finden, der langfristig zu uns steht“, erklärt Moosmayer. Die Haspa BGM hält ihre Beteiligungen nach eigenen Angaben üblicherweise sieben bis zehn Jahre. Sie hat derzeit rund 20 Unternehmensbeteiligungen im Portfolio, darunter den Outdoorausrüster Globetrotter und den Schiffszulieferer Becker Marine Systems. Mindestens ein Drittel der Engagements sei man im Rahmen von Nachfolgeregelungen eingegangen, sagt Firmenexperte Schilling.

Dabei steige die Haspa BGM nur bei Firmen ein, die über ein „profitables Geschäftsmodell mit guten Entwicklungsperspektiven“ verfügen. Wachstumsstärke hat P&W bewiesen – über die zurückliegenden zehn Jahre hat sich der Umsatz verdoppelt. Rund 20.000 Artikel, von Bremsbelägen über Hupen bis zu Auspuffanlagen, sind lieferbar, zwischen 6000 und 7000 Artikel sind im eigenen Lager vorrätig. Bei LED-Scheinwerfern sieht sich das Unternehmen als europaweiter Marktführer. Vier Eigenmarken, für die man Produkte selbst entwickelt hat und vor allem in Asien fertigen lässt, hat P&W aufgebaut. Derzeit verlassen etwa 600 Pakete pro Tag das Lager in Hamm.

„Vom Wetter her ist es in diesem Jahr sehr gut gelaufen, die Motorradsaison war lang“, sagt Moosmayer. Auch auf weitere Sicht ist er zuversichtlich für das Geschäft. Nicht nur junge, auch ältere, kaufkräftige Menschen fahren Motorrad – und diese Gruppe wächst wegen der demografischen Entwicklung. „Außerdem werden die Maschinen technisch immer komplexer, man kann nicht mehr viel selber machen und ist auf Werkstätten angewiesen“ – und dies sind die Kunden von P&W.

„Die Firma steht wirtschaftlich sehr gut da“, findet auch Schilling. „Wenn man mit der Nachfolgeregelung zu lange wartet, ist das oft nicht mehr der Fall.“ Denn dann zögere der Unternehmer wichtige Entscheidungen hinaus, die Innovationsfähigkeit gehe verloren. Nicht selten sei dann zudem auch die zweite Führungsebene überaltert, oder die Manager haben die Firma frustriert verlassen.

Leider komme es sehr häufig vor, dass die Nachfolge nicht rechtzeitig eingeleitet wird, erklärt Christoph Herting, Leiter der Abteilung Mittelstandspolitik bei der Handelskammer Hamburg. „Teilweise haben die bisherigen Eigentümer auch unrealistische Preisvorstellungen.“ Uwe Paaschburg hatte jedoch für die Ermittlung des Unternehmenswerts einen Berater hinzugezogen. Dirk Bachmann, Sprecher der H.E.I. Hamburger ExistenzgründungsInitiative, nennt einen weiteren Risikofaktor beim Wechsel auf einen neuen Inhaber: „Es kann vorkommen, dass Kunden, die dem bisherigen Chef vertraut haben, dann abspringen.“ Bachmann weist aber auch darauf hin, dass Banken bei Unternehmern, die älter als 55 Jahre alt sind, in der Regel eine gut aufgestellte zweite Führungsebene fordern, um die Risiken abzumildern.

Auch dafür hatte Paaschburg schon gesorgt. Er räumt ein, dass sein Team dem branchenfremden neuen Geschäftsführer anfangs skeptisch gegenüberstand. „Aber er hat sich bei den ersten Treffen sehr gut geschlagen. Ich hatte eher mehr Unruhe erwartet.“ Dabei hat sicherlich geholfen, dass Moosmayer nicht mit dem Plan angetreten ist, Arbeitsplätze abzubauen – im Gegenteil: „Es gibt an einigen Stellen Bedarf, das Personal zu stärken“, sagt er.

Uwe Paaschburg hilft ihm derzeit noch, sich mit der Branche vertraut zu machen. Einen Part musste Moosmayer jedoch allein übernehmen: „Ich habe gerade meinen Motorradführerschein gemacht.“ Künftig will Paaschburg nur noch beratend für das Unternehmen tätig sein. „Aber im nächsten Jahr wird es schon noch einiges zu besprechen geben“, sagt er.