Immer mehr moderne Hostels eröffnen in Hamburg. Ihre Auslastung ist hoch. Auch Einzelbett in Großraum buchbar

Hamburg. Im Eingangsbereich der Superbude St. Pauli hat es sich eine Gruppe junger Gäste in Kapuzenshirts und Sneakers auf den Loungesesseln bequem gemacht, einige stromern auch gleich weiter in die offene Küche. Hier stehen Wasser, ein paar Minzblätter und Gläser für jeden kostenlos bereit. Beim Einchecken gibt es gleich ein Nutella-Brot dazu, das sich die Gäste auf einem Holzbrett selber schmieren können. „So ist schon mal der erste Hunger gestillt, und die Leute kommen ins Gespräch“, sagt Direktor Jörn Hoppe.

Die Idee, dass die Touristen hier nicht nur die Stadt entdecken, sondern auch noch andere Gäste kennenlernen können, steht bei der Superbude im Vordergrund: Morgens frühstücken alle an einem langen Tisch, am Abend kann die Wand hinter den Sitzbänken herausgeklappt werden und ein DJ-Pult kommt zum Vorschein – die Party kann losgehen. Die Superbude bietet Zimmer zum alleine wohnen und einzelne Betten an, ist also eine Mischung zwischen Hotel und Hostel. Die Ansprache ist locker: „Du kannst zu allen Tages- und Nachtzeiten unsere Kühlschränke plündern und Toaster, Mikrowelle und Pizzaofen für eine preiswerte Mahlzeit nutzen“, heißt es auf der Homepage. Neben dem Standort an der Schanze zählt eine weitere Superbude im Szeneviertel St. Georg zu der kleinen Kette, die weiter wachsen will.

Die Superbude gehört zu den jungen Gastgebern, die in der Nische zwischen Jugendherbergen und teureren Vier-Sterne-Häusern derzeit stark an Bedeutung zulegen, vor allem in Metropolen wie Berlin oder Hamburg. Auch Ketten wie A&O Hostels, B&B oder Motel one eröffnen etliche neue Standorte. Die einen agieren als klassisches Hotel im Budgetbereich, die anderen als Treffpunkt für Weltenbummler, aber immer bieten sie besonders günstige Aufenthalte.

In der Branche herrscht derzeit eine Art Goldgräberstimmung: Selbst branchenfremde Firmen wie Ikea sehen hier Chancen zum Geldverdienen. Das schwedische Möbelhaus hat vor ein paar Tagen gemeinsam mit dem Unternehmen Marriott das erste Billighotel Moxy in Mailand eröffnet. Viele weitere sollen folgen. „Früher konnten Gäste im Billigsektor nur im Ibis-Hotel übernachten“, sagt Gregor Maihöfer, Geschäftsführer des Branchenverbandes Dehoga Hamburg. Heute erweitere sich das Angebot in dieser Preiskategorie dagegen immer mehr.

Auch das Generator Hostel am Hamburger Hauptbahnhof wirbt mit Livemusik, DJs und Hostel-Events – „mit den besten Talenten aus der Umgebung, die du nicht verpassen solltest“, so steht es auf der Homepage der Kette. Die besondere Stimmung, welche die Gastgeber erzeugen wollen, hat auch einen Hintergedanken in Sachen Marketing: Denn besonders die Hostels stehen in Konkurrenz zu Angeboten zum Übernachten wie Airbnb oder 9flats.com, die Privatzimmer vermitteln. Die Internetplattformen für das „Mitwohnen“ setzen auf den Charme, den das Übernachten bei Einheimischen mit Ausgehtipps und authentischem Großstadtleben bietet. Daher versuchen die Hostels ebenfalls, keine anonyme Übernachtung, sondern ein Gemeinschaftserlebnis zu bieten.

„Wir arbeiten mit lokalen Bands zusammen, die bei uns im Kitchen Club auftreten“, sagt Jörn Hoppe von der Superbude. Auch jeder Besucher aus der Stadt könne zu den Events kommen, nicht nur Hotelgäste, zum Preis eines Stücks Kuchen. „So bringt jeder etwas Leckeres mit, und wir haben nicht nur Musik, sondern auch noch ein Buffet“, sagt Hoppe über die Live-Auftritte in seinem Hotel.

In Berlin, der Metropole, die Studenten und Partyvolk derzeit anzieht wie kaum eine andere Stadt, konkurrieren inzwischen 91 Jugendherbergen und Hostels um junge Touristen. Von den 11,3 Millionen Gästen, die im letzten Jahr in Berlin übernachteten, kamen fast 1,2 Millionen in Hostels und Jugendherbergen unter. Die größte Eröffnung war zuletzt das Generator Berlin Mitte Hostel mit 600 Zimmern.

Einer der großen Player in der Branche ist auch die Kette A&O-Hostels, sie ist als Gegenentwurf zur Jugendherberge entstanden. In Hamburg wirbt das A&O am Hauptbahnhof mit der Übernachtung ab zehn Euro, an der Reeperbahn kostet ein Bett in dem Hostel nur neun Euro. Fernab von Pfefferminztee und Sperrstunden versucht die Kette junge Leute anzusprechen, die als Backpacker die Welt bereisen oder auf Städtetouren unterwegs sind.

Aber auch Familien gehören zur Zielgruppe der Hostels. In der Superbude gehören sie zu den Stammgästen, freut sich Direktor Jörn Hoppe, selber Vater von zwei Kindern. In der Ferienzeit bildeten sie sogar die größte Gruppe der Gäste. „Für Familien sind mehrere Hotelzimmer oft zu teuer, sie buchen dann lieber ein Mehrbettzimmer bei uns“, sagt Hoppe. Der Superbude-Direktor hat bei Häusern wie Mövenpick gelernt und gearbeitet, schätzt es heute aber mehr, nicht in uniformierter Kleidung vor den Gast treten zu müssen, sondern sein eigenes Ding zu machen. Ideen wie die Musikevents, aber auch ein wirtschaftliches Kalkül haben den 35-Jährigen überzeugt, für den Inhaber der Superbude zu arbeiten, den bekannten Hotelier Kai Hollmann, der auch Häuser wie das Gastwerk, The George und 25hours besitzt. „Wir haben eine Auslastung von 85 Prozent in den beiden Superbuden“, sagt Hoppe. Der Durchschnitt der Hotels in der Hansestadt erreiche nur 77 Prozent.

Wegen des großen Erfolges denkt Hollmann bereits an eine dritte Superbude in Hamburg, etwa in Winterhude oder Altona. Schließlich besetzen die Hostels und Billighotels ein Segment der Branche, das in Deutschland neben den Luxusherbergen offenbar noch das größte Potenzial zur Expansion bietet. Die Hotels der Kette B&B wachsen ebenfalls im Segment der günstigen Anbieter. „Es gibt in Deutschland in dieser Kategorie noch erheblichen Nachholbedarf“, sagt B&B-Sprecherin Katja Hasselkus. Bisher beschränke sich der Marktanteil der Budgethotels hier auf rund zehn Produzent Marktanteil. B&B kommt ursprünglich aus dem bretonischen Brest. „In Frankreich beispielsweise konkurrieren bereits viel mehr Häuser um die Gäste, die nicht so viel Geld ausgeben wollen“, sagt Katja Hasselkus. B&B habe sich insbesondere die Expansion in Deutschland als Ziel gesetzt: Allein im laufenden Jahr hat das Unternehmen mit dem braun-gelben Logo zwei Hotels in Hamburg eröffnet.