Lokführer wollen 50 Stunden nicht arbeiten. Notfallpläne für Hamburger Hafen und S-Bahnen. Viele Züge im Depot

Hamburg. Viele Hamburger müssen an diesem Wochenende ihr Planungen ändern. Wer mit dem Zug Freunde besuchen, an die Ostsee oder am Sonntag mit der S-Bahn zum HSV-Spiel fahren wollte, muss wohl auf andere Verkehrsmittel ausweichen. Die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) will für 50 Stunden die Zugfahrten der Deutschen Bahn (DB) im Fern- und Nahverkehr sowie die S-Bahnen bestreiken. Im Güterverkehr begann der Arbeitskampf bereits am Freitagnachmittag. In Hamburg will die Bahn dafür sorgen, dass ein Drittel der Züge fährt. Private Bahnanbieter wie die Nordostseebahn oder auch der Metronom sind nicht betroffen. So dürften auch die Züge von und nach Sylt fahren.

Auch der Hamburger Hafen ist von dem Streik betroffen. „Wir arbeiten mit den Kollegen von der Bahn an einem Notfallplan“, sagte Sprecher Torsten Engelhardt von dem Hafenbetrieb HHLA. „Das ist für die deutschen Seehäfen nicht so schön, zumal in den Niederlanden bei der Konkurrenz nicht gestreikt wird“, sagte Engelhardt. Zudem sei nicht auszuschließen, dass es zu einer zusätzlichen Belastung auf den Straßen kommt, weil Transportfirmen von der Bahn auf den Lkw wechseln. Auch Wirtschaftsverbände reagierten verärgert. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) nannte den Ausstand unverhältnismäßig und verantwortungslos.

Mit dem neuerlichen Streik will die Gewerkschaft ihre Forderung nach fünf Prozent mehr Lohn, weniger Überstunden und eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit um zwei Stunden unterstreichen. In dem Tarifkonflikt geht es aber vor allem auch um einen Machtkampf zwischen der GDL und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Sie streiten darum, wer für welche Mitarbeitergruppe die Verhandlungen führen darf. Die Bahn will dagegen konkurrierende Tarifverträge für eine Berufsgruppe vermeiden und fordert klare Zuständigkeiten. Auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ist mit der Situation von zwei Gewerkschaften in einem Unternehmen nicht zufrieden. Sie will Anfang November ein Gesetz zur sogenannten Tarifeinheit vorlegen. Das Bundesjustiz- und das Innenministerium prüften derzeit verfassungsrechtliche Fragen, sagte Nahles.

Die Bahn warf der Gewerkschaft vor, mit dem Streik jedes Maß verloren zu haben: „Die GDL läuft Amok.“ Ohne Not würden Millionen Menschen die Ferien verdorben. GDL-Chef Claus Weselsky warf der Bahn hingegen Blockade vor: „Es ist Zeit, dass die DB die Fakten akzeptiert.“ Verkehrsminister Alexander Dobrindt rief Bahn und Gewerkschaften zu einem Treffen auf.

Zugleich legte die Bahn der GDL am Freitagnachmittag noch ein neues Angebot vor, um die Gewerkschaft zur Absage des Streiks zu bewegen. Dieses enthält für die Lokführer eine dreistufige Einkommenserhöhung um insgesamt fünf Prozent bei einer Vertragslaufzeit von 30 Monaten. Der GDL-Chef Claus Weselsky reagierte allerdings nicht auf die Offerte. Wegen seiner Wortgewalt wurde der Mann mit dem Schnauzer auch schon als „Einheizer“ bezeichnet. Sie brachte Weselsky bereits vor Wochen gehörig in die Defensive. Von Kranken, die sich miteinander ins Bett legten und „etwas Behindertes“ zeugten, sprach er, als er in einer Rede die Fusion der Konkurrenzgewerkschaften Transnet und GDBA zur EVG thematisierte. Anschließend hagelte es Proteste und Rücktrittsforderungen. Weselsky entschuldigte sich. Selbst Weselskys Vorgänger, Manfred Schell, gehört zu den Kritikern: „Ich selbst war nie zimperlich, aber diese Äußerungen sind äußerst prekär.“ Auch an der Verhandlungspolitik des GDL-Chefs lässt Schell kein gutes Haar. „Der stellt sich hin, als würde er zum Heiligen Krieg aufrufen. Nur um sein Ego zu stärken.“