Das Familienunternehmen Pelz produziert Watte und Haushaltsfolien in Schleswig-Holstein – und würde niemals von dort weggehen

Wahlstedt. Es gibt nur wenige Firmenchefs, die ein so klares Standortbekenntnis ablegen. „Wir haben immer in Deutschland produziert und werden dies auch künftig tun“, sagt Nikolas P. Bastian. Der 44-jährige promovierte Betriebswirt ist seit 13 Jahren Geschäftsführer der Unternehmensgruppe W. Pelz GmbH und führt das schleswig-holsteinische Familienunternehmen damit bereits in der dritten Generation. „Weder mein Schwiegervater Udo Pelz und sein Zwillingsbruder Manfred, die das Unternehmen 50 Jahre leiteten, noch deren Vater Willy sind der Versuchung erlegen, in Billigländer abzuwandern. Ja noch nicht einmal nach Mecklenburg-Vorpommern, wo große Fördersummen lockten.“

Statt dessen blieb die Gruppe ihrem Standort in Wahlstedt am Segeberger Forst treu, wo einst Willy Pelz 1948 den Grundstein für die erste Produktion von Watte für Wundverbände, Kosmetik und Polster in den Gebäuden eines ehemaligen Marinearsenals legte. Die Standorttreue hat für den Pelz-Chef nichts mit „lokalpatriotischer Verblendung“ zu tun, sondern sei Ausdruck „gelebter Verantwortung für die Mitarbeiter und zudem betriebswirtschaftlich sinnvoll“. Im Industriegebiet von Wahlstedt stellt die Firma mit 650 Mitarbeitern in 14 Werkshallen unter anderem Watte, Damenhygieneartikel und Folien her – und zwar von der Rohstoffverarbeitung bis zur Verpackung. Alles im Drei-Schicht-Betrieb, rund um die Uhr, sieben Tage die Woche.

Die Fabrikationshallen wirken von außen schlicht, das Verwaltungsgebäude stammt aus den 1960er-Jahren. Doch der Maschinenpark ist auf dem neuestem Stand. „Durch eine hohe Automatisierung der Produktion mit Hochtechnologie konnten wir den Anteil der Löhne an den Stückkosten niedrig halten und trotzdem wettbewerbsfähig bleiben“, sagt Bastian. Kurze Wege in die Produktion ermöglichen schnelle Entscheidungen für neue, innovative Produkte, erläutert der gebürtige Rheinländer: „Dadurch waren wir den Wettbewerbern oft eine Spur voraus.“

Die Pelz-Gruppe gehört zum Typus Mittelständler, der nicht viel Werbung macht und dennoch den Alltag vieler Verbraucher mit seinen Produkten prägt, ohne dass sein Name damit direkt verbunden wird. Die Palette der Wahlstedter ist groß. So produzieren sie seit 2004 die „Urmarke“ aller Wattestäbchen in Lizenz für Unilever: Die Q-Tips. Die Pelz-Gruppe konnte den Marktanteil der Q-Tips von einst zwei auf heute 15 Prozent steigern – und die Marke somit zum deutschen Marktführer machen. Darüber hinaus entstehen in den Werkshallen Watte-Pads, Lagenwatte und Kugeln unter ihrer Marke Jean Carol. Unter der Hausmarke Pely hat sich die Pelz-Gruppe zum großen deutschen Müllbeutel- und Haushaltsfolien-Hersteller entwickelt und ist auch bei Hygieneartikeln – wie bei Damenbinden, Slip- oder Inkontinenz-Einlagen – mit der Marke Cosmea bestens im Geschäft. Pelz produziert aber vor allem für die Eigenmarken vieler namhafter Discounter und Supermärkte in Deutschland und Europa zahlreiche Artikel des täglichen Bedarfs. „Jährlich verlassen rund 200 Millionen Verbraucherverpackungen unseren Betrieb“, sagt Bastian.

Die Pelz-Gruppe ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, erzielt einen Umsatz von rund 115 Millionen Euro, davon gut 60 Prozent im Inland. Genaue Zahlen will der Firmenchef und dreifache Familienvater nicht verraten, erst recht nicht solche über Gewinne. „Das Unternehmen schreibt aber schwarze Zahlen“, versichert Bastian. In diesem Jahr werden allein zwölf Millionen Euro für den Neubau eines Hochregallagers sowie weitere Maschinen an dem Standort investiert. „Beim Umsatz wollen wir 2015 um zehn bis 15 Prozent zulegen.“

Großes Wachstumspotenzial sieht Bastian im Bereich der Müllbeutel, die unter der Marke Pely vertrieben werden. Hier sieht sich das Unternehmen als besonders innovativ. Die Gruppe hat nicht nur als erstes Unternehmen in Deutschland erfolgreich duftende Müllbeutel unter anderem mit Zitronenduft eingeführt, die kurz darauf von der Konkurrenz nachgeahmt wurden. „Vor allem unter Umweltgesichtspunkten setzt Pely neue Maßstäbe“, sagt Bastian. Der Großteil aller in Deutschland vertriebenen Müllbeutel stamme bislang aus asiatischer Produktion. „Durch ein spezielles Hochtechnologieverfahren können wir aber deutlich dünnere Müllbeutel produzieren, die trotzdem reißfester sind. Die Plastikbeutel sind mit acht Mikrometern nur ein Fünftel so dick wie ein Haar. Damit können bis zu 50 Prozent der Rohstoffe eingespart und der CO2-Ausstoß gesenkt werden.“

Das Verfahren werde seit den 1980er-Jahren von Pely eingesetzt und ständig fortentwickelt. In diesem Jahr wurde das Unternehmen nicht nur für seine Müllbeutel, sondern auch für Gefrier- und Frühstücksbeutel mit dem Siegel CO2-klimafreundlich von dem unabhängigen Institut Climatop ausgezeichnet. „Würden alle in Deutschland verkauften Müllbeutel nach Pely-Standard produziert, könnte man hierzulande rund 30.000 Tonnen CO2-Emissionen einsparen“, sagt Bastian.

Pely produziere zudem Bio-Beutel aus Maisstärke, die biologisch abbaubar sind und sogar in der Biotonne entsorgt werden könnten sowie Müllbeutel aus Recyclingmaterial. „Der Verbraucher hat also durchaus die Wahl, selbst bei Plastikbeuteln eine umweltfreundliche Variante zu wählen“, unterstreicht Bastian. Sein erklärtes Ziel sei es, „alle Produkte möglichst umweltschonend und nachhaltig herzustellen“.

Einen großen Markt erhofft sich der Pelz-Chef auch in dem neu geschaffenen Bereich der Einlagen für Inkontinenz: „Angesichts der älter werdenden Bevölkerung sehen wir hier jährliche Wachstumsraten von zehn Prozent im Consumerbereich.“ Viele dieser Artikel wurden bislang nur in Apotheken angeboten. Pelz will sie nun zu günstigeren Preisen auch in Supermärkten, Drogerien und im Discount anbieten. Das Unternehmen hat dafür eine eigene Produktionslinie für sieben Millionen Euro aufgebaut.

Sorgen bereitet Bastian lediglich die Personalsuche: „Wir spüren den Fachkräftemangel.“ Gesucht würden unter anderem Mechatroniker und Maschinenführer. Das Unternehmen setze deshalb stark auf die eigene Ausbildung. Derzeit seien 25 Azubis an Bord, jährlich kämen bis zu acht neue dazu. Der Betrieb habe eine geringe Fluktuation, fast jeder Zweite arbeite seit mehr als einem Jahrzehnt bei Pelz. Auch Bastian, der früher in der Projektfinanzierung bei Siemens tätig war, fühlt sich an Bord des Unternehmens am richtigen Platz. „Der Generationswechsel hat gut geklappt. Ich möchte mit neuen Produktideen weiter Impulse setzen und gute Artikel zu günstigen Preisen bieten.“