Die Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB kann Manager ablehnen, Geschäfte untersagen und im Notfall Institute schließen. Die wichtigsten Fragen und Antworten

Frankfurt. Die Schieflage einzelner Banken kann das ganze Finanzsystem ins Wanken bringen und Steuerzahler Milliarden kosten. Turbulenzen wie in der Finanzkrise sollen sich nach dem Willen der EU nicht wiederholen. Deshalb entsteht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Superaufsicht, die die wichtigsten Geldhäuser in den 18 Ländern des Euro-Raums kontrollieren soll. Am heutigen Dienstag nimmt die Behörde ihre Arbeit auf. Zuvor hatte die EZB die Bilanzen der 120 größten Institute auf Risiken untersucht und Krisenszenarien durchgespielt. Im Stresstest waren 25 Banken durchgefallen, viele stockten ihre Kapitalpuffer schon auf, 13 müssen noch nachbessern.

Warum übernimmt die EZB die Aufsicht?

Eine gemeinsame Aufsicht über die größten Banken im Euro-Raum soll Vertrauen in die Stabilität der Institute schaffen, das während der Finanzkrise verloren gegangen war. Der Aufbau der Bankenaufsicht erfolgte unter Zeitdruck, nach dem endgültigen Beschluss blieb ein Jahr für die Vorbereitung. Die Politik sah nur eine Institution, der sie die Aufgabe zutraute: die EZB.

Welche Aufgaben haben die Aufseher?

Die EZB wird die oberste Behörde für die Banken in der Euro-Zone. Für 120 große Institute – zu den 21 Geldhäusern aus Deutschland gehören die Hamburger Institute HSH Nordbank und Haspa – ist sie künftig direkt zuständig. Besonderes Augenmerk richten die Kontrolleure dabei auf die Risiken, die die Geldhäuser eingehen. Die Aufsicht hat in der Regel weitreichende Befugnisse. Sie kann zum Beispiel die Geschäfte von Banken stoppen oder auch Bankmanager ablehnen. Sie kann außerdem einzelne Institute zulassen oder schließen. Die wichtigsten grenzüberschreitend tätigen Finanzhäuser mit einer Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro sollen damit nach einheitlichen Kriterien kontrolliert werden. Bislang standen nationale Aufseher häufig im Ruf, zu milde mit ihren jeweiligen Kreditinstituten umzugehen. Das lag auch daran, dass die Banken oft der größte Geldgeber für die Staaten sind.

Was ist mit den kleineren Instituten?

Die tägliche Aufsicht über die Geschäfte der kleinen Häuser haben nationale Behörden. Zuständig sind in Deutschland die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Bundesbank. Die EZB hat aber das Recht, notfalls bei jeder der rund 6000 Banken im Euro-Raum durchzugreifen.

Wo ist das Problem?

Kritiker warnen vor Interessenkonflikten: Die Euro-Hüter versorgen die Banken einerseits mit Geld, andererseits entscheiden sie gleichzeitig über die Qualität der Vermögenswerte der Institute. Eine Gruppe deutscher Professoren stellt gleich das ganze Projekt der Bankenunion infrage und hat dagegen Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sie warnen, dass die EZB mehr Macht bekomme, als ihr zustehe.

Was tut die EZB gegen dieses Dilemma?

Die Bankenaufsicht kommt zwar unter das Dach der EZB, wird aber räumlich getrennt. Die Kontrollbehörde unter Führung der Französin Danièle Nouy zieht in den Frankfurter Eurotower. Dieser wird nach dem Umzug der EZB in ihre neue Zentrale im Ostend der Stadt frei. Bis dahin arbeiten die rund 1000 Beschäftigten der Aufsicht an verschiedenen Standorten am Main. Zudem steht die Bankenaufsicht nicht direkt unter der Regie des EZB-Rates, der die Geldpolitik steuert. Vielmehr gibt es ein neues Aufsichtsgremium, das aus Vertretern der EZB und der nationalen Kontrollbehörden besteht.

Was passiert mit kriselnden Banken?

Von 2016 an sollen gemeinsame Regeln zur Sanierung und – im Notfall – Schließung von Banken greifen. Eine marode Bank soll so schnell wie möglich – wenn nötig binnen eines einzigen Wochenendes – geschlossen werden können, um Panik unter Sparern und Anlegern zu vermeiden. In der Regel leitet die EZB als Bankenaufsicht das Verfahren ein. Im Fall der Schieflage einer Bank sollen zunächst deren Aktionäre und Sparer herangezogen werden – und nicht mehr allein der Steuerzahler. Alle Länder sollen Notfallfonds aufbauen, die sich aus Abgaben der Banken finanzieren. Bis zum Jahr 2024 sollen dazu etwa 55 Milliarden Euro zusammenkommen.