Selbst rührende Kochtöpfe und Fernsehbilder aus der Backröhre sollen die Hausarbeit erleichtern, sagt der neue Deutschland-Chef Christian Sokcevic.

Hamburg. Mit der Marke Panasonic dürften die meisten Verbraucher die Fernseher der Viera-Reihe und die Lumix-Digitalkameras verbinden. Doch ausgerechnet diese beiden Märkte stecken in der Krise: In Deutschland ist der Gesamtumsatz mit Kameras im vergangenen Jahr um zwölf Prozent gesunken, bei Fernsehern aller Hersteller lag das Umsatzminus sogar bei fast 20 Prozent.

So erstaunt es nicht, dass der neue Deutschland-Chef von Panasonic nun verstärkt auf eine andere Produktgruppe setzt. Im Geschäft mit der sogenannten weißen Ware, also mit Haushaltsgeräten wie Herden, Kühlschränken oder Waschmaschinen, strebe man für die nächsten Jahre einen „Wachstumssprung“ an, sagt Christian Sokcevic, der Anfang April sein Amt in der Bahrenfelder Deutschland-Zentrale des japanischen Elektronikmultis angetreten hat. Bisher machen solche Produkte erst rund 15 Prozent des Umsatzes in Deutschland aus. Um weiter voranzukommen, erweitert Panasonic sein Angebotsspektrum: „Wir bringen hier im kommenden Jahr ein Sortiment an Einbauküchengeräte wie zum Beispiel Induktionsfelder, Backöfen und Geschirrspüler für den anspruchsvollen Kunden auf den Markt“, erklärt Sokcevic.

Auf den asiatischen Märkten verkauft der Konzern solche Geräte schon längst: „In Asien sind wir bei der weißen Ware weit vorn.“ Dabei will das Unternehmen dazu beitragen, mit fortschrittlicher Technik immer mehr Unterstützung beim Kochen zu bieten. Beispiele dafür seien der selbst rührende Kochtopf oder das Kochfeld mit eingebauter Waage.

Künftig könnten aber auch Rezepte aus dem Internet dazu verwendet werden, die Funktionen in der Küche zu steuern: „Der Wasserhahn weiß dann, dass wir für die Sauce 250 Milliliter Wasser benötigen und schließt nach dieser Menge“, sagt der 39-Jährige, der zuvor mit Dienstsitz in Prag das Geschäft in Zentral- und Südosteuropa verantwortete. Dem gebürtigen Wiener ist das Küchenumfeld nicht fremd, denn er kocht manchmal mit seinen beiden Kindern. Die fortschreitende Vernetzung im Haushalt verbinde künftig auch die Küche und das Wohnzimmer, ist Sokcevic überzeugt: „Wenn man vor dem Fernseher sitzt, kann man auf ein Bild umschalten, das eine Kamera in der Backröhre aufnimmt, und so kontrollieren, wie weit der Braten schon ist. Man kann sich aber auch anzeigen lassen, wie lange es noch dauert, bis die am Ofen vorgewählte Backzeit abgelaufen ist.“

Außer unter dem allgemeinen Abschwung auf dem Fernsehermarkt nach dem Ende der Flachbildschirm-Anschaffungswelle litt Panasonic in den vergangenen Jahren im TV-Bereich unter einem hausgemachten Problem: Das Unternehmen hatte stark auf die Plasmatechnologie gesetzt, die zwar eine bessere Farbwiedergabe und einen größeren Betrachtungswinkel bietet, sich aber als zu teuer erwies. Inzwischen ist Panasonic vollständig auf LCD-Geräte umgeschwenkt und hat in dem für den Konzern nach wie vor sehr wichtigen TV-Geschäft wieder Tritt gefasst. „In Deutschland konnten wir uns ohnehin nicht beklagen“, sagt Sokcevic. Mit einem Marktanteil von rund zwölf Prozent ist Panasonic bundesweit die Nummer zwei hinter Samsung, wobei die Angebotspalette bis zu einem Gerät mit gut zwei Metern Bildschirmdiagonale für 15.000 Euro reicht.

