Bernd-Michael Schröder gründete 1987 den Outdoorspezialisten BMS in der Speicherstadt. Heute beliefert die Firma Polizei, Reedereien und Filmteams. Das Firmenmotto ist seither immer gleich geblieben.

Hamburg. Manchmal hat Bernd-Michael Schröder mit der Qualität seiner Produkte ein Problem. „Die Polizisten fahren auf der Elbe seit 20 Jahren in unseren Jacken“, erzählt der Geschäftsführer des Hamburger Outdoorbekleidungsherstellers BMS. Auf neue Aufträge warte er daher vergeblich, sagt er und lacht. Dennoch befindet sich sein Unternehmen mit Sitz in der Speicherstadt auf Wachstumskurs. „Bei der Kinderbekleidung legen wir jedes Jahr um 30 Prozent zu“, sagt der 69-Jährige, der aus seinen eigenen Erfahrungen als Surfer und Segler sowie als Familienvater die Idee für seine Produkte entwickelte. Jüngst profitiert er vor allem vom Ausbau der Kindertagesstätten. „Die Buddelhose ist die Grundausrüstung für Kinder und in jeder Kita Pflicht.“ Immer häufiger stammt die 27,95 Euro teure Hose von BMS, dessen Produkte in bundesweit 600 Geschäften erhältlich sind. In drei Jahren will er 100.000 Buddelhosen pro Jahr verkaufen. Weil jedes Jahr 700.000 Kinder in Deutschland geboren werden, sieht Schröder hohes Wachstumspotenzial. „Zumal 70 Prozent der Eltern diese Art der Bekleidung nicht kennen.“

Als Seiteneinsteiger startete Schröder seine Karriere in der Textilbranche. „Ich bin ein Reifenmann“, sagt Schröder. In den 70er-Jahren arbeitete der gelernte Industriekaufmann und studierte Diplomkaufmann als Vorstandsassistent bei den Phoenix Gummiwerken. Die ersten Breitreifen für den Ford Focus entwarf er zusammen mit Freunden. Ein Auftrag über Schwimmwesten brachte ihn in Kontakt mit Helly Hansen. Im Prinzip sei die Herstellung von allen Gummiprodukten gleich. Ein Gemisch aus Roh- und Kunstkautschuk wird geknetet, zu Platten gewalzt, über eine Aluminiumform gelegt und bei rund 200 Grad Celsius gebacken. „Helly Hansen ist der Erfinder des Ölzeugs und war der erste Outdooranbieter“, sagt Schröder, der 1979 bei den Norwegern als Geschäftsführer für Deutschland eingestellt wurde. Unter seiner Leitung wurde dort der Funktionswäsche in Mitteleuropa zum Durchbruch verholfen, der Überlebens- und Trockenanzug erfunden. „Ich kühlte als Surfer immer am Rücken aus“, erzählt er wie er auf die Idee kam. Als seine Kinder beim Spielen im Freien das gleiche Problem hatten, entwarf er die Buddelhose. Eine aus dem Kunststoff Polyurethan bestehende Latzhose, die vor Nässe und Matsch schützt. Darunter können ganz normale Hosen getragen werden. „Ich sehe mich als Textilingenieur“, sagt er. Als er die Preise bei Helly Hansen für zu hoch hielt, die Produktion in andere Länder verlagern und die Leitung für Mitteleuropa übernehmen wollte, stießen die Pläne bei den Norwegern auf Ablehnung. Die Wege trennten sich.

In der Krise wurde die richtige Nische gefunden

Schröder geht den Weg vom Angestellten zum Unternehmer. 1987 gründet er mit 50.000 Mark Eigenkapital BMS, benannt nach seinen Initialen. Das Firmenmotto von damals hat er sich bis heute gehalten: Die Kleidung muss die Körperwärme halten und dauerhaften Schutz gegen Wind, Regen und Schnee bieten. Als sein Segelanzug 1991 bei der Zeitschrift „Yacht“ den Test gegen 20 Konkurrenten gewinnt, ist der Durchbruch geschafft. Mehrere Segelnationalteams rüstet er mit seinen Produkten aus. Vier Jahre später bestellt auch die Polizei bei ihm. Fleecebekleidung, Rucksäcke und Caps der Ordnungshüter kommen von BMS. Später folgen Aufträge von Reedereien für die Crews der Kreuzfahrtschiffe „MS Europa“ und der Aida-Serie, von der Umweltschutzorganisation Greenpeace und von Kamerateams für den Film „Wilde Kerle“. „Wir produzieren für jeden, der etwas Spezielles braucht“, sagt Schröder. Auch kleine Serien sind möglich, allerdings auch entsprechend teurer. Für die Europameisterschaft der Reiter nächstes Jahr in Aachen liefert das Unternehmen die Regenmäntel für das betreuende Personal.

Ende der 1990er-Jahre stürzte das Hauptgeschäft jedoch in eine Krise. Die Zahl der Segelgeschäfte in Deutschland sei von 150 Läden um zwei Drittel auf 50 Stück eingebrochen. Dem Sport fehlte der Nachwuchs, zudem wuchs das Geschäft mit gecharterten Booten in wärmeren Gefilden – seine Bekleidung war nicht mehr gefragt. „Für uns war das teilweise schon sehr kritisch“, sagt Schröder im Rückblick. Er suchte sich neue Nischen und schaffte als Anbieter für Arbeitsschutzkleidung und mit Kindermode die Wende. Später kam der Softshellbereich hinzu, seit drei Jahren stellt das Unternehmen auch Schneeanzüge her.

Mit Segelausrüstung macht das Unternehmen statt wie früher fast 100 Prozent heute nur noch rund fünf Prozent seiner Umsätze. Was vor 27 Jahren mit zwei Segelanzügen und drei Jacken begann, umfasst heute ein Sortiment von 500 Produkten, die in mehr als 30 Ländern vertrieben werden. Der Umsatz liege im siebenstelligen Bereich, sagt Schröder ohne konkret zu werden. Auch den Gewinn nennt er nicht: „Wir finanzieren alles selbst und können auf einer sehr guten Ebene davon leben.“

Von den sieben Mitarbeitern gehören vier zur Familie Schröder

Der größte Umsatzbringer mit einem Anteil von zehn bis 15 Prozent ist ein Mantel mit dem Namen HafenCity Coat, den ein Etikett mit der Elbphilharmonie schmückt. Das künftige Hamburger Wahrzeichen wird auf dem Kaispeicher A gebaut – und dort hatte BMS sein erstes Lager. In drei Jahren soll rund jeder dritte Euro durch den vor zwei Jahren entworfenen Mantel eingenommen werden. Da drin verarbeitet ist der jüngste Zuwachs des Unternehmens. Die Faser Sorona basiert auf nachwachsenden Rohstoffen wie Mais und sorgte dafür, dass der Chef schon manche Kundin beruhigen musste. „Wenn Sie damit in der Sonne stehen, ploppt kein Popcorn auf“, sagt Schröder mit einem Schmunzeln.

Grundsätzlich legt er viel Wert auf Nachhaltigkeit. Alle seine Materialien seien von Ökotex zertifiziert. Das Siegel steht für 100-prozentige Schadstofffreiheit. Auch faire Arbeitsbedingungen in der an Skandalen und Missständen reichen Textilindustrie sind ihm wichtig. Seine Produkte lässt er hauptsächlich bei fünf chinesischen Familienunternehmen zwischen Shanghai und Hongkong fabrizieren. „Da können jederzeit Kontrolleure kommen“, ist Schröder von den dortigen Arbeitsbedingungen überzeugt. Alle zwei Monate fliegt er zusammen mit seinem Sohn und designierten Nachfolger Mikko, 39, nach Asien und schaut nach dem Rechten.

Die Entwürfe für die Kleidung stammen aber aus dem alten Speicherhaus am Sandtorkai. „Jeder Stich, jedes Produkt wir hier entwickelt.“ Sieben Mitarbeiter ist das Team nur groß, vier gehören zur Familie. Auch Schröders Töchter Wibke, 41, und Imke, 37, sind im Unternehmen aktiv, alle Kinder sind bereits Teilhaber. Und selbst Schröders fünf Enkel werden eingespannt. Als Models treten sie in die Fußstapfen ihrer Eltern, die auch schon für Fotografen posierten. Um die Zukunft seiner Firma ist ihm nicht bange, auch wenn er das Berufsleben demnächst aufgibt – von Arbeit will er nicht reden. Schröder: „Ich habe nie gearbeitet, sondern mir meine Träume erfüllt.“