Bernd Drouven löst Peter Willbrandt ab. Hintergrund sind grundlegende Differenzen mit dem Aufsichtsrat

Hamburg. Und der nächste Chefwechsel bei der Hamburger Aurubis AG. Mit Peter Willbrandt hat die Kupferhütte zum dritten Mal in Folge seinen amtierenden Vorstandsvorsitzenden abgesetzt. Mit sofortiger Wirkung hat Bernd Drouven auf dem Chefsessel Platz genommen. Er hatte das Unternehmen schon einmal von 2008 bis 2011 geführt. Willbrandts Arbeitsvertrag wäre eigentlich erst Ende März 2015 ausgelaufen, aber der Aufsichtsrat verlängerte ihn nicht. Offensichtlich kriselt es schon länger zwischen Willbrandt und dem Kontrollgremium. Die Aufsichtsräte warfen dem Manager unter anderem vor, dass er das Unternehmen und seine Interessen nicht genügend gegenüber der Politik vertreten habe. So leidet Aurubis zum Beispiel unter den hohen Strompreisen, auch verursacht durch staatliche Abgaben. Die Hütte gehört neben dem Aluminium- und dem Stahlwerk zu den größten Stromverbrauchern in der Stadt.

Obwohl auch der neue Chef Drouven zuvor wegen Schwierigkeiten mit Aufsichtsratschef Heinz Jörg Fuhrmann 2011 aus dem Unternehmen ausgeschieden war, entschied man sich nun erneut für den Finanzexperten. Fuhrmann, zugleich Chef des Stahlproduzenten Salzgitter, hatte zwar vor drei Jahren Drouvens Abgang durchgesetzt, aber jetzt braucht er offensichtlich einen erfahrenen Interimschef, der sich in dem Hamburger Unternehmen und im Kupfergeschäft bestens auskennt.

Drouven und der Aufsichtsrat haben nun ein Jahr lang Zeit, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Denn danach muss Drouven, so sieht es das geltende Recht vor, wieder zurück in die Reihe der Kontrolleure wechseln. Eines ist bereits absehbar. „Das Unternehmen wird nun einen Vorstandschef suchen, der nicht aus dem Mitarbeiterstab von Aurubis kommt“, sagte ein Insider. Möglicherweise findet sich sogar ein Kandidat, der dem Aufsichtsrat Paroli bieten kann. Werner Marnette, Drouven und Willbrandt waren dagegen schon vor ihrer Berufung zu Vorstandschefs über Jahre bei dem Konzern tätig.

Willbrandt, 52, ist ein integrer Manager, ein Ingenieur, der alles über Kupferprodukte und deren Märkte weiß. Seit fast 30 Jahren ist er bei dem Konzern gewesen. Das Unternehmen führte er mit ruhiger Hand. Dass Aurubis im ersten Quartal 2013/14 (endete im Oktober) ein Minus machte, war vor allem der allgemein schwachen Wirtschaftslage geschuldet. Die Preise für Schwefelsäure und Altkupfer sanken weltweit. Im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2013 hatte Aurubis zudem unerwartet große Probleme beim Wiederanfahren seiner Hütte am Stammsitz in Hamburg nach einem Wartungsstillstand. Die Bilanz für das vergangene Geschäftsjahr ist zwar noch nicht veröffentlicht, doch unter dem Strich hat das Unternehmen trotz der wirtschaftlich schwierigen Lage und des Stillstands offenbar einen Gewinn gemacht.

Die meisten der rund 3000 Aurubis-Mitarbeiter in Hamburg fühlten sich unter Willbrandt wohl. Aber es gab auch andere Stimmen. „Das Unternehmen muss jetzt nach vorne gebracht werden. Wir wollen doch ein Global Player sein“, sagte ein Mitarbeiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Wir brauchen jetzt einen Chef, der unser Unternehmen und die Mitarbeiter weiter in die Zukunft führt. Wer schwache Zahlen abliefert, gerät doch voll in die Schusslinie.“ Der Aufsichtsrat warf Wilbrandt auch vor, keine Visionen zu haben, wie eine Person aus dem Umfeld von Aurubis sagte.

Drouven und Willbrandt sind nicht die Einzigen, die abgesetzt wurden. Der langjährige Chef Werner Marnette nahm im November 2007 seinen Hut, nachdem es ein Zerwürfnis mit dem Aufsichtsrat gegeben hatte. Damals war das Unternehmen von vielen Turbulenzen geprägt, weil ein österreichischer Mitbewerber die Norddeutsche Affinerie, wie das Unternehmen damals noch hieß, übernehmen wollte. Marnette wollte gegen den Willen des Aufsichtsrates mit den Österreichern eine Art Nichtangriffspakt vereinbaren. Offenbar stimmte der Aufsichtsrat dem nicht zu. Inzwischen musste der österreichische Mitbewerber Insolvenz anmelden. Der Aufsichtsrat hatte damals folglich den richtigen Riecher gehabt.

Drouvens Vorgänger Marnette sorgt sich um Aurubis. Obwohl er nur noch einfacher Aktionär ist und nach seinem Ausscheiden nicht für den Aufsichtsrat nominiert wurde, schrieb Marnette Ende September entsprechende Briefe an den Aurubis-Aufsichtsratschef Fuhrmann mit Kopien an Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz, Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil (beide SPD) und Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). Mit dem Ausscheiden von Willbrandt verlöre die Firma erneut wertvolle Kernkompetenz, so Marnette. Der Schaden für Aurubis sei aus seiner Sicht groß und nachhaltig. „Das Unternehmen blutet in der Kernkompetenz aus“, schrieb der streitbare Manager in dem Brief. Der Salzgitter AG mit ihrem Chef Fuhrmann wirft er zudem vor, „ihre Beteiligung an Aurubis ausschließlich zur eigenen Finanzierung (der Salzgitter AG) einzusetzen“.

Auf der Hauptversammlung von Aurubis im kommenden Jahr will Marnette dem Aufsichtsrat nach eigenen Worten „richtig seine Meinung sagen“.