Hamburg Energie versorgt künftig alle öffentlichen Gebäude - und verdrängt damit die Berliner Gasag

Hamburg. Der städtische Versorger Hamburg Energie (HE) hat sich in einer europaweiten Ausschreibung gegen nationale und internationale Konkurrenten behauptet. Das Unternehmen erhielt den Zuschlag für den Gasliefervertrag für sämtliche öffentlichen Gebäude Hamburgs. Der bisherige Anbieter, die Berliner Gasag, muss zum Jahresende das Feld räumen. Von 2015 bis Ende 2017 liefert das Unternehmen pro Jahr 567 Gigawattstunden Gas für die Stadt. Die Menge entspricht dem Verbrauch von 57.000 Haushalten.

1900 verschiedene Liegenschaften in Hamburg werden beliefert. Das finanzielle Volumen pro Jahr beträgt 28 Millionen Euro. Ein Grund für den Zuschlag war unter anderem, dass das Erdgas einen Anteil von 1,8 Prozent Biogas enthält. „Diesen Anteil erzeugen wir selbst in unserer Kläranlage, das Erdgas kaufen wir“, sagt HE-Chef Michael Beckereit. „Wir haben den Fahrplan mit der Stadt genau abgestimmt“, so der HE-Chef, der allein durch den Auftrag von der Stadt einen Umsatz in Höhe von 1,5 bis 1,8 Millionen Euro erlösen wird. „Wir beschaffen nicht nur das Gas, sondern regeln den gesamten Bilanzkreislauf, von der Rechnung bis hin zu der Verteilung des Gases. Das ist sehr anspruchsvoll.“

Das kommunale Unternehmen wurde vor fünf Jahren von dem damaligen schwarz-grünen Senat gegründet und beliefert jetzt bereits annähernd 100.000 Strom- oder Gaskunden. Drei Viertel davon stammen aus Hamburg, der Rest aus der Metropolregion und dem gesamten Bundesgebiet. Das Unternehmen wächst. Anfang 2011 hatte der Versorger 19 Mitarbeiter, heute sind es 46. Die Hansestadt beschäftigt sich schon seit Jahren mit der Energiewende und hat sich im Rahmen des Masterplans Klimaschutz das Ziel gesetzt, seine energiebedingten Kohlendioxid-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu verringern. Dann soll der Anteil 35 Prozent betragen. Dazu will Hamburg Energie seinen Beitrag leisten.

Bereits im Gründungsjahr hat das Unternehmen seine erste Solaranlage auf dem Energieberg in Georgswerder installiert. „Kurz darauf starteten wir unsere Solaroffensive – und sind heute mit 25 Anlagen der größte Solaranlagenbetreiber der Hansestadt“, so Beckereit. 2009, dem Jahr der Gründung von Hamburg Energie, hatten einige Kritiker Bedenken, ob sich das Unternehmen auch ohne Subventionen der Stadt behaupten kann. Das gelang bisher gut. Inzwischen liegt der Umsatz des Versorgers bei rund 250 Millionen Euro, für dieses Jahr ist ein Gewinn in Höhe von 1,5 Millionen Euro angepeilt.

Bis Ende 2015 beliefert das Unternehmen die Stadt zudem mit Ökostrom. Danach wird der Stromliefervertrag wieder europaweit ausgeschrieben. Hamburg Energie wird sich natürlich wieder bewerben.

Seit seiner Gründung hat der Versorger 80 Millionen Euro in den Bau von eigenen Blockheizkraftwerken, Windräder, Solar- und Biomasseanlagen investiert. Unter anderem hat sich das Unternehmen 74,9 Prozent an einer Biomasseanlage in Brunsbüttel gesichert. In Elsfleth im Oldenburger Land hat Hamburg Energie zudem für 8,4 Millionen Euro 25 Prozent eines Biomasseheizkraftwerks erworben. Ende dieses Jahres soll es in Betrieb genommen werden.

Ziel von Beckereit ist es, die Stromkunden des Unternehmens zur Hälfte mit selbst erzeugter Energie zu versorgen. „Weitere 70 Millionen Euro werden wir deshalb in Zukunft investieren“, so der Chef. Unter anderem werden im Hafen auf dem Gelände des Stahlunternehmens ArcelorMittal für 16 Millionen Euro drei Windkraftanlagen gebaut. Hamburg Energie hat das Gelände gepachtet. „Wir wollen die Energiewende vorantreiben“, sagt Beckereit. Wie auch andere Versorger arbeitet das Unternehmen deshalb mit Hochdruck an der Speichertechnologie für Strom. „Wir sind zuversichtlich, dass es bald größere Batterien gibt, die Strom speichern werden“, sagt er.

Am Dienstag ist das städtische Unternehmen für seine regenerative Stromproduktion vom TÜV Süd als Wegbereiter der Energiewende ausgezeichnet worden. Nur drei Unternehmen haben diese Kriterien zum „Wegbereiter der Energiewende“ erfüllt. Darunter befindet sich neben Hamburg Energie auch der Hamburger Versorger LichtBlick.

Die Prüforganisation hatte mehrere Versorger auf ihre Umweltverträglichkeit getestet. Voraussetzungen waren, dass der Kernkraftanteil der Unternehmen an der Stromerzeugung null Prozent beträgt, dass kein Ausbau fossiler oder atomarer Stromerzeugungsanlagen stattfindet, stattdessen aber die regenerative Energieerzeugung forciert wird. Weiteres Kriterium war, dass die Versorger ihre Anlagen zur Erzeugung von Energie zu virtuellen Kraftwerken zusammenschließen. Diese Kraftwerksverbünde erzeugen im Gegensatz zu Kohle- oder Atomkraftwerken ihre Energie dezentral, etwa mit Blockheizkraftwerken. Ziel ist, dass durch den Zusammenschluss solcher kleinerer Anlagen im Bundesgebiet künftig die großen Kohlekraftwerke zur Stromerzeugung überflüssig werden.