Wirtschaft diskutiert mit Regierung über Zukunft der digitalen Gesellschaft. Firmen mit Standort meist zufrieden

Hamburg. Wie verändert das Internet unsere Arbeitswelt? Wie sorgsam gehen Firmen mit Daten um? Verliert Deutschland beim Ausbau der Infrastruktur für das schnelle Internet den Anschluss? Diese Fragen werden beim bevorstehenden IT-Gipfel in Hamburg im Vordergrund stehen. Hochrangige Gäste aus Politik und Wirtschaft werden am 21. und 22. Oktober in der Handelskammer die Themen diskutieren, die derzeit einen drastischen Wandel in der Gesellschaft mit sich bringen. Zu den Gästen bei dem nationalen Gipfel gehören Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesinnenminister Thomas de Maizière (beide CDU), Alexander Dobrindt (CSU), Bundesminister für Verkehr, und Sigmar Gabriel (SPD), Bundesminister für Wirtschaft, dessen Ministerium die Veranstaltung auch mit organisiert.

„Wir verstehen uns als einer der großen IT-Standorte“, sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Dienstag, als er im Rathaus die Veranstaltung vor Pressevertretern ankündigte. Die Hansestadt nutze als moderne Großstadt die Möglichkeiten des digitalen Fortschritts, zum Beispiel bei der intelligenten Verkehrs- und Logistiksteuerung im Hamburger Hafen.

Hamburg biete sich vor allem als Medienstadt zur Ausrichtung des Gipfels an, hieß es aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Gerade in den Verlagen verändere die digitalisierte Welt das gesamte Geschäftsmodell. Der Gipfel wolle sich in diesem Jahr nicht nur mit der IT-Branche selber, sondern mit den Auswirkungen der neuen Technologien auf diverse Nutzer befassen, also auch mit den Veränderungen in Industrie oder Handel, sagte ein Sprecher.

Nicht nur aus der Politik, sondern auch aus der Wirtschaft werden hochrangige Persönlichkeiten an den Diskussionen teilnehmen, darunter Telekom-Chef Timotheus Höttges oder Wilhelm Dresselhaus, Vorstandsvorsitzender von Alcatel-Lucent Deutschland. Schwerpunkt ist hier etwa die Frage der Finanzierung von Breitbandnetzen.

Aber auch Hamburg macht sich im Vorfeld Gedanken über die wirtschaftliche Zukunft: Der Senat hat gemeinsam mit rund 40 Unternehmen aus der Stadt ein Papier erarbeitet, das sich mit den Chancen der Digitalisierung und neuen Wertschöpfungsketten auseinandersetzt, speziell im Hinblick auf den Medienbereich. „Als Standort sowohl der Medien- als auch der IT-Branche hat Hamburg die besondere Chance und Verantwortung, sich den Herausforderungen einer immer stärker konvergierenden Medienwelt zu stellen und Antworten für das 21. Jahrhundert zu entwickeln“, sagte Scholz.

Nach einer aktuellen Umfrage blickt die Hamburger IT-Wirtschaft unterdessen überwiegend positiv in die Zukunft. Das ist das Ergebnis einer Analyse der Handelskammer Hamburg zum „IT-Wirtschaftsstandort Hamburg“, die im Vorwege des IT-Gipfels vorgelegt wurde. Demnach sind zwei Drittel der knapp 10.000 IT-Unternehmen mit der Hansestadt als Standort zufrieden.

„Drei von fünf Unternehmen gehen von einer wachsenden Beschäftigungszahl in den nächsten drei Jahren aus. Nur drei Prozent erwarten dagegen sinkende Mitarbeiterzahlen“, kommentierte Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz die Ergebnisse der Analyse.

Die Studie macht zugleich deutlich, dass die Hansestadt im Vergleich der Bundesländer die höchste Gründungsintensität in der IT-Branche aufweist. Im Vergleich zu anderen Branchen zeichnen sich IT-Unternehmen in Hamburg zudem durch eine größere Langlebigkeit aus.

Die knapp 50.000 Erwerbstätigen in der Hamburger IT-Wirtschaft erwirtschaften eine jährliche Bruttowertschöpfung von 4,33 Milliarden Euro. „Hamburgs IT-Branche ist damit ein wirtschaftliches Schwergewicht in der Stadt, und sie wächst kontinuierlich und überproportional“, so Schmidt-Trenz weiter. Das Angebot an Fachkräften hält mit diesem positiven Prozess aber noch nicht ausreichend Schritt. Trotz kontinuierlich steigenden Zahlen an IT-Fachkräften hinkt Hamburg mit einem Anteil von nur 4,6 Prozent an Studierenden in IT-bezogenen Studienfächern dem Bundesdurchschnitt von 6,9 Prozent hinterher. Derzeit sind in Hamburg 4118 Studierende in IT-bezogenen Studiengängen eingeschrieben.

Auch im Bereich der Kooperationen zwischen IT-Wirtschaft und -Wissenschaft besteht Nachholbedarf. „Nur etwa jedes sechste IT-Unternehmen kooperiert derzeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen in Hamburg“, sagt Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Schmidt-Trenz. Dabei zeigten die Zahlen der InnovationsKontaktStelle (IKS), die Wirtschaft und Wissenschaft verbindet, dass das Potenzial in IT-relevanter Forschung enorm ist. „Etwa jedes vierte der bislang durch die IKS vermittelten Unternehmen hatte einen IT-Schwerpunkt“, sagte Schmidt-Trenz.