München. Das Wüstenstromprojekt Desertec ist fünf Jahre nach seiner Gründung am Ende. Die Desertec Industrial Initiative (DII) werde sich künftig auf Dienstleistungen für ihre verbleibenden Gesellschafter konzentrieren, teilte die Gemeinschaftsfirma mit. Die große Mehrheit der zuletzt 20 Gesellschafter steigen aus, lediglich der deutsche Versorger RWE, die saudische Energiefirma ACWA Power und der chinesische Netzbetreiber State Grid (SGCC) bleiben an Bord. Die Münchner Rück als treibende Kraft hinter der DII und 16 weitere Gesellschafter wie ABB oder die Deutsche Bank nehmen Abschied von der Vision, Europa mit Solarenergie aus der Sahara zu versorgen.

Beim fulminanten Start des Megaprojekts 2009 hatten die Manager der Energie-, Technik- und Finanzbranche noch glänzende Augen. Fast eine halbe Billion Euro sollte in Solarkraftwerke unter der Sonne Nordafrikas und dem Vorderen Orient investiert werden. Der Sahara-Strom sollte unter dem Mittelmeer nach Süd- und Zentraleuropa fließen und dort klimaschädliche Kohlekraftwerke überflüssig machen. Der ohnehin scheidende DII-Chef Paul van Son betrachtet die Arbeit dennoch nicht als ergebnislos: „Rund 70 Projekte sind inzwischen realisiert oder in der Umsetzung.“ Das Projektvolumen im laufenden Jahr betrage drei Gigawatt, bis 2020 werde es auf 35 Gigawatt zulegen. Dass die meisten Unterstützer nun ausstiegen, habe verschiedene Gründe. Manchen seien die Kosten zu hoch, andere wie Siemens hätten sich aus der Solarenergie verabschiedet. Hinderlich sei auch gewesen, dass Teile der Gesellschafter direkte Wettbewerber seien.

Das auf ein halbes Jahrhundert angelegte Großprojekt hatte viel Gegenwind. In Nordafrika brach mit dem Arabischen Frühling eine Zeit enormer politischer und ökonomischer Unsicherheit an. Die Investoren agierten vorsichtiger. Und die Reaktorkatastrophe von Fukushima erschwerte das Fortkommen der DII. Die Europäer wandten ihren Blick stärker auf die heimische Energiewirtschaft und trieben den Ausbau erneuerbarer Energien voran, statt auf Nordafrika zu setzen.