Anders als manche Wettbewerber verlässt sich der japanische Elektronikgigant für den Vertrieb der TV-Apparate vor allem auf den Fachhandel. Denn nur dort könne man dem Kunden in 15 oder 20 Minuten erklären, was das Gerät alles kann. „Der Fernseher ist ja heute nicht mehr nur ein Empfangsgerät“, sagt Sokcevic, „er wird mit seinem großen Bildschirm immer mehr zur multimedialen Schaltzentrale für den Haushalt, über die sich viele Funktionen steuern lassen.“

Neue Perspektiven verspricht sich der Deutschland-Chef von den 4K-Geräten, die im Vergleich zum sogenannten Full-HD-Standard die vierfache Auflösung bieten. Zwar werden Sender wie ARD und ZDF noch auf absehbare Zeit keine Inhalte in dieser Bildqualität ausstrahlen. „Aber dafür gibt es Streaming-Dienste wie Netflix, die 4K-Filme im Programm haben“, so Sokcevic. „Außerdem ist es sehr einfach, eigene Fotos oder Filme vom Smartphone oder der Digitalkamera auf diese internetfähigen Fernseher zu übertragen.“ Auf diese Weise gewinne man auch junge Menschen als TV-Nutzer zurück.

Eine ähnliche Entwicklung vollzieht sich nach Einschätzung des Panasonic-Managers bei den Kameras. Hier wurde der Absatz in den zurückliegenden Jahren durch die immer leistungsfähigeren Bildaufzeichnungsmöglichkeiten in Handys und Smartphones erheblich beeinträchtigt. Aber auf der anderen Seite seien junge Leute an die Fotografie herangeführt worden, sagt Sokcevic, „und irgendwann genügen vielen von ihnen die Gestaltungsmöglichkeiten und die Qualität der Smartphone-Kameras nicht mehr.“ Schon vor drei bis vier Jahren habe sich das Unternehmen daher auf das Premiumsegment für Fotoenthusiasten konzentriert. So sei es gelungen, die Marktposition konstant zu halten. Tatsächlich erwarten Experten für den Markt der spiegellosen Systemkameras, die mehr und mehr die klassischen Spiegelreflexkameras ersetzen, in diesem Jahr sogar ein spürbares Wachstum.

Mit der Lumix CM1, die im September auf der Messe Photokina vorgestellt wurde und dort als innovativstes Produkt ausgezeichnet wurde, will Panasonic nun ein neues Marktsegment schaffen: Die extrem flache, mit einem Leica-Objektiv und einem Ein-Zoll-Bildsensor ausgestattete Kamera für 900 Euro hat auch alle Funktionalitäten eines Android-Smartphones.

Auch wenn die Panasonic-Gruppe mit einem Gesamtumsatz von rund 58 Milliarden Euro und weltweit gut 290.000 Beschäftigten in den Geschäftsjahren 2012 und 2013 gravierende Verluste schrieb und Tausende von Stellen abbaute, hat der Standort Hamburg nach den Worten von Sokcevic eher an Bedeutung gewonnen. So seien im Zuge der Konsolidierung europaweite Kompetenzen in den Bereichen IT und Logistik in die Hansestadt verlagert worden, außerdem liege hier die Verantwortung für das gesamte Batteriegeschäft in Europa. Aktuell habe das Unternehmen in Bahrenfeld rund 500 Mitarbeiter, diese Zahl habe sich gegenüber den Vorjahren nicht wesentlich verändert. „Die Vertriebszentrale Deutschland hat es immer geschafft, gut zu wirtschaften“, sagt Sokcevic. Der Deutschland-Umsatz allein mit Verbraucherprodukten liegt bei knapp einer Milliarde Euro.

Europaweit macht das Geschäft mit den Konsumenten aber nur knapp die Hälfte des Gesamtumsatzes aus. Die andere Hälfte entfällt auf Batterien – Panasonic beliefert unter anderem Daimler mit Akkus für Elektroautos – sowie Autonavigationsgeräte, Bordunterhaltungssysteme für Autos und Flugzeuge, Wärmepumpentechnik, Fotovoltaik und Komponenten für die Fabrikautomation. Das Unternehmen will in den nächsten Jahren seine Rolle als einer der führenden Autozulieferer ausbauen. Dazu könne auch Know-how aus dem Verbrauchersektor genutzt werden, sagt Sokcevik. Das gilt etwa für Rückfahrkameras. Außerdem lassen sich gebogene LED-Bildschirme, die Panasonic heute schon für Fernseher verwendet, künftig in Autocockpits einsetzen.