EZB stellt 130 Banken auf den Prüfstand, darunter zwei aus Hamburg: die HSH Nordbank und Hamburger Sparkasse

Hamburg/Kiel. Die Stunde der Wahrheit für Europas Banken rückt näher. Am Sonntag will die Europäische Zentralbank (EZB) die Ergebnisse ihres Stresstests von 130 europäischen Banken offiziell verkünden. Die Institute sollen bereits am heutigen Donnerstag informiert werden. In der Hansestadt zählen dazu die HSH Nordbank und die Hamburger Sparkasse. Im Hamburger Rathaus und der Kieler Staatskanzlei werden die Ergebnisse mit Hochspannung erwartet, da die HSH Nordbank auch sechs Jahre nach ihrer Rettung zu den größten Haushaltsrisiken der beiden Nordländer zählt. Das Abendblatt beantwortet dazu wichtige Fragen:

Worum geht es bei dem Stresstest der Europäischen Zentralbank?

Die EZB überprüft die Kreditrisiken der Banken in Europa und ob sie stark genug sind, um einen wirtschaftlichen Sturm zu überstehen. Rechnerisch wird ein langer Konjunktureinbruch mit steigender Arbeitslosigkeit, einem Börsencrash und fallenden Immobilienpreisen simuliert. Dabei darf die Kapitalquote der Bank bis 2016 nicht unter 5,5 Prozent fallen. Sonst ist sie durchgefallen.

Warum wird die HSH Nordbank zu den Wackelkandidaten gerechnet?

Die EZB prüft europaweit 130 Banken, davon 24 in Deutschland. Als einzige dieser Banken ist die HSH Nordbank teilweise mit einem speziellen und komplexen Modell finanziert: Sie verfügt über eine Garantie der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein von zehn Milliarden Euro, die für Verluste jenseits einer gewissen Schwelle geradestehen. Für die Garantie zahlt die Bank eine Art Gebühr und entlastet ihr Eigenkapital. Die Bank wisse nicht, wie die EZB diese Konstruktion im Stresstest bewerten werde, sagte Finanzvorstand Stefan Ermisch im August bei der Halbjahres-Pressekonferenz. Es ist aber wohl absehbar, dass die Garantie in voller Höhe einberechnet wird, obwohl drei Milliarden davon von der EU erst vorläufig genehmigt sind.

Ist die Bewertung der Garantien das einzige Problem?

Nein, es kommt dazu, dass die HSH Nordbank sehr viel Geld für Schiffe verliehen hat. Die Bank ist der weltgrößte Schiffsfinanzierer und hat 2000 Schiffe mit insgesamt rund 20 Milliarden Euro finanziert. Viele davon können kaum Gewinne einfahren und Zins und Tilgung nicht bedienen. Die Branche ist seit Jahren in einer tiefen Krise; Überkapazitäten und Preiskämpfe drücken auf Fracht- und Charterraten. Die Bank hat Rückstellungen für die Risiken aus der Schifffahrt gebildet und bemüht sich, Auffang- und Übergangslösungen für Schiffe in Finanznot zu finden. Doch auch hier ist offen, wie die EZB die speziellen Risiken aus der Schifffahrt in ihre Rechenmodelle einfließen lässt.

Wie beurteilt die Bank selbst ihre Lage?

Die HSH Nordbank gibt sich zuversichtlich, den Stresstest zu bestehen. „Die HSH Nordbank verfügt mit den Kapitalquoten zur Jahresmitte über eine widerstandsfähige Kapitalbasis“, sagte Vorstandschef Constantin von Oesterreich im August. Damit sei sie auf die Prüfung durch die EZB gut vorbereitet. Die „harte“ Kernkapitalquote gibt die Bank mit 12,8 Prozent an.

Wie steht die Bank insgesamt da?

Seit ihrer Krise 2008 hat die Bank die Bilanzsumme und die Zahl der Mitarbeiter verkleinert, ihr Kerngeschäft neu definiert und sich aus dem Ausland und mehreren Geschäftsfeldern zurückgezogen. Das war überwiegend Ergebnis von EU-Auflagen, damit die Bank mit öffentlichen Mitteln gerettet werden durfte. Die HSH Nordbank ist jetzt noch halb so groß wie früher und konzentriert sich auf das Geschäft mit Unternehmen in Norddeutschland, Immobilien und Infrastruktur. Die Altlasten sind noch lange nicht abgebaut, aber das Neugeschäft wächst, und die Bank will in diesem Jahr einen Gewinn vor und nach Steuern erreichen. Zum Halbjahr lag der Gewinn vor Steuern bei 432 Millionen Euro.

Was passiert, wenn die HSH Nordbank den Stresstest nicht besteht?

Dann muss sie bis Mitte November Pläne vorlegen, wie sie die Kapitallücken schließen will. Problem: Die Bank gehört zu 85,4 Prozent den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein. Die dürfen nicht einfach das Kapital erhöhen, selbst wenn sie das wollten und könnten. Das würde die EU vermutlich nicht genehmigen. Kann die Bank im nächsten Jahr nicht die Anforderungen der EU erfüllen, droht im Extremfall die Abwicklung. Ein anderer Weg wäre, Risiken zu verringern.

Was bedeutet der Stresstest für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein?

Für die beiden Bundesländer ist die HSH Nordbank das größte finanzielle Risiko. Die Länder haften noch aus den Zeiten der Gewährträgerhaftung mit rund 20 Milliarden Euro für Wertpapiere, deren Laufzeiten erst im kommenden Jahr ablaufen und die dann zurückgezahlt werden müssen. Zum Vergleich: Das ist mehr als beide Landeshaushalte zusammen. Zudem gibt es die gemeinsame Garantie über zehn Milliarden Euro, von der jedes Land die Hälfte trägt. Das ist für beide Länder der bei Weitem dickste Brocken, wenn man ihre Landesbürgschaften und -garantien betrachtet. Welche Auswirkungen es tatsächlich nach sich zöge, falls die HSH Nordbank durch den Stresstest fallen sollte, ist noch völlig unabsehbar.

Warum wird die Haspa als regionale Sparkasse dem Stresstest unterzogen?

Gemäß den Kriterien der EZB unterliegen alle Institute mit einer Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro der neuen europaweiten Aufsicht – und die Haspa liegt mit einer Bilanzsumme von gut 40 Milliarden Euro klar über dieser Marke. Bei der Sparkasse ist man nicht glücklich darüber, mit weltweit agierenden Finanzkonzernen in einen Topf geworfen zu werden. „Aus unserer Sicht ist das nicht die optimale Antwort auf aktuelle Herausforderungen in der Branche“, sagte Haspa-Chef Harald Vogelsang vor Kurzem. „Wir müssen somit die gleichen Daten liefern wie zum Beispiel der Deutsche-Bank-Konzern, die wir aber zum Teil gar nicht vorliegen haben.“ Bis zu 30 Mitarbeiter müssen dauerhaft dafür abgestellt werden, die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen, hinzu kämen externe Berater. Die Kosten schätzt der Haspa-Vorstand auf zehn bis 20 Millionen Euro.

Wie groß ist das Risiko, dass die Haspa beim Stresstest durchfällt?

Der Haspa-Vorstand zeigt sich in dieser Hinsicht gelassen. „Wir sind guter Dinge, denn wir haben als Sparkasse ein risikoarmes Geschäftsmodell und eine solide Eigenkapitalausstattung“, sagte Vogelsang. „Wir erwarten hier keine Überraschungen.“ Allerdings sei der Aufwand, der allein für den diesjährigen Stresstest und die vorgeschaltete Bilanzprüfung entsteht, sehr hoch. Er liege oberhalb von zehn Millionen Euro